Die deutsche Aussenministerin hat offen ausgesprochen, was viele denken: Die Russland-Sanktionen des Westens haben nur geringe Wirkung. «Eigentlich hätten wirtschaftliche Sanktionen wirtschaftliche Auswirkungen. Das ist aber nicht so», sagte Annalena Baerbock (Grüne) in einem Interview mit dem Journalisten Stephan Lamby für dessen Buch «Ernstfall. Regieren in Zeiten des Krieges».
Es ist eine unbequeme Tatsache, mit möglicherweise weitreichenden politischen Auswirkungen: Die russische Wirtschaft wächst, obwohl der Westen beispiellos scharfe Sanktionen gegen das Land verhängt hatte.
Grund ist vor allem die Kriegswirtschaft, die Russlands Präsident Wladimir Putin entfesselt hat, um seinen Krieg gegen die Ukraine zu unterhalten. Die massiven Investitionen des Staates in die Herstellung von Waffen und Munition kompensieren offenbar die eingebrochenen Hochtechnologiesektoren, die vor der Invasion für Wachstum gesorgt hatten. So ging etwa die Produktion von Kraftfahrzeugen laut Schätzungen der EU 2022 um 48 Prozent gegenüber dem Vorjahr zurück, die Produktion von Computern, Elektronik und Optik um acht Prozent.
Im Jahr eins der Invasion sah es noch alles andere als rosig aus: Angaben aus Brüssel zufolge schrumpfte die russische Wirtschaftsleistung 2022 um 2.1 Prozent. Doch seit diesem Frühjahr scheint sie sich erholt zu haben: Im April wuchs das russische Bruttoinlandsprodukt Schätzungen zufolge um 3.6 Prozent, im Mai sogar um 5.8 Prozent.
Zwar musste der russische Staat auch empfindliche Einschnitte vornehmen. So wurden etwa die Mittel für Schulen, Krankenhäuser und Strassen gekürzt, um den Haushalt konsolidieren. Doch verfügte der Kreml offenbar noch über genug finanziellen Spielraum, um die heimische Rüstungsproduktion kräftig anzukurbeln.
Mit Erfolg: Wie die «New York Times» unter Berufung auf westliche Offizielle berichtet, verlangsamten westliche Exportbeschränkungen die russische Rüstungsproduktion nur die ersten sechs Monate nach Invasionsbeginn im Februar 2022. Ende des vergangenen Jahres habe sich das Blatt jedoch dank neuer Handels- und Schmugglerrouten gewendet, die russische Geheimdienste aufgetan hatten.
Diese informellen Importrouten sollen teils über Armenien und die Türkei verlaufen, und die Einfuhr kritischer Komponenten für die Rüstungsproduktion betreffen, etwa von Mikrochips, so die «New York Times». Auch die hohen Energiepreise helfen dem öl- und gasexportierenden Land beträchtlich bei der Transformation der Wirtschaft.
Der starke Fokus auf die Rüstungsproduktion – rund ein Drittel des Staatshaushaltes fliesst in die Armee – hat sich offenbar ausgezahlt. Heute liege die russische Produktion von Waffen und Munition wieder auf Vorkriegsniveau, zitiert die «New York Times» westliche Regierungsvertreter. Teilweise sogar darüber.
So seien die Russen vor der Invasion in der Lage gewesen, 100 Panzer pro Jahr herzustellen. Heute seien es 200 pro Jahr. Westliche Beamte gehen zudem davon aus, dass Russland bald jährlich zwei Millionen Artilleriegranaten herstellen könne – doppelt so viele wie zuvor geschätzt. Schon jetzt produziere Russland insgesamt mehr Munition als die USA und Europa zusammen. Einem hochrangigen estnischen Verteidigungsbeamten zufolge produziere Russland derzeit siebenmal so viel Munition wie der Westen.
Ein Grund dafür sei auch, dass Russland sehr viel günstiger produziere als der Westen, zitiert die «New York Times» den estnischen Beamten: Weil es weniger auf Sicherheit und Qualität achte, koste ein 152-Millimeter-Artilleriegeschoss umgerechnet rund 460 Euro. Eine vergleichbare 155-Millimeter-Granate umgerechnet rund 4600 bis 5600 Euro – das Zehnfache.
US-Beamte sorgten sich vor allem um die wieder angestiegene Produktion russischer Raketen, schreibt die «New York Times». Man fürchte einen «besonders dunklen und kalten Winter» für die Ukrainer. Russland beschiesst immer wieder das ukrainische Stromnetz und andere kritische Infrastruktur, um die Moral der Bevölkerung zu brechen und Terror zu verbreiten. Im vergangenen Winter mussten Tausende Ukrainer ohne Strom und Heizung auskommen.
In Westen setze man daher darauf, dass die Lieferung von weiteren Flugabwehrsystemen dem russischen Raketenbeschuss etwas entgegensetzen könne, so die «New York Times». «Die Ukrainer sind besser darin geworden, ihre Infrastruktur zu schützen», zitiert die Zeitung den estnischen Offiziellen. Mittlerweile könne sie «sicherstellen, dass die Auswirkungen von Stromausfällen und anderen Versorgungsausfällen nicht so schwerwiegend sind».
Verwendete Quellen:
(t-online)
Wir wissen, dass Sanktionen immer langsam wirken .. aber Sie wirken .
Zum Vergleich : Im Westen muss man die Länder drängen, endlich die angestrebten 2 % in die Rüstung zu stecken ..
Russland stellt pro JAHR 200 Main Battle Tanks her.
Russland wirft Panzer mit Baujahr 1947 an die Front
Aber ok, mir solls recht sein, dann lassen wir doch die Sanktionen einfach laufen. Den Sie bringen eh nichts.
Eben.