Bis zum Schluss hatten die Demokraten gehofft. Bei den Zwischenwahlen wollten sie nicht nur die Mehrheit im Senat, sondern auch im Repräsentantenhaus verteidigen. Jetzt aber steht fest: Die Republikaner holen sich zwar spät und äusserst knapp, aber eben doch die Mehrheit in dieser Kammer des US-Kongresses. Nach dem ersten Freudentaumel wird das die erste echte Ernüchterung sein.
Wären die Sieger im Parlament die Republikaner von einst, wäre das Ergebnis nur der demokratische Lauf der Dinge. Biden hätte es schwerer als bisher, seine Gesetze durchzubringen, und müsste zur Not mit Präsidentenerlassen regieren.
Trotz wachsender Kritik an Donald Trump handelt es sich aber um eine «neue Grand Old Party» (GOP). Deren Vertretern geht es um mehr als nur um die Blockade Joe Bidens, nämlich um die Vernichtung des politischen Gegners. Längst steht für sie nicht mehr ein Wechsel im bestehenden politischen System im Fokus. Ohne es zu verschleiern, streben grosse Teile der Partei und ihrer Parlamentarier eine autoritäre Version der USA an.
In nichts findet diese Haltung mehr Ausdruck, als in der Lüge zum Wahlbetrug. Donald Trump, so viel steht fest, wird alles unternehmen, um seinen Einfluss auf die ihm ergebenen Parlamentarier auszuüben. Im Repräsentantenhaus sitzen mehr als 180 gewählte Volksvertreter, die Zweifel an der legitimen Wahl Joe Bidens geäussert haben. Das ist trotz Niederlagen vieler Trump-Kandidaten ein einmaliger, historischer Vorgang.
Deren Gesetzesanträge werden seine Handschrift tragen, auch wenn er selbst in Mar-a-Lago in Florida sitzt. Das wird Auswirkungen für die ganze Welt, auch für Deutschland haben. Zusammen mit Trumps Kandidatur werden die USA ab sofort mehr als zuvor um sich selbst kreisen, damit ihnen die Demokratie nicht um die Ohren fliegt. Auch die aussenpolitisch bemühte Biden-Regierung wird das zu spüren bekommen.
In Washington wartet ab sofort das, was die Amerikaner eine echte «Shitshow» nennen. Eine nie dagewesene Schlammschlacht innerhalb des hohen Hauses. Es wäre ein Desaster für die Demokratie. Mit ihrer zurückgewonnenen Macht im Repräsentantenhaus können Trump und seine Handlanger jetzt die politische Agenda und auch den öffentlichen Diskurs prägen. Zwar ist die Mehrheit denkbar knapp, aber um die Themen zu setzen, reicht es allemal.
Der radikalen Parteibasis wurden im Wahlkampf so viele Versprechen gegeben, dass auch nur ein Bruchteil davon ausreicht, um das System immer wieder zu blockieren. Trump braucht ab sofort Futter für seine enttäuschte Basis im parteiinternen Wahlkampf und dann für seinen Kampf ums Weisse Haus. Folgendes kann jetzt passieren:
Das klingt nach schlimmst möglichen Schreckensszenarien. Vielleicht zerlegen die Republikaner aber auch nicht die Demokratie, sondern vorher sich selbst. Die Extreme innerhalb der Fraktion könnten kaum weiter auseinanderliegen. Das Ergebnis der Zwischenwahlen mag womöglich heilsam für die Demokratie erscheinen. Der tiefe Graben innerhalb der Gesellschaft ist damit aber noch lange nicht zugeschüttet.
Im Gegenteil, Donald Trump liess bei seiner Ansprache zur Kandidatur keinen Zweifel daran, sich jetzt daranzumachen, weitere Gräben auszuheben. Nur weil das amerikanische Volk noch nicht genug leiden würde, sei das Ergebnis nicht so gut ausgefallen bei den Zwischenwahlen, sagte er. Die Bürger würden es einfach noch nicht verstehen. «Sie spüren es noch nicht wirklich. Aber sie werden es sehr bald», so Trump.
Erinnert mich an Christoph Blocher nach verlorener Wahl als er lauthals drohte: " Wir sehen uns bei Philppi wieder!".
Aber eben.... Blocher und Trump sind Geschwister im Geiste und Tun. Und sie sind beide Rechtspopulisten. What else.