Über Jahrzehnte schien es, als würde die Antarktis dem Trend der Erderwärmung trotzen. Während in der Arktis seit Jahren immer weniger Eis gemessen wurde, nahm die Ausdehnung am Südpol sogar leicht zu. Doch seit wenigen Jahren gibt es auch in der Antarktis eine andere Entwicklung: Seit 2016 liegt die Ausdehnung des Meereises meist unter dem langjährigen Schnitt.
Und aktuell ist sie gemäss Daten des National Snow and Ice Data Center an der US-Universität von Boulder (Colorado) gar so tief wie noch nie seit Beginn der Satellitenmessungen Ende der 1970er-Jahre. Bereits im Februar wurden Minusrekorde verzeichnet, nach einer kurzen Stabilisierung im April zeigen die Daten jetzt wieder massiv nach unten.
Zwar wächst die Eisdecke rund um den Südpol derzeit, schliesslich ist in der südlichen Hemisphäre Winter und im Südpolarmeer werden bei ständiger Dunkelheit Temperaturen von rund minus 40 Grad Celsius gemessen. Doch es bildet sich deutlich weniger Eis als in früheren Jahren. Am 26. Juli 2023 waren nur 14,36 Millionen Quadratkilometer der Antarktis mit Eis bedeckt. Das sind rund 2,35 Millionen Quadratkilometer weniger als im langjährigen Mittel von 1981 bis 2010. Zum Vergleich: Die Fläche, die fehlt, entspricht derjenigen von Grönland und damit fast 60 Mal der Fläche der Schweiz.
«Dies als beispiellos zu bezeichnen, ist nicht deutlich genug», sagt der australische Meereswissenschaftler Dr. Edward Doddridge gegenüber «ABC News» zur aktuellen Entwicklung in der Antarktis. «Für diejenigen unter Ihnen, die sich für Statistik interessieren: Dies ist ein Fünf-Sigma-Ereignis. Es handelt sich also um fünf Standardabweichungen vom Mittelwert. Das heisst, wenn sich sonst nichts geändert hätte, würden wir einen solchen Winter etwa alle 7,5 Millionen Jahre erwarten.»
Apologies in advance for not explaining this in any way, but here are the daily standard deviations for Antarctic sea ice extent for every day, 1989-2023, based on the 1991-2020 mean. Each blue line represents the SD's for a full year. Lighter is more recent.
— Prof. Eliot Jacobson (@EliotJacobson) July 24, 2023
2023 is in red. pic.twitter.com/C4lLug9mlL
Das Meereis in der Antarktis ist aus mehreren Gründen wichtig:
Über die genauen Gründe für die deutlich tiefere Meereis-Ausdehnung in der Antarktis rätselt die Wissenschaft derzeit noch. Doddridge glaubt, dass das Meereis sowohl mit der Atmosphäre als auch mit dem Meer verbunden ist. «Über Tage und Wochen hinweg ist die Atmosphäre am wichtigsten, über Jahre und Jