Eigentlich sollte die Pressekonferenz die Fragen rund um die Fitness des Präsidenten ein für alle Mal aus dem Weg schaffen. Doch schon davor stellte Joe Biden den ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski als «Putin» vor. Dann verwechselte er den Namen von Kamala Harris mit demjenigen von Donald Trump, als er eigentlich die Qualitäten seiner Vizepräsidentin loben wollte.
Kurz darauf teilte Harris ein Bild auf Social Media, auf dem sie Biden umarmt. Dazu schrieb sie: «Präsident Joe Biden spricht aus dem Herzen, zeigt eine unerschütterliche Widerstandskraft, und wenn er zu Boden geschlagen wird, steht er wieder auf. So sieht Gewinnen aus.» Wohl um ihre Unterstützung kund zu tun.
Nur sechs Stunden später wurde auf demselben Profil ein Ausschnitt aus ihrer Rede am selben Abend geteilt. Anders als der Präsident leistete sich Harris keine Patzer und war voller Energie. Das fiel auch ihren Followern auf. Der Tenor in den Kommentaren: «Du solltest antreten und uns vor diesem Schlamassel retten» oder «Stimmt für Kamala».
Seit der verpatzten TV-Debatte ihres Chefs rückt Harris immer mehr ins Rampenlicht. Gleichzeitig berichtete die «New York Times», dass Helfer der Kampagne im Stillen abklären, wie sich Kamala Harris gegen Donald Trump schlagen würde. Diese Woche soll eine Umfrage vom Analyse-Team der Biden-Harris-Kampagne durchgeführt worden sein.
Ausserdem häufen sich Berichte darüber, dass zusätzlich zu Demokraten im Senat und im Repräsentantenhaus, Ex-Präsident Barack Obama und Schauspieler George Clooney nun auch Helfer und Berater Bidens darüber diskutieren, wie sie ihm seine Kandidatur ausreden könnten. Das Weisse Haus dementiert dies jedoch.
Die «New York Times» ist derweil nicht das einzige Medienhaus mit Berichten über Personen im Biden-Lager. Auch NBC schreibt, dass zumindest drei Personen, die an der Wiederwahlkampagne des Präsidenten beteiligt sind, nicht an den Erfolg Bidens glauben.
Biden selber behauptet zwar immer noch regelmässig, er habe die besten Chancen gegen Trump zu gewinnen. Geht es nach dem Trump-Lager, soll er dies auch gerne weiterhin glauben. Der Fokus auf Kamala Harris ist aber auch den Beratern Trumps nicht entgangen.
In den letzten Monaten hat die 59-Jährige immer häufiger wichtige Reden und Dossiers übernommen. Sie vertrat an der Friedenskonferenz im Bürgenstock die USA, hielt Reden zum Abtreibungsrecht, über Einwanderung und kürzlich auch über die Pläne der Trump-Kampagne und deren Gefahren. Hinzu kommen vermehrt Auftritte in Talk-Shows und Nachrichtensendungen sowie auf Social Media.
Gemäss der «New York Times» bevorzugt Trumps Team zwar Joe Biden als Gegner. Für kommende Reden seien aber auch Attacken gegen Kamala Harris geplant. Unter anderem werde Trump sie als «Grenzzar» bezeichnen. Dies in Bezug auf ihre Rolle bei der höchst unbeliebten Grenzpolitik des Landes. Ausserdem wolle man sie als «radikale Linke» darstellen. Trump sagte ausserdem schon: «Hätte Joe einen auch nur halbwegs kompetenten Kandidaten zu seiner Nummer 2 gemacht, hätte man ihn schon vor Jahren aus dem Amt gejagt.»
Tatsächlich schneidet Kamala Harris einer neuen «Politico»-Umfrage zufolge aber immer besser ab. Sie liegt mit 42 Prozent gar einen Prozentpunkt vor Trump. (aargauerzeitung.ch)