Vor 17 Jahren verschwand die damals dreijährige Madeleine McCann, genannt Maddie, aus einer Ferienanlage in Portugal. Seither sorgt der Fall des Mädchens aus Grossbritannien immer wieder für Schlagzeilen. Obwohl es inzwischen einen Hauptverdächtigen gibt, ist das Verbrechen noch immer nicht gelöst.
Die ermittelnden Behörden erhoffen sich nun aber einen Durchbruch. Als Hauptverdächtiger gilt mittlerweile Christian B.: Der Mann aus Deutschland ist ein vorbestrafter Sexualstraftäter, der sich zum Zeitpunkt von Maddies Verschwinden am selben Ort aufgehalten haben soll. Christian B. soll die Dreijährige, deren Leiche bis heute nicht gefunden wurde, 2007 aus ihrem Zimmer entführt haben.
Davon zumindest gehen das deutsche Bundeskriminalamt und die Staatsanwaltschaft Braunschweig aus, die im Juni 2020 überraschend bekannt gaben, dass sie im Fall Maddie gegen einen mehrmals vorbestraften Sexualstraftäter wegen des Verdachts auf Mordes ermitteln.
Allerdings: Der Gerichtsfall, der derzeit gegen Christian B. läuft, hat mit dem Verschwinden der Britin nichts zu tun. Vor dem Landgericht Braunschweig muss sich der Angeklagte wegen fünf schwerer Sexualstraftaten verantworten. Dem gebürtigen Würzburger werden drei Fälle schwerer Vergewaltigung und zwei Fälle des sexuellen Missbrauchs von Kindern vorgeworfen. Das Gericht setzte für die Verhandlung zunächst rund 30 Verhandlungstage bis Ende Juni an. Christian B. könnte eine Freiheitsstrafe von 15 Jahren erwarten. Auch eine anschliessende Sicherungsverwahrung kommt infrage.
Wie die britische Boulevard-Zeitung «The Sun» berichtet, könnte es bald auch zu Beweisen gegen B. im Fall Maddie McCann kommen – dank «The Sun» selbst. Demnach soll ein ehemaliges Fahrzeug des Verdächtigen ausfindig gemacht worden sein, das die Ermittler jetzt untersuchen wollen.
Bei dem Fahrzeug handelt es sich gemäss der Boulevard-Zeitung um einen weissen Mercedes Sprinter, der im Februar aufgrund von «The Sun»-Fotos identifiziert worden sei. Das Auto soll nach dem Verschwinden Maddies auf einer Parzelle des Verdächtigen in Deutschland geparkt worden sein. Christian B. soll das Grundstück 2010 gekauft und sich zeitweise dort aufgehalten haben. Zudem habe er es als Versteck für mehrere Autos, die er gefahren habe, benutzt. Den weissen Van soll B. bereits 2007 in Portugal gefahren sein.
Gegenüber «The Sun» bestätigte das BKA den Hinweis auf den Transporter, dem man jetzt nachgehe. Ein Mitarbeiter der Werkstatt, die das Fahrzeug damals an den Deutschen vermietet hatte, sagte gegenüber der Zeitung, man hätte den Wagen gereinigt und repariert, aber «das wird wohl nicht alle DNA vernichtet haben. Es könnten immer noch Haare und andere Spuren von denjenigen vorhanden sein, die darin festgehalten wurden.»
Der weisse Mercedes Sprinter soll vom Verdächtigen auch bei einem weiteren Entführungsfall benutzt worden sein. 2015 verschwand die damals fünfjährige Inga Gehricke bei einem Picknick mit der Familie in einem Waldstück in Wilhelmshof, Sachsen-Anhalt. Der einzige Hinweis war damals die Sichtung eines weissen Sprinters, der zum Zeitpunkt des Verschwindens des Mädchens auf einem Waldweg fuhr.
Gemäss «The Sun» wurde Christian B. in den Jahren 2016 und 2020 von der Polizei überprüft. Für den fraglichen Tag habe er kein Alibi vorweisen können, und am Tag vor Ingas Verschwinden habe er einen Unfall im nahe gelegenen Helmstedt, eine Autostunde entfernt, gehabt. Zudem hatte der Deutsche damals in der Nähe gewohnt.
Christian B. bestreitet im laufenden Verfahren bislang alle Vorwürfe gegen sich. In allen Fällen gilt die Unschuldsvermutung. (lak)