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Ausschreitungen in Athen eskalieren – Parlament stimmt neuen Sparmassnahmen zu

Heftige Proteste: Griechische Polizisten am Sonntagabend in Athen.
Heftige Proteste: Griechische Polizisten am Sonntagabend in Athen.
Bild: EPA/ANA-MPA

Ausschreitungen in Athen eskalieren – Parlament stimmt neuen Sparmassnahmen zu

09.05.2016, 00:0809.05.2016, 00:31
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Das Parlament in Athen hat am Sonntagabend nach einer zweitägigen hitzigen Debatte ein Gesetzesbündel mit neuen Sparmassnahmen gebilligt. Alle 153 Abgeordneten der Regierungskoalition votierten mit «Ja».

Für die Reformen stimmten die Abgeordneten der Regierungskoalition aus linker Syriza und den rechtspopulistischen Unabhängigen Griechen (Anel). 143 Abgeordnete der Oppositionsparteien votierten dagegen. Vier Abgeordnete waren abwesend. Das Parlament hat 300 Sitze. Damit sind weitere Rentenkürzungen und Steuererhöhungen gebilligt worden.

Aus Protest gegen neue Rentenkürzungen und eine Erhöhung der Einkommenssteuer haben in Athen Zehntausende vor dem Parlament demonstriert. «Stoppt das Sparmassnahmen-Fallbeil für unsere Renten», hiess es auf Transparenten. Einige Hundert Randalierer warfen am Sonntagabend Brandflaschen auf die Polizei, die Beamten setzten Tränengas ein. Tausende ergriffen die Flucht, die Lage beruhigte sich wieder.

Ausnahmezustand in Athen.
Ausnahmezustand in Athen.
Bild: EPA/ANA-MPA

Der griechische Regierungschef Alexis Tsipras hatte zuvor eindringlich um Zustimmung zum neuen Sparprogramm für sein Land geworben. Ohne Reformen werde das griechische Rentensystem zusammenbrechen, sagte er am Abend. «Das Rentensystem kann ohne eine weitreichende Reform nicht überleben», warnte Tsipras.

Tumult im Parlament

Das Parlament billigte Rentenkürzungen, mit denen 1,8 Milliarden Euro gespart werden sollen. Zudem sollen weitere 1,8 Milliarden Euro durch Steuererhöhungen in die Staatskassen fliessen. In den kommenden Wochen soll das Parlament auch über Erhöhungen der indirekten Steuern in Höhe von 1,8 Milliarden Euro entscheiden.

Die Sparmassnahmen sind Voraussetzung für weitere Hilfen seitens der Gläubiger des pleitebedrohten Landes. Die Finanzminister der Eurogruppe wollen dazu am Montag in Brüssel beraten.

Zur Demonstration vor dem Parlament hatte die kommunistische Gewerkschaft PAME aufgerufen. Die Polizei schätzte die Zahl der Demonstranten auf etwa 20'000. Auch im Parlament kam es während der Debatte zu Tumulten. Nach einem Streit mit heftigen Beschimpfungen zwischen Abgeordneten der rechtsextremistischen Partei Goldene Morgenröte und Ministern wurde die Sitzung für etwa 40 Minuten unterbrochen.

Zehntausende Griechen demonstrieren vor dem Parlament in Athen.
Zehntausende Griechen demonstrieren vor dem Parlament in Athen.
Bild: Yorgos Karahalis/AP/KEYSTONE

«Taschengeld statt Rente»

Schon am frühen Nachmittag forderten etwa 3000 Menschen, in ihrer Mehrheit Mitglieder linker Organisationen sowie Journalisten, auf dem Platz vor dem Parlament die Rücknahme des Gesetzes. «Für uns ist das (Gesetz) der Grabstein des Rentensystems, so wie wir es bislang kannten», sagte ein Demonstrant im griechischen Fernsehen. «Wir werden nur noch etwas Taschengeld statt unsere Rente bekommen», sagte eine Frau.

Die Sprecher der stärksten Oppositionspartei Nea Dimokratia (ND) warfen der Regierung in einer hitzigen Debatte vor, sie habe nicht den Mut, den staatlichen Bereich zu verkleinern statt Renten zu kürzen. ND-Chef Kyriakos Mitsotakis forderte Tsipras zum Rücktritt auf.

Er habe die Menschen belogen und keines seiner Versprechen eingehalten. Er habe versprochen, es werde keine Rentenkürzungen und keine Steuererhöhungen geben. Tsipras habe Zeit mit sinnlosen Gesprächen mit den Gläubigern verschwendet und damit bewirkt, dass noch mehr Sparmassnahmen für die Rettung Griechenlands notwendig wurden. «Deswegen müssen Sie gehen, Herr Tsipras», sagte Mitsotakis. (cma/sda/dpa/afp)

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38 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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kliby
08.05.2016 17:34registriert September 2015
nachdem wir ja gesehen haben, dass 95% der 'hilfspakete' der eu und iwf zu den banken der geberländer flossen, ists verständlich, dass die bevölkerung dieses perfide spiel nicht mehr mitmachen will.
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_kokolorix
08.05.2016 20:31registriert Januar 2015
Wann sehen die Helden der nördlichen Eu Länder endlich ein, das die Banken welche Griechenland so lange so grosszügig riesige Kredite gaben mindestens die gleiche Schuld trifft und sie deswegen auf die Rückzahlung verzichten müssen.
Die Griechen müssten trotzdem rigoros umdenken, aber sie hätten wenigstens eine Chance sich aus eigener Kraft zu befreien.
Wann sehen die deutschen Steuerzahler endlich ein, dass sie von ihrer eigenen Regierung schamlos betrogen werden. Würden sie zustimmen ihren geliebten Bankern Jahr für Jahr dutzende von mia in den Allerwertesten zu schieben?
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bröter
08.05.2016 21:09registriert März 2016
Durch Sparen wurde noch nie eine Wirtschaftskrise überwunden.
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