Fast im gesamten Jahr 2024 lag Die Linke in Umfragen bei um die drei Prozent Wähleranteil – damit drohte die Nachfolge-Nachfolgepartei der SED, der Sozialistischen Einheitspartei Deutschland, den Einzug in den Bundestag zum ersten Mal seit Partei-Gründung zu verpassen.
Denn wer sich etwas mit dem deutschen Wahlsystem auskennt, der weiss, dass eine Partei, die keine nationale Minderheit (z. B. Dänen) vertritt, mehr als fünf Prozent Wähleranteil erreichen muss, um im Deutschen Bundestag vertreten zu sein.
Bereits bei der Bundestagswahl 2021 erreichte Die Linke diese Hürde nicht. Durch die sogenannte Grundmandatsregel war sie dennoch im Bundestag vertreten. Durch die Regel sind Parteien, die mindestens drei Direktmandate erringen, von der Fünf-Prozent-Hürde befreit.
Deshalb beschlossen drei «ältere» Herren der Linken, im November 2024 die «Aktion Silberlocke» zu starten. Das Ziel: Drei bekannte und beliebte Gesichter der Partei sollen drei Direktmandate gewinnen.
Obwohl das Erreichen der Fünf-Prozent-Hürde vor einigen Monaten noch als schwer vorstellbar galt, konnte sich Die Linke in den letzten Umfragen deutlich verbessern und lag dabei – je nach Umfrage – bei fünf oder sechs Prozent Wähleranteil. Das steckt hinter dem Aufschwung der Linken:
Die drei «Silberlocken», auch bekannt als «Senioren-Express», präsentierten ihre Idee am Parteitag Mitte November. Dabei ging es nicht nur um das Erreichen der Direktmandate, sondern auch um das aktive Einbringen in den Wahlkampf. So trat Gregor Gysi am 6. Februar bei Markus Lanz auf und lieferte sich dabei ein hitziges Duell mit dem AfD-Co-Fraktionsvorsitzenden Tino Chrupalla.
Dennoch bleibt auch das Erringen der Direktmandate ein erklärtes Ziel der «Aktion Silberlocke». Dort sieht es aktuell für alle drei Kandidaten unterschiedlich aus. Einer wird fast sicher gewählt, einer liefert sich ein Kopf-an-Kopf-Duell und einer hat fast keine Chance auf das Direktmandat:
Gregor Gysi, 77, kündigte an, nochmals für das Direktmandat im Wahlkreis Berlin-Treptow – Köpenick anzutreten. Seit 2005 konnte Gysi bei jeder Bundestagswahl das Direktmandat in dem Ostberliner Wahlkreis holen. Zuvor war er von 1990 bis 2002 jeweils direkt gewählter Bundestagsabgeordneter des Wahlkreises Berlin-Marzahn – Hellersdorf. Gysi war zudem von Dezember 1989 bis Januar 1993 Vorsitzender der SED. Während der DDR-Diktatur war er als Rechtsanwalt tätig.
Laut YouGov-Wahlmodell liegt Gysi in seinem Wahlkreis mit 35 Prozent Wähleranteil klar vor den beiden Verfolgern von AfD und CDU. Beide liegen zurzeit bei 17 Prozent.
Bodo Ramelow, 68, von 2014 bis 2024 Ministerpräsident des Freistaates Thüringen, kündigte nach seiner Wahlniederlage 2024 an, für den thüringischen Wahlkreis Erfurt – Weimar – Weimarer Land II zu kandidieren. 2021 konnte dort die SPD das Direktmandat gewinnen. Ramelow werden gute Chancen zugerechnet, da er als Ministerpräsident immer positive Beliebtheitswerte aufweisen konnte: Bei einer Umfrage im August 2024 bewerteten 50 Prozent der Befragten seine Arbeit als gut.
Bodo Ramelow liegt, laut Wahlmodell, in seinem Wahlkreis praktisch gleichauf mit dem Kandidaten der AfD. Beide liegen bei 26 Prozent.
Dietmar Bartsch, 66, war von 2015 bis 2023 gemeinsam mit Sahra Wagenknecht Co-Vorsitzender der Linken. Er tritt im Bundestagswahlkreis Rostock – Landkreis Rostock II zur Bundestagswahl an. Bartsch war bereits bei den Wahlen 2017 und 2021 als Direktkandidat der Linken in Rostock angetreten und wurde beide Male Zweiter.
Dietmar Bartsch dürfte in seinem Wahlkreis nicht gewählt werden. Zumindest, wenn es nach dem YouGov-Wahlmodell geht. Er liegt zurzeit mit zwölf Prozent hinter den Kandidaten der AfD, SPD und CDU.
Neben den Silberlocken gibt es laut YouGov-Wahlmodell auch noch drei weitere Kandidaten, die sich berechtigte Hoffnungen auf ein Direktmandat machen können. Sören Pellmann in Leipzig II und Ines Schwerdtner sowie Pascal Meiser in den Berliner Wahlkreisen Lichtenberg und Friedrichshain-Kreuzberg.
Vor allem Sören Pellmann kann sich berechtigte Hoffnungen auf den Gewinn eines Direktmandats machen. Er wurde bereits 2017 und 2021 direkt gewählt. Laut Wahlmodell liegt er mit etwa 22 Prozent gleichauf mit dem Kandidaten der CDU.
Laut den neusten Umfragen hat Die Linke die drei Direktmandate für den Einzug in den Bundestag unter Umständen aber gar nicht nötig. In allen Umfragen der grossen Wahlforschungsinstitute, die im Februar erschienen sind, liegt Die Linke bei mindestens fünf Prozent Wähleranteil. Bei den Umfragen von YouGov und Forschungsgruppe Wahlen sogar bei sechs Prozent.
Ein Grund für den Stimmenzuwachs könnte die Popularität der Linken und der Politiker der Linken in den sozialen Medien sein. Vor allem auf den Plattformen Instagram und TikTok liegt Die Linke zusammen mit der AfD an der Spitze des deutschen Parteienspektrums.
Auf Instagram liegt Die Linke mit 286'000 Followern gleichauf mit der AfD und nur hinter den Grünen. Bei TikTok liegt Die Linke hinter der AfD, aber mit über 200'000 Followern deutlich vor allen anderen deutschen Parteien.
@heidireichinnek Die spontane Rede nach dem Dammbruch.
♬ original sound - Heidi Reichinnek, MdB
Vor allem die Spitzenkandidatin der Linken, Heidi Reichinnek, hat in den letzten Wochen und Monaten auf den sozialen Medien enorm an Aufmerksamkeit gewonnen. In einem viralen Video kritisierte sie die CDU für das gemeinsame Abstimmen mit der AfD. Reichinnek erreichte mit ihrer Brandrede dabei über sechs Millionen Menschen auf TikTok – weit mehr, als Alice Weidel mit ihrem beliebtesten Video erreichen konnte.
Die Abhängigkeit von den USA ist sonst nicht zu gewährleisten.