Zweimal haben die US-Demokraten versucht, Donald Trump mit einem Impeachment-Prozess aus dem Amt zu entfernen. Beide Male scheiterten sie an den Republikanern im Senat, obwohl sie glaubwürdige Zeugen und Beweismaterial vorweisen konnten. Seither sinnen die Republikaner auf Rache am heutigen Präsidenten Joe Biden.
Als sie im Januar mit knapper Mehrheit die Kontrolle im Repräsentantenhaus übernahmen, setzten sie einen Untersuchungsausschuss ein, der die mutmasslich korrupten Geschäfte von Hunter Biden, dem «missratenen» zweiten Sohn des Präsidenten, unter die Lupe nahm. Damit verbunden war die Hoffnung, Material gegen Joe Biden selbst zu finden.
Der Präsident habe nicht nur über Hunters Machenschaften Bescheid gewusst, sondern sich selbst bestechen lassen, hiess es. Seither haben der Ausschuss und sein Vorsitzender, der Abgeordnete James Comer aus Kentucky, ziemlich viel Wind gemacht und angebliche Beweismittel vorgelegt, die unter anderem aus Hunter Bidens ominösem Laptop stammten.
Der Präsidentensohn hatte ihn in seiner Heimatstadt Wilmington ausgerechnet bei einem Trump-Fan zur Reparatur gebracht und vermutlich wegen seiner Drogensucht vergessen, ihn wieder abzuholen. Für die Republikaner war der Laptop eine Fundgrube. Er enthielt zahlreiche Fotos, die Hunter Biden beim Drogenkonsum und mit Prostituierten zeigten.
Ihre Hoffnung, Belastendes über den Vater zu finden, erfüllte sich jedoch nicht. Dennoch wagte sich Kevin McCarthy, der Speaker des Repräsentantenhauses, am Montag auf Fox News auf die Äste hinaus. Zwar kündigte er noch kein Impeachment von Joe Biden an, doch er sagte Fox-Moderator Sean Hannity, ein Amtsenthebungsverfahren rücke «immer näher».
Damit aber hatte der Speaker den Mund gar voll genommen. Schon am Dienstag krebste McCarthy im Gespräch mit Journalisten zumindest teilweise zurück. Es seien noch einige Untersuchungen im Gang, und man finde «ständig neue Informationen». Es gebe aber «keinen Zeithorizont» für die Aufnahme eines formellen Amtsenthebungsverfahrens.
An einer Fraktionssitzung am Mittwoch wurde Kevin McCarthy noch deutlicher. Er soll den Republikanern eingebläut haben, man könne ein Verfahren nur eröffnen, wenn die entsprechenden Beweise vorlägen, berichtete Politico unter Berufung auf drei anwesende Abgeordnete. McCarthy habe betont, man habe nicht genügend Beweise beisammen.
Das betrifft sowohl die Korruptionsvorwürfe als auch die Behauptung, Joe Bidens Justizminister Merrick Garland habe die Ermittlungen gegen Hunter behindert. Gleichzeitig soll er auch jenen Vergleich eingefädelt haben, der den Präsidentensohn im Verfahren wegen Steuerdelikten und illegalem Waffenbesitz vor einer Gefängnisstrafe bewahren sollte.
Garland droht deshalb seinerseits ein Impeachment, doch auch in diesem Fall fehlen die Beweise. Und der Vergleich ist am Mittwoch vor einem Gericht in Delaware vorläufig geplatzt. Allerdings sind solche «Plea Bargains» im US-Justizsystem üblich. Sie entlasten Anklage und Gerichte und ersparen den Beschuldigten einen Prozess.
Unter dem Strich verfügen die Republikaner über nichts Handfestes, das ein Impeachment von Präsident Biden rechtfertigen würde. Kevin McCarthy befindet sich in einer doppelten Bredouille. Er verfügt nur über eine Mehrheit von fünf Sitzen und steht unter Druck der Trumpisten wie von eher gemässigten Abgeordneten aus umkämpften Wahlkreisen.
Etwa ein Dutzend vertritt laut Politico einen Bezirk, der bei der Wahl 2020 für Joe Biden gestimmt hatte. Sie fürchten, dass ein «Schauprozess» ohne substanzielle Basis gegen den Präsidenten ihnen bei der Wiederwahl schaden könnte. Der «Rachefeldzug» für Donald Trump könnte in einem solchen Fall zum Rohrkrepierer für die Republikaner werden.
Einer dieser «Wackelkandidaten» ist der Abgeordnete Tony Gonzales aus Texas. «Ein Impeachment wird den ganzen Sauerstoff absorbieren», meinte er gegenüber Politico. Die Menschen in seinem Wahlkreis aber seien besorgt wegen der Inflation, der Situation an der Grenze, der Sicherheit ihrer Kinder in den Schulen – «echte Anliegen halt».
Fürs Erste scheint es Kevin McCarthy gelungen zu sein, die Wogen zu glätten. Selbst die Trumpisten hielten sich nach der Sitzung vom Mittwoch zurück, so auch Marjorie Taylor Greene, ihr wohl lautestes Sprachrohr. Bezüglich eines Amtsenthebungsverfahrens sehe es «sehr gut» aus, auf die Frage nach dem Zeitpunkt aber sagte sie nur: «Bald.»
Doch selbst Trump-Anhänger wie der frühere Speaker Newt Gingrich sind skeptisch. Eine Untersuchung sei eine gute Idee, sagte er der «Washington Post». Das Impeachment selbst aber sei «eine furchtbare Idee». Und Mitch McConnell, der Fraktionschef im Senat, ermahnte seine Parteikollegen, ein Impeachment solle «die Ausnahme und nicht die Regel sein».