Verschwörungstheorien verbreiten sich oft so schnell wie ein Lauffeuer. Die neueste in dieser Kategorie ist «QAnon» aus den USA, die im Augenblick im Internet explodiert. Aber worum handelt es sich dabei genau?
Das erste Mal erschien der Name «Q» am 28. Oktober 2017 – wo anders als auf der umstrittenen Internetplattform 4chan. Damals hinterliess der User «Q» einen Post, der als «Die Ruhe vor dem Sturm» betitelt war.
In diesem und weiteren Posts behauptete «Q», ein hoher Regierungsangestellter in den USA zu sein und über Insider-Wissen zu Top-Secret-Themen zu verfügen. Er beschrieb, geheime Informationen zu Donald Trump, Robert Mueller, – dem Sonderermittler in der Russland-Affäre – den Clintons, mehreren Pädophilen-Ringen und weiteren Dingen zu haben.
Seither hinterlässt «Q» immer wieder sogenannte «breadcrumbs» (Brotkrümel) online, die von seiner Community, die sich «QAnon» nennt, eifrig aufgenommen werden.
Seit Montag kursieren auf YouTube diverse Videos, die scheinbar belegen sollen, dass es sich beim amerikanischen Schauspieler Tom Hanks um einen Pädophilen handeln soll. Hanks ist aber nicht der einzige, der unter Beschuss steht.
Genannt werden unter anderem auch Steven Spielberg und Cemex, ein mexikanischer Zement-Hersteller. Spielberg wird ebenfalls als Pädophiler bezeichnet und Cemex soll im Kinderhandel involviert sein.
Als Quelle für diese Anschuldigungen wird «QAnon» genannt. Hanks und Spielberg hatten den amerikanischen Präsidenten Trump beide in der Vergangenheit öffentlich kritisiert. Hanks spielte ausserdem die Star-Rolle im Spielberg-Film «The Post», der Ende 2017 in den Kinos lief.
Grundsätzlich sind die Behauptungen, die «Q» aufstellt, Pro-Trump. Mit der Zeit wurden die Aussagen aber immer diffuser und breiter gefächert. Einige Ideen von «QAnon» sind:
Die US-amerikanische Komikerin, Roseanne Barr, twitterte schon vor längerer Zeit über «QAnon». Dabei scheint sie auf die Existenz von mehreren Pädophilen-Ringen hinzuweisen, einige davon innerhalb von Hollywood. Sie vertraue darauf, dass der Präsident diese bald ausschalte, schrieb sie.
Auch der frühere Baseball-Spieler Curt Shilling soll angeblich auf den «QAnon»-Zug aufgesprungen sein.
Nebst einigen Celebrities findet «QAnon» aber vor allem in der breiten Masse Anklang. Wie viele es genau sind, ist schwer zu benennen. Es könnte sich laut einem Universitätsprofessor aus Miami sehr wohl um eine sehr laute, aber sehr kleine Gruppe handeln.
Den Reddit-Thread zur Verschwörungstheorie haben aber 49'000 Personen abonniert und auch auf Facebook folgen 40'000 Mitglieder der Gruppe.
Es ist schwierig, die genauen Hintergründe für ein solches Phänomen zu beschreiben. Die tiefe politische Spaltung in Amerika und ein polarisierender Präsident können dabei aber einen Einfluss haben.
Ausserdem machen Fälle wie jene des ehemaligen US-amerikanischen Komikers Bill Cosby der Öffentlichkeit zu schaffen. Dieser hatte sich in den Staaten grosser Beliebtheit gerühmt. Im April 2018 wurde er jedoch wegen dreifachen sexuellen Missbrauchs verurteilt. Laut einem Verschwörungstheorie-Professor ist es möglich, dass sich die Bevölkerung denkt: «Bill Cosby war Amerikas Vater. Jetzt ist er ein Mehrfachvergewaltiger. Wie viele solcher Fälle gibt es sonst noch?»
Persönlich hat Trump bisher nicht auf die Verschwörungstheorie reagiert. Seine Pressesprecherin, Sarah Sanders, wandte sich aber direkt an einige Anhänger, die an einer Trump-Veranstaltung in Tampa, Florida, am Dienstag erschienen sind.
Sanders sagte: «Der Präsident verurteilt jede Gruppe, die zu Gewalt gegen Individuen aufruft und unterstützt sicherlich keine Gruppen, die dies gut heissen.»
Bisher glücklicherweise keine dramatischen. Aber einige bedenkenswerte Vorfälle gibt es bereits. Im Juni fuhr beispielsweise ein Mann mit einer Schusswaffe bewaffnet zum Hoover Dam. Er sprach von einer Mission, die «Q» ihm auferlegt haben soll. Er müsse einen Bericht der Justizabteilung auftreiben, von dem er glaubte, dass eine gefälschte Version veröffentlicht worden war.
Ein weiterer auffälliger und mutmasslich bewaffneter Mann war ausserdem vor dem Büro des Anwalts Michael Avenatti, der den Pornostar Stormy Daniels vertritt, aufgetaucht. Diese behauptete zuvor, eine Affäre mit Trump gehabt zu haben. Mittlerweile wurde sie aufgrund von Nacktheit in einer ihrer Shows verhaftet.