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Mysteriöser Fall: Afrikanischer Student stirbt für Russland an der Front

Der sambische Student Lemekhani Nyirenda starb an der russischen Kriegsfront in der Ukraine.
Lemekhani Nyirenda starb an der russischen Kriegsfront in der Ukraine.Bild: twitter/moises ganga

Afrikanischer Student stirbt für Russland an der Front – der mysteriöse Fall in 5 Punkten

Ein 23-jähriger Student aus Sambia stirbt in der Ukraine, nachdem er für Russland in die Armee eingezogen wurde. Laut Berichten verbüsste er eine Haftstrafe wegen Drogenbesitzes.
17.11.2022, 09:3018.11.2022, 11:58
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Darum geht es

Lemekhani Nyirenda war 23 Jahre alt, stammte ursprünglich aus dem im südlichen Afrika gelegenen Sambia und studierte an einer Moskauer Universität Nukleartechnik, wie die afrikanische Ausgabe des Nachrichtenportals Business Insider schreibt. Nun ist Nyirenda tot. Nach Angaben der sambischen Regierung starb der junge Mann bereits im September bei Kämpfen in der Ukraine – dort war er für die russische Armee im Einsatz. Der Fall wirft neue Fragen zu Russlands Rekrutierungsstrategie auf.

Warum kämpfte Nyirenda in der Ukraine?

Das ist nicht vollständig geklärt. Was man aber sicher weiss, ist, dass Nyirenda in Moskau gerichtlich verurteilt wurde und im Gefängnis sass. Laut der BBC musste der Student wegen Drogenhandels für mehr als neun Jahre hinter Gitter.

Am 9. November wurde das sambische Aussenministerium von den russischen Behörden dann informiert, dass Nyirenda gestorben ist – an der russischen Front im Krieg gegen die Ukraine. Das sorgt für viele Fragezeichen: In der Vergangenheit gab es bereits mehrfach Berichte, wonach Russland Häftlinge aus Gefängnissen rekrutiert und diese in den Krieg schickt. Überstehen sie ihren Fronteinsatz, winkt ihnen Strafamnestie. Auch die berüchtigte Wagner-Gruppe sorgte mit diesem fragwürdigen Rekrutierungsverfahren für Wirbel:

Der Fall von Lemekhani Nyirenda eröffnet nun aber ein neues Kapitel rund um die russische Rekrutierungsstrategie. Denn sein Fronteinsatz deutet darauf hin, dass Russland möglicherweise gar ausländische Gefangene für eigene Zwecke mobilisiert. Ob Nyirenda zum Kriegseinsatz gezwungen wurde oder ob er sich freiwillig dazu bereit erklärte – aufgrund der Aussicht auf Strafmilderung – ist nicht geklärt.

Das sagt Nyirendas Familie

Muzang'alu Nyirenda erklärte gegenüber der BBC, dass die Familie von der grossen Ungewissheit geplagt werde und sich «beraubt» fühle. Muzang'alu ist die ältere Schwester von Lemekhani.

«Wir wollen wissen, wie es sein konnte, dass er einberufen wurde, ohne dass seine Familie benachrichtigt wurde. Wurde er dazu gezwungen?»

«Wir wollen wissen, wie es sein konnte, dass er einberufen wurde, ohne dass seine Familie benachrichtigt wurde. Wurde er dazu gezwungen?», sagte sie im Interview.

Ihr Bruder sei 2019 nach Russland gereist, um dort Nukleartechnik zu studieren. Zwischen den beiden Ländern gibt es seit Jahren eine Partnerschaft, die Stipendien und damit solche Studienplätze ermöglicht.

Lemekhani war das jüngste von vier Geschwistern. Das letzte Mal hörten die Eltern laut der Schwester am 31. August etwas von ihrem Sohn. In einem Telefongespräch eröffnete er ihnen, dass er nicht mehr im Gefängnis sei. Sein Aufenthaltsort sei aber «vertraulich». Mehr habe er nicht sagen wollen oder können, so die Schwester.

Die Familie habe daraufhin den beunruhigenden Anruf bei den sambischen Behörden gemeldet, welche ihnen zusicherten, dass der Verbleib von Lemekhani untersucht wird. Allerdings hätten sie seither nichts mehr gehört – bis zur Benachrichtigung über seinen Tod.

So reagiert die sambische Regierung

Das Regierung Sambias erklärte in einer Stellungnahme, sie hätte keine Ahnung, wie ein sambischer Gefangener in den Krieg auf russischer Seite verwickelt werden konnte. Sie fordert nun Erklärungen von Moskau.

Der sambische Aussenminister Stanley Kakubo erklärte in einer Mitteilung: «Die sambische Regierung hat die russischen Behörden um dringende Informationen über die Umstände gebeten, unter denen ein sambischer Staatsbürger, der in Moskau eine Haftstrafe verbüsst, rekrutiert wurde, um in der Ukraine zu kämpfen und anschliessend sein Leben zu verlieren», heisst es in der Mitteilung, wie Business Insider schreibt.

Was passiert mit dem Leichnam?

Die Familie möchte den Leichnam Lemekhanis nun nach Sambia überführen lassen, um ihn angemessen zu bestatten. «Wir können nicht damit abschliessen, es gibt so viele Fragen. Aber wir wollen, dass er nach Hause kommt, damit wir ihn in Frieden zur Ruhe betten können. Wir wollen, dass er wieder bei den Menschen ist, die ihn lieben. Aber wir verdienen Antworten», sagte die Schwester gegenüber der BBC.

Laut den Angaben der sambischen Behörden wurde der Leichnam Lemekhanis in die unweit der ukrainischen Grenze liegende südrussische Stadt Rostow gebracht. Dort soll er für den Transport in die sambische Hauptstadt Lusaka vorbereitet und seiner Familie übergeben werden.

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31 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Maya Eldorado
17.11.2022 09:24registriert Januar 2014
Schlimm! Russland muss wirklich gravierende Rekrutierungsprobleme haben.
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Kommissar Rizzo
17.11.2022 09:56registriert Mai 2021
Exemplarisch wie das Regime ein Menschleben als Ware betrachtet, mit dem Handel (kürzere Haftzeit) betrieben. Absolut menschenverachtend.

Gibt allerdings auch in anderen Ländern ähnliche Modelle; z.B. College gegen Militärausbildung und -einsatz. Traurig, dass sowas nötig ist, damit junge Menschen zu einer Ausbildung kommen können.
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mMn
17.11.2022 12:22registriert September 2020
Zeigt vieles:

1. Russland pfeift aus dem letzten Loch.
2. Die scheren sich einen Schei** um Familie oder sonst was, was mit Liebe zu tun hat. Heisst, der ganze Kreml besteht aus nichts anderem als Hass und hat von uns nichts anderes zu erwarten.
3. Man sollte sich in keinem Thema mit Absolutistischen Mächten abgeben. Auch nicht bei Bildung. Keine Zusammenarbeit, da wird man nur verarscht. Ich schliesse nicht mal aus, dass die Aussländer einziehen die such aus irgend einem Grund gerade in Russland aufhalten.
4. Das Kremlregime ist kein Milimeter besser als der IS. Das sind einfach Terroristen.
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