Ein aussergewöhnlicher Prozess beginnt am morgigen Mittwoch in Bellinzona: Der 37-jährige Johan Cosar muss sich wegen Schwächung der Wehrkraft verantworten. Der Schweizer mit dem Grad eines Unteroffiziers war im Sommer 2012 seinem Vater nach Syrien gefolgt, um als Journalist aus dem Kriegsgebiet zu berichten.
Doch als er sich im Nordirak aufhielt und merkte, dass eine christliche Minderheit von den islamistischen Gruppierungen Al Nusra und Al Kaida bedroht war, entschloss er sich selbst zum Kampf mit der Waffe. «Ich befürchtete einen Genozid», erklärte Cosar vergangenes Jahr in einem Blick-Interview diesen Schritt.
Cosar nahm in Syrien den Namen Omid (Hoffnung) an und half massgeblich, eine eigene Kampftruppe gegen den IS aufzubauen, die bis zu 500 Soldaten zählte. Er führte die Truppe der jungen Männer an, ausgerüstet mit Kalaschnikows und Handgranaten. Dabei profitierte er auch von den Erfahrungen als Ausbildner bei der Schweizer Armee, wie er in etlichen Berichten erzählte. Denn Cosar hat sein Engagement nie verheimlicht. In Reportagen und Interviews aus dem Kriegsgebiet war er häufig präsent.
Johan Cosar wurde in St.Gallen geboren, ist aber im Tessin aufgewachsen. Er ist Aramäer, christlicher Syrer. Seine Familie lebt in der dritten Generation in der Schweiz. Sein Vater verschwand 2013. Er wurde offenbar vom syrischen Geheimdienst verhaftet und deportiert.
Johan Cosar wollte mit seiner Miliz Christen vor Bedrohungen schützen. Dabei halfen auch Mitglieder der assyrischen Gemeinde in der Schweiz mit ihren Spendengeldern. 2015 kehrte Cosar dank falscher Papiere in die Schweiz zurück. Er wurde als «Foreign Fighter» vorübergehend verhaftet, tauchte danach teils ab. Letztes Jahr erhob die Militärjustiz dann Anklage wegen des Leistens fremden Militärdienstes. Gemäss Artikel 94 des Militärgesetzes droht für dieses Delikt eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren.
Der Prozess hätte schon im Dezember 2018 stattfinden sollen, wurde aber verschoben. Er wird in italienischer Sprache in den Räumlichkeiten des Bundesstrafgerichts stattfinden. Verteidigt wird Cosar vom Luganeser Anwalt Yasar Ravi. «Ich werde einen Freispruch beantragen», sagte Ravi am Montag auf Anfrage dieser Zeitung.
Cosar erklärte bereits letzte Jahr, dass er keine Schuld auf sich geladen habe. Er habe sich selbst und andere vor extremen Terroristen verteidigt. Er hätte Kinder und Frauen im IS-Gebiet auf Erdlöchern befreit, in welchen diese von Dschihadisten lebendig begraben worden seien. «Nein, ich bereue keinen Tag meines Kampfes – ich bin stolz darauf gekämpft zu haben», so der ehemalige Foreign Fighter. (bzbasel.ch)