International
Umfrage

Die Linke im Umfragehoch: Aktion Silberlocke zeigt Wirkung

epa11575048 A campaign poster of The Left (Die Linke) shows The Left member of Parliament Gregor Gysi and reads 'Between us: You would miss us, right?' in Leipzig, Germany, 31 August 2024. S ...
Wahlplakat der Partei Die Linke in Leipzig, Deutschland.Bild: keystone
Umfrage

«Aktion Silberlocke» zeigt Wirkung – Die Linke in Deutschland im Aufschwung

Weil Die Linke den Einzug in den Bundestag zu verpassen drohte, wurde die «Aktion Silberlocke» gestartet, um über Direktmandate dennoch den Einzug in den Bundestag zu schaffen. Wenn sich die neusten Umfragen bestätigen, sollte es aber auch ganz ohne diese gehen.
08.02.2025, 13:5218.03.2025, 07:35
Mehr «International»

Fast im gesamten Jahr 2024 lag Die Linke in Umfragen bei um die drei Prozent Wähleranteil – damit drohte die Nachfolge-Nachfolgepartei der SED, der Sozialistischen Einheitspartei Deutschland, den Einzug in den Bundestag zum ersten Mal seit Partei-Gründung zu verpassen.

Was ist ein Direktmandat?
Bei der Bundestagswahl haben alle Wahlberechtigten zwei Stimmen: eine Erststimme und eine Zweitstimme. Die Erststimme ist eine Personenwahl, der Kandidat mit den meisten Erststimmen eines Wahlkreises erhält ein Direktmandat und zieht damit in den Bundestag ein. Mit der Zweitstimme wählt man eine Partei. Deutschland ist derzeit in 299 Wahlkreise eingeteilt, hat aber 733 Sitze im Bundestag.

Denn wer sich etwas mit dem deutschen Wahlsystem auskennt, der weiss, dass eine Partei, die keine nationale Minderheit (z. B. Dänen) vertritt, mehr als fünf Prozent Wähleranteil erreichen muss, um im Deutschen Bundestag vertreten zu sein.

Bereits bei der Bundestagswahl 2021 erreichte Die Linke diese Hürde nicht. Durch die sogenannte Grundmandatsregel war sie dennoch im Bundestag vertreten. Durch die Regel sind Parteien, die mindestens drei Direktmandate erringen, von der Fünf-Prozent-Hürde befreit.

Deshalb beschlossen drei «ältere» Herren der Linken, im November 2024 die «Aktion Silberlocke» zu starten. Das Ziel: Drei bekannte und beliebte Gesichter der Partei sollen drei Direktmandate gewinnen.

Obwohl das Erreichen der Fünf-Prozent-Hürde vor einigen Monaten noch als schwer vorstellbar galt, konnte sich Die Linke in den letzten Umfragen deutlich verbessern und lag dabei – je nach Umfrage – bei fünf oder sechs Prozent Wähleranteil. Das steckt hinter dem Aufschwung der Linken:

Die Silberlocken

Die drei «Silberlocken», auch bekannt als «Senioren-Express», präsentierten ihre Idee am Parteitag Mitte November. Dabei ging es nicht nur um das Erreichen der Direktmandate, sondern auch um das aktive Einbringen in den Wahlkampf. So trat Gregor Gysi am 6. Februar bei Markus Lanz auf und lieferte sich dabei ein hitziges Duell mit dem AfD-Co-Fraktionsvorsitzenden Tino Chrupalla.

Dennoch bleibt auch das Erringen der Direktmandate ein erklärtes Ziel der «Aktion Silberlocke». Dort sieht es aktuell für alle drei Kandidaten unterschiedlich aus. Einer wird fast sicher gewählt, einer liefert sich ein Kopf-an-Kopf-Duell und einer hat fast keine Chance auf das Direktmandat:

Gregor Gysi, 77, kündigte an, nochmals für das Direktmandat im Wahlkreis Berlin-Treptow – Köpenick anzutreten. Seit 2005 konnte Gysi bei jeder Bundestagswahl das Direktmandat in dem Ostberliner Wahlkreis holen. Zuvor war er von 1990 bis 2002 jeweils direkt gewählter Bundestagsabgeordneter des Wahlkreises Berlin-Marzahn – Hellersdorf. Gysi war zudem von Dezember 1989 bis Januar 1993 Vorsitzender der SED. Während der DDR-Diktatur war er als Rechtsanwalt tätig.

Laut YouGov-Wahlmodell liegt Gysi in seinem Wahlkreis mit 35 Prozent Wähleranteil klar vor den beiden Verfolgern von AfD und CDU. Beide liegen zurzeit bei 17 Prozent.

(GERMANY OUT) 1948

Rechtsanwalt; DDR
Vorsitzender der SED seit Dezember 1989

mit Modrow in der Volkskammer
- 21.06.1990 (Photo by Frank Ossenbrink/ullstein bild via Getty Images)
Gregor Gysi in der DDR-Volkskammer 1990.Bild: ullstein bild

Bodo Ramelow, 68, von 2014 bis 2024 Ministerpräsident des Freistaates Thüringen, kündigte nach seiner Wahlniederlage 2024 an, für den thüringischen Wahlkreis Erfurt – Weimar – Weimarer Land II zu kandidieren. 2021 konnte dort die SPD das Direktmandat gewinnen. Ramelow werden gute Chancen zugerechnet, da er als Ministerpräsident immer positive Beliebtheitswerte aufweisen konnte: Bei einer Umfrage im August 2024 bewerteten 50 Prozent der Befragten seine Arbeit als gut.

