Nach der Gasexplosion in einem russischen Wohnhaus mit 38 Toten geht die Suche nach den Auslösern der Katastrophe weiter. Unklar ist, ob alle Sicherheitsregeln in dem betroffenen Wohnhaus in Magnitogorsk am Ural eingehalten wurden.
Im Mai vergangenen Jahres habe es eine umfassende Kontrolle in dem Gebäude aus Sowjetzeiten gegeben, bestätigte der Gasbetreiber der Region der Agentur Tass zufolge am Donnerstag. Bislang wurden nach offiziellen Angaben in den Trümmern des Hauses in der Industriestadt 38 Tote gefunden, mindestens drei Menschen gelten noch als vermisst.
Die russischen Behörden gehen vorrangig von einem Gasleck oder einer defekten Leitung aus. Gerüchte über einen angeblichen Terroranschlag schloss das Staatliche Ermittlungskomitee eindeutig aus.
Kremlchef Wladimir Putin, der den Unglücksort am Silvestertag besuchte, forderte eine genaue Untersuchung und Sicherung der benachbarten Häuser. «Auch nur der geringste Zweifel (an der Sicherheit der Gebäude) muss zerstreut werden», sagte er vor Stadtvertretern und Einsatzleitern.
Die Industriestadt Magnitogorsk ist für ihre Stahlproduktion bekannt. Sie liegt am südlichen Ural, etwa 1400 Kilometer östlich der russischen Hauptstadt Moskau, und hat rund 400'000 Einwohner. Das zehnstöckige Haus war am Montag in den Morgenstunden eingestürzt und komplett in sich zusammengefallen.
In Russland kommt es wegen Verstössen gegen Sicherheitsvorschriften immer wieder zu schweren Zwischenfällen. Gas wird in sehr vielen Haushalten in der Küche zum Kochen benutzt. Die Gebäude sollen einmal im Jahr auf Mängel kontrolliert, vielfach werden diese jedoch nicht eingehalten. Zudem wird in ältere Gebäude kaum noch investiert, viele sind marode und baufällig.
Viele Bewohner sind jedoch auf die Wohnungen angewiesen und versuchen, selbstständig und ohne Fachwissen Mängel zu beheben. 2017 stürzte so ein Wohnhaus in der südrussischen Stadt Wolgograd ein, als drei Bewohner eine defekte Gasleitung reparieren wollten. Zahlreiche Wohnungen wurden bei der Explosion zerstört, drei Menschen starben.
In der Hauptstadt Moskau sollen trotz Widerstands der Bewohner Tausende Wohnhäuser aus der sogenannten Chruschtschow-Zeit abgerissen werden. Die Stadtverwaltung argumentiert, dass der Erhalt der alten, in der Sowjetunion gebauten Wohnhäuser zu kostspielig sei.
Viele der fünfstöckigen Gebäude aus den 1950er und 1960er Jahren seien jetzt schon baufällig oder müssten in Zukunft aufwendig renoviert werden. Deshalb sollen moderne Wohnhäuser gebaut werden. Viele Betroffene fürchten jedoch, durch das gigantische Bauprojekt ihren Wohnraum im Zentrum zu verlieren und an den Stadtrand gedrängt zu werden.
Während in Moskau vor allem im Stadtzentrum massiv in Parkanlagen, neue Bürogebäude und Einkaufszentren investiert wird, beklagen Anwohner mangelnde Unterstützung bei der Instandhaltung der Wohnhäuser. Besonders in der Provinz fehlt das Geld für neue Bauprojekte. Sogenannte Monostädte wie Magnitogorsk, die von einem Industriezweig abhängig sind, leiden seit Jahren an der wirtschaftlich angespannten Lage in Russland.
Dass die Explosion in der Industriestadt eine so grosse Zahl an den Menschen in den Tod riss, kann aber schnell erklärt werden: Viele der Bewohner schliefen noch oder konnten das Gebäude nicht rechtzeitig verlassen. Die Suche nach Überlebenden wurde durch einstürzende Pfeiler oder Trümmerreste erschwert.
Zudem starben wohl viele der Eingeschlossenen bei den niedrigen Temperaturen, die in der Nacht unter minus 20 Grad Celsius liegen. In vielen Städten wurden Gedenkminuten eingelegt, in Magnitogorsk gab es offizielle Trauertage. (sda/dpa)