Harvey Weinsteins Glamour-Welt ist in den letzten Tagen zerbrochen. Dutzende Frauen – prominente und weniger prominente – haben von sexuellen Übergriffen berichtet und so ein ziemlich eindeutiges Bild von einem der mächtigsten Männer Hollywoods gezeichnet: Er habe seine Macht und seinen Einfluss ausgenutzt, um Frauen sexuell zu belästigen.
Am Donnerstag hat sich Weinstein – der aus seiner eigenen Produktionsfirma geflogen ist – erstmals zu den Vorwürfen geäussert.
«Leute, es geht mir nicht gut», sagt der 65-Jährige beim Verlassen des Hauses seiner Tochter in Los Angeles gemäss eines Videos von ABC News. «Aber ich versuche es. Ich muss mir Hilfe besorgen. Wisst ihr was? Wir alle machen Fehler ...»
Zuletzt fügt er an, er hoffe auf eine zweite Chance.
Über einen Sprecher liess Weinstein weiter verbreiten, er habe keine Frauen benachteiligt, die seine Avancen abgelehnt hätten. Zu den Anschuldigungen meint der Sprecher: «Herr Weinstein glaubt, dass er im gegenseitigen Einverständnis gehandelt habe.»
Doch die Sex-Vorwürfe beschäftigen nun auch die Polizei in New York und London sowie die Oscar-Akademie. Eine eigentlich bereits abgeschlossene Ermittlung gegen Weinstein aus dem Jahr 2004 solle neu aufgerollt werden, sagte eine Sprecherin der New Yorker Polizei am Donnerstag. Es werde untersucht, ob es zusätzliche Beschwerden und Hinweise zu dem Fall gebe. Einzelheiten wollte die Polizei nicht nennen. Laut einem Zeitungsbericht soll es um den Vorwurf der Vergewaltigung gehen.
Auch die Polizei in London erwägt britischen Medien zufolge ein Ermittlungsverfahren gegen den Produzenten. Scotland Yard bestätigte, dass die Polizei den Vorwurf eines sexuellen Übergriffs prüfe, der von den Kollegen in Liverpool weitergeleitet worden sei. Es handle sich um einen Vorfall aus den 80er Jahren, teilte die Polizei in Liverpool mit, ohne Details zu nennen.
Weinstein soll jahrzehntelang junge Talente und Mitarbeiterinnen sexuell belästigt und mit Abfindungen zum Schweigen gebracht haben. Anscheinend war Weinsteins Verhalten in Hollywood kein Geheimnis.
Drei Frauen werfen dem 65-Jährigen gar vor, sie vergewaltigt zu haben, wie das Magazin «New Yorker» berichtete. Unter ihnen ist der italienische Filmstar Asia Argento.
Weinstein wehrte sich gegen die Vergewaltigungsvorwürfe. Am Sonntag erhielt er von seinem Filmstudio The Weinstein Company (TWC), das er zusammen mit seinem Bruder Bob gegründet hat, die Entlassung.
Die Oscar-Akademie in Los Angeles hat mitgeteilt, dass bei einer Dringlichkeitssitzung am Samstag über den möglichen Ausschluss von Weinstein beraten werden solle. Das in Vorwürfen beschriebene Verhalten Weinsteins sei «widerlich, abscheulich und gegensätzlich zu den hohen Standards der Akademie und der kreativen Gemeinschaft, für die sie steht», zitierte der «Hollywood Reporter» aus einem Statement der Academy. (kün/aeg/mlu/sda)