Bodo Ramelow liegt, laut Wahlmodell, in seinem Wahlkreis praktisch gleichauf mit dem Kandidaten der AfD. Beide liegen bei 26 Prozent.

01.09.2024, Th�ringen, Erfurt: Bodo Ramelow (Die Linke), Ministerpr�sident von Th�ringen und Spitzenkandidat, spricht auf der Wahlparty der Partei Die Linke. In Th�ringen fand am Sonntag die Landtagsw ...
Bodo Ramelow kam in Westdeutschland auf die Welt.Bild: keystone

Dietmar Bartsch, 66, war von 2015 bis 2023 gemeinsam mit Sahra Wagenknecht Co-Vorsitzender der Linken. Er tritt im Bundestagswahlkreis Rostock – Landkreis Rostock II zur Bundestagswahl an. Bartsch war bereits bei den Wahlen 2017 und 2021 als Direktkandidat der Linken in Rostock angetreten und wurde beide Male Zweiter.

Dietmar Bartsch dürfte in seinem Wahlkreis nicht gewählt werden. Zumindest, wenn es nach dem YouGov-Wahlmodell geht. Er liegt zurzeit mit zwölf Prozent hinter den Kandidaten der AfD, SPD und CDU.

epa04790825 (FILE) A file photo dated 07 June 2015 of Dietmar Bartsch (L) and Sahra Wagenknecht (R), delegates of the German 'Die Linke' party (lit. The Left), at the party's convention ...
Dietmar Bartsch, gemeinsam mit Sahra Wagenknecht.Bild: EPA/DPA FILES

Andere Kandidaten

Neben den Silberlocken gibt es laut YouGov-Wahlmodell auch noch drei weitere Kandidaten, die sich berechtigte Hoffnungen auf ein Direktmandat machen können. Sören Pellmann in Leipzig II und Ines Schwerdtner sowie Pascal Meiser in den Berliner Wahlkreisen Lichtenberg und Friedrichshain-Kreuzberg.

ARCHIV - 19.10.2024, Sachsen-Anhalt, Halle (Saale): S
Sören Pellman am Bundesparteitag der Linken.Bild: keystone

Vor allem Sören Pellmann kann sich berechtigte Hoffnungen auf den Gewinn eines Direktmandats machen. Er wurde bereits 2017 und 2021 direkt gewählt. Laut Wahlmodell liegt er mit etwa 22 Prozent gleichauf mit dem Kandidaten der CDU.

Social-Media-Strategie

Laut den neusten Umfragen hat Die Linke die drei Direktmandate für den Einzug in den Bundestag unter Umständen aber gar nicht nötig. In allen Umfragen der grossen Wahlforschungsinstitute, die im Februar erschienen sind, liegt Die Linke bei mindestens fünf Prozent Wähleranteil. Bei den Umfragen von YouGov und Forschungsgruppe Wahlen sogar bei sechs Prozent.

Ein Grund für den Stimmenzuwachs könnte die Popularität der Linken und der Politiker der Linken in den sozialen Medien sein. Vor allem auf den Plattformen Instagram und TikTok liegt Die Linke zusammen mit der AfD an der Spitze des deutschen Parteienspektrums.

Auf Instagram liegt Die Linke mit 286'000 Followern gleichauf mit der AfD und nur hinter den Grünen. Bei TikTok liegt Die Linke hinter der AfD, aber mit über 200'000 Followern deutlich vor allen anderen deutschen Parteien.

@heidireichinnek

Die spontane Rede nach dem Dammbruch.

♬ original sound - Heidi Reichinnek, MdB

Vor allem die Spitzenkandidatin der Linken, Heidi Reichinnek, hat in den letzten Wochen und Monaten auf den sozialen Medien enorm an Aufmerksamkeit gewonnen. In einem viralen Video kritisierte sie die CDU für das gemeinsame Abstimmen mit der AfD. Reichinnek erreichte mit ihrer Brandrede dabei über sechs Millionen Menschen auf TikTok – weit mehr, als Alice Weidel mit ihrem beliebtesten Video erreichen konnte.

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
So zerstört man Rechtspopulismus
1 / 24
So zerstört man Rechtspopulismus
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Die Bundestagswahlen in Deutschland – watson essentials
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
38 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
RaWi - Wir sind mehr
08.02.2025 14:20registriert Februar 2014
Klartext von Heidi Reichinnek! Ich wünsche ihr viel Erfolg!
5221
Melden
Zum Kommentar
avatar
El_Chorche
08.02.2025 14:48registriert März 2021
Wir brauchen ein europäisches FB, Twitter, etc ohne politische oder ideologische Scheuklappen.

Die Abhängigkeit von den USA ist sonst nicht zu gewährleisten.
3210
Melden
Zum Kommentar
avatar
Oberon
08.02.2025 14:36registriert Januar 2014
Vielleicht klappt es ja wirklich mit den 5 % oder den Direktmandaten. Ich denke auch, dass Die Linke für einige deutsche Wähler wieder wählbar ist, seit Wagenknecht und ihre Unterstützer sich im BSW tummeln.
299
Melden
Zum Kommentar
38
    Iran-Experte: «Wir erleben einen historischen Moment im Nahen Osten»
    Israelische Experten sehen im Militärschlag gegen den Iran den Auftakt für etwas Grösseres – und einen echten Wendepunkt in der Region.

    Gegen 5 Uhr morgens reissen Alarmsirenen die Menschen in ganz Israel aus dem Schlaf. Die Warnung ist unmissverständlich: Es droht ein grosser Raketenschlag aus dem Iran.

    Zur Story