Vor dem Hintergrund einer drohenden Eskalation im Nahen Osten hat sich die deutsche Kanzlerin Angela Merkel in Sotschi mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin zu einem Gespräch unter vier Augen getroffen.
Was die Kanzlerin erst kurz vor ihrer Ankunft in Russland erfahren hatte: Syriens Präsident Baschar al-Assad war am Donnerstag ebenfalls bei Putin in Sotschi. Und das dürfte ihr nicht gefallen, will sie heute doch ebenfalls mit Putin über Syrien sprechen.
«Es sind wichtige Schritte gemacht worden, um die gesetzmässige Staatsmacht wiederherzustellen», sagte Putin nach Angaben des Kremls.
Gerade erst gestern betonte jedoch die deutsche Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen, dass Deutschland eine Zukunft mit dem derzeitigen syrischen Machthaber nicht akzeptieren wird. «Eine Zukunft auf Dauer mit dem Schlächter Assad, der Blut an seinen Händen hat, wird es nicht geben.»
Deutschland will, dass in Syrien ein politischer Prozess beginnt, der zumindest einem Teil der Millionen Kriegsvertriebenen und Flüchtlinge die Rückkehr in ihre Heimat ermöglicht und den Einfluss des Irans in dem Nachbarland Israels zurückdrängt.
Im Mittelpunkt der Gespräche von Freitag dürfte neben dem Krieg in Syrien auch das von Trump aufgekündigte Atomabkommen mit dem Iran stehen. Deutschland und Russland wollen beide an dem Abkommen festhalten, das Trump in der vergangenen Woche einseitig aufgekündigt hatte.
Derweil hat die EU erste konkrete Massnahmen zur Rettung des Atomabkommens mit dem Iran auf den Weg gebracht. Die EU-Kommission aktualisierte am Freitag ein Abwehrgesetz gegen amerikanische Sanktionen, die US-Präsident Donald Trump nach dem einseitigen Rückzug seines Landes wieder in Kraft setzt.
Zudem wurden Vorbereitungen getroffen, um es der Europäischen Investitionsbank (EIB) zu ermöglichen, künftig auch EU-Investitionen im Iran zu unterstützen. Das Land selbst soll im Rahmen einer «vertrauensbildendender Massnahmen» europäische Finanzhilfen bekommen.
Hintergrund der Pläne ist die Tatsache, dass die US-Sanktionen auch nicht-amerikanische Unternehmen treffen, die mit dem Iran Geschäfte machen. Der Iran befürchtet, deswegen einen Grossteil der wirtschaftlichen Vorteile zu verlieren, die er über den Atomdeal versprochen bekommen hatte.
Ziel der Regierung in Teheran ist es nun, innerhalb weniger Wochen von den Europäern Garantien zu bekommen, dass die Wirtschaftsbeziehungen und der Kapitalverkehr erhalten bleiben. Wenn nicht, will sie sich nicht mehr an das Abkommen halten.
Die ersten von den USA wiedereingeführten Sanktionen sollen nach EU-Angaben am 6. August wirksam werden. Ziel des Wiener Abkommens von 2015 ist es, den Iran daran zu hindern, Atomwaffen bauen zu können.
Über das aktualisierte Abwehrgesetz könnten europäische Unternehmen dazu bewegt werden, US-Sanktionsdrohungen zu ignorieren. Gleichzeitig würde es regeln, dass die europäischen Unternehmen für möglicherweise entstehende Kosten und Verluste entschädigt werden.
Theoretisch eröffnet das Abwehrgesetz sogar die Möglichkeit, EU-Unternehmen zu bestrafen, die sich an die US-Sanktionen halten. Dass diese Möglichkeit genutzt wird, gilt aber als sehr unwahrscheinlich.
Nach Angaben der EU-Kommission soll vor allem dafür gesorgt werden, kleinen und mittleren Unternehmen eine sichere Geschäftsgrundlage zu bieten. Das wären demnach vor allem solche, die im Iran bessere Geschäftsmöglichkeiten sehen als in den USA.
Wie genau das EU-Abwehrgesetz zum Einsatz kommen könnte, ist bislang unklar. Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel hatte am Donnerstag am Rande eines EU-Spitzentreffens in Sofia gesagt, umfassende Entschädigungen für europäische Unternehmen halte sie nicht für machbar.
Das Abwehrgesetz war bereits 1996 im Streit um Sanktionen gegen Kuba, den Iran und Libyen erlassen worden. Es wurde aber noch nicht angewendet, da der Sanktionsstreit damals beigelegt werden konnte. (cma/sda/dpa)