US-Vorgehen in Venezuela: «Per Definition ein kriegerischer Akt»
Seit Anfang September bombardieren die USA mutmassliche Drogenschiffe vor Venezuela im Namen der Drogenbekämpfung. Vor einer Woche beschlagnahmten US-Soldaten vor der Küste Venezuelas einen Öltanker. Einen Tag später sprachen die USA Sanktionen gegen sämtliche Schiffe aus, die venezolanisches Öl transportieren. Gestern verkündete Donald Trump eine komplette Blockade aller sanktionierten Öltanker. Venezuela müsse gestohlenes «Öl, Land und andere Vermögenswerte» den USA zurückgeben.
Was Trump damit genau meint, ist unklar. Vermutet wird, dass er sich auf die Verstaatlichung der venezolanischen Ölfelder im Jahr 2007 bezieht. Diese endete vor allem für den US-Konzern Exxon mit einem Verlustgeschäft. Das Übernahmeangebot des staatlichen Konzerns PDVSA war Exxon nicht genug. Ein Gerichtsurteil entschied zweitinstanzlich aber für PDVSA.
Die US-Bombardierungen von Schiffen im Pazifik gehen indes weiter. Am Montag veröffentlichte das US-Militär Videoaufnahmen von drei weiteren Angriffen auf Boote mit weiteren acht Toten. Die tödlichen Schiffsattacken sind illegal. Die Besatzung der Boote wird jeweils ohne Gerichtsverfahren liquidiert. Beweise, dass es sich dabei um Drogenschmuggler handelt, liefern die USA nicht.
US-Angriff auf mutmassliches Schmugglerboot vor Venezuela
Auch der Fall der Seesperre scheint klar: «Eine Blockade ist per Definition ein kriegerischer Akt», erklärte Adam Smith, Vertreter der Demokraten im Repräsentantenhaus, gegenüber Jen Psaki auf dem Nachrichtensender MS NOW (früher MSNBC). Psaki, die ehemalige Pressesprecherin von Barack Obama und Joe Biden, arbeitet heute als politische Kommentatorin beim umbenannten TV-Sender. Eine ähnliche Formulierung wählte der Demokrat Joaquin Castro. Auch er nannte die See-Blockade ohne Zweifel einen kriegerischen Akt.
Derselben Meinung ist auch Thomas Massie. Der Republikaner aus Kentucky hat zusammen mit zwei Demokraten eine War Power Resolution vorgelegt – eine Resolution zu Kriegsmachtbefugnissen. Die drei wollen damit weitere kriegerische Aktivitäten verhindern. Der Vorgang löst nun eine Kette von Abläufen im Kongress aus, die mehr symbolische als praktische Wirkung haben. Im besten Fall kommt es am Donnerstag zu einer Abstimmung im Kongress.
Obwohl ein Bundesgesetz, gilt die «War Power Resolution» als zahnlos. Der Angriff auf das iranische Atomprogramm im Juni fand ebenfalls ohne Kongressresolution statt. Auch Barack Obama (Air-Force-Einsatz in Libyen), Bill Clinton (Intervention in Kosovo) und viele Präsidenten vor ihnen setzten das Militär ohne Genehmigung des Kongresses ein. Zu rechtlichen Schritten gegen einen Präsidenten kam es deshalb nie. Oft einigten sich die Konfliktparteien im US-Parlament auf anderem Weg.
Bemerkenswert ist, dass sich ein Republikaner so öffentlich gegen Trumps Politik stellt und dabei gemeinsame Sache mit den Demokraten macht. Der US-Präsident ist laut US-Verfassung nicht befugt, im Alleingang Kriege vom Stapel zu reissen. Nur der Kongress hat die Befugnis, Kriegserklärungen auszusprechen. Entsprechend nennt Smith Trumps Vorgehen auch «eine verfassungswidrige Ausweitung seiner Macht».
In der Nacht auf heute wendet sich Präsident Trump mit einer Ansprache an die US-Bürger. Es wird erwartet, dass er primär seine bisherigen Leistungen lobpreisen wird – auch bei der Drogenbekämpfung. Am Freitag läuft die Frist zur Veröffentlichung der Epstein-Files ab. Auch da hatte Thomas Massie seine Finger mit im Spiel. Deshalb empfahl Donald Trump bereits im Oktober, den Mann möglichst schnell abzuwählen. Trump-Berater haben dafür eigens einen Super PAC ins Leben gerufen.
