Ein bewaffneter Mann drang am Donnerstag in die Redaktion der Lokalzeitung «Capital Gazette» in der US-Stadt Annapolis ein. Dort erschoss er fünf Menschen, zwei weitere wurden verletzt. Der Schütze wurde nach seiner Tat festgenommen, die Polizei geht momentan von einem Einzeltäter aus.
Es wird vermutet, dass die Tat aus einem Rechtsstreit heraus entstand, den der Täter mit der Zeitung ausfocht. Genaueres müsse die Polizei aber erst ermitteln. Der Täter zeige sich nur bedingt kooperativ.
Bei allen fünf Opfern handelt es sich um Mitarbeiter der Zeitung. Vier von ihnen waren zwischen 55 und 65 Jahre alt, das fünfte Opfer war 34 Jahre alt. Die Zeitung zeigt die fünf Opfer auf der Frontseite der heutigen Ausgabe:
— Capital Gazette (@capgaznews) 29. Juni 2018
Auf ihrem Twitter-Account postete die Zeitung heute die Biografien der Verstorbenen:
After a career in fashion and public relations in New York City, Wendi Winters built a reputation as a prolific freelance reporter and well-known community resource at the Capital Gazette. https://t.co/IHfo7ZIkWd
— Capital Gazette (@capgaznews) 29. Juni 2018
Rebecca Smith was a recent hire at the Capital Gazette but had already proved herself a valuable asset. https://t.co/OdHehI3lQY
— Capital Gazette (@capgaznews) 29. Juni 2018
John McNamara was remembered by his colleagues for his flexibility, concise writing and extensive knowledge of regional sports. https://t.co/YRBlOyDX6E
— Capital Gazette (@capgaznews) 29. Juni 2018
Rob Hiaasen’s wryly observant writing style and his generous mentoring of young journalists assured him of roles in several newsrooms, including the Capital Gazette. https://t.co/ZLZWHtp8nQ
— Capital Gazette (@capgaznews) 29. Juni 2018
Gerald Fischman’s personality was so quiet and withdrawn that it hid the brilliant mind, wry wit and “wicked pen” that his colleagues would treasure. https://t.co/mGrc90BNMV
— Capital Gazette (@capgaznews) 29. Juni 2018
Zwei weitere Mitarbeiter wurden verletzt. Dies geschah wahrscheinlich durch herumfliegende Glassplitter. Sie wurden bereits wieder aus dem Krankenhaus entlassen.
Die Überlebenden der Redaktion in Annapolis haben ihren Job heute wieder aufgenommen. Auch – und gerade – am Tag nach den schrecklichen Ereignissen sollte die «Capital Gazette» erscheinen.
Laut Polizei und verschiedenen US-Medien handelt es sich bei dem mutmasslichen Täter um einen 38-jährigen Mann aus der Region. Er habe mit dem Lokalblatt schon seit längerer Zeit einen erbitterten Rechtsstreit wegen übler Nachrede ausgefochten, nachdem dieses einen Bericht über einen Belästigungs-Fall veröffentlicht hatte, in welchen er verwickelt war. Auch habe er bereits in der Vergangenheit über Social Media Drohungen gegenüber der Zeitung ausgesprochen.
Vor der Tat verstümmelte sich der mutmassliche Schütze die Finger, damit die Polizei seine Fingerabdrücke nicht erkennen kann. Seine Identität wurde allerdings rasch aufgrund von Gesichtserkennungstechnologie bestimmt.
Die wohl stärkste Reaktion kam aus der Reaktion der «Capital Gazette» selbst. Reporter Chase Cook schrieb kurze Zeit nach dem Attentat trotzig: «Eines kann ich euch sagen: Wir werden morgen eine verdammte Zeitung veröffentlichen.»
Yes, we’re putting out a damn paper tomorrow. https://t.co/ScNvIK1A4R
— Capital Gazette (@capgaznews) 29. Juni 2018
Pat Furgurson, preisgekrönter Reporter der «Capital Gazette», pflichtet dem bei und ergänzt: «So etwas erwartet man in Afghanistan oder im Irak, aber nicht in einem verschlafenen Büro gegenüber einer Shopping Mall.»
Gefragt danach, was er anderen Zeitungen nach dieser Situation mitgeben möchte, nimmt sich Furgurson einen Moment Zeit und sagt danach sichtlich bewegt: «Was ist an Friede, Liebe und Verständnis so lustig?»
HEARTBREAKING: “What’s so funny about peace, love and understanding?” was all @capgaznews reporter Pat Furgurson had to say in an emotional interview after the deadly Annapolis shooting in his newsroom pic.twitter.com/DJsUA588d7
— ABC 7 News - WJLA (@ABC7News) June 29, 2018
Vorsichtig reagierte auch die New Yorker Polizei: Sie markierte Präsenz vor allen grossen Medienhäusern.
BREAKING: NYPD sending officers to all major media outlets in New York City as a precaution - ABC
— BNO News (@BNONews) June 28, 2018
Auch wenn das Motiv allem Anschein nach ein persönliches war, äusserten sich viele Beobachter ähnlich wie die 27-jährigen Journalistin Lauren Duca: Die Schiesserei könne nicht «von der Mission des Präsidenten getrennt werden, die Presse als ‹Feind des amerikanischen Volkes› zu dämonisieren.»
The shooting today in the Capital Gazette newsroom in Annapolis, Maryland cannot reasonably be separated from the President's mission to villainize the press as "the enemy of the American people."
— Lauren Duca (@laurenduca) June 28, 2018
US-Präsident Donald Trump wollte sich vor laufenden Kameras noch nicht zum Vorfall äussern, wie dieses CBS-Video zeigt:
"Can you please talk to us about the dead reporters in Annapolis?"
— NBC News (@NBCNews) 29. Juni 2018
“Do you have any words of condolence for the families, Mr. President?”
"Why are you walking away?"
Pres. Trump does not comment when asked about the deadly Maryland newsroom shooting.https://t.co/5ZcmEVQW9z pic.twitter.com/iE8wM4OUPn
Via Twitter drückte Trump sein Mitgefühl für die Hinterbliebenen aus und bedankte sich bei den Einsatzkräften:
Prior to departing Wisconsin, I was briefed on the shooting at Capital Gazette in Annapolis, Maryland. My thoughts and prayers are with the victims and their families. Thank you to all of the First Responders who are currently on the scene.
— Donald J. Trump (@realDonaldTrump) 28. Juni 2018
Seine Sprecherin Sarah Sanders schrieb: «Ein gewalttätiger Angriff auf unschuldige Journalisten ist ein Angriff auf alle Amerikaner.»
Strongly condemn the evil act of senseless violence in Annapolis, MD. A violent attack on innocent journalists doing their job is an attack on every American. Our prayers are with the victims and their friends and families.
— Sarah Sanders (@PressSec) 28. Juni 2018
"Thanks for your prayers but I couldn't give a fuck about them if there is nothing else" -- Capital Gazette Reporter Selene San Felice pic.twitter.com/D6mfPCC42D
— Judd Legum (@JuddLegum) June 29, 2018
(doz/mlu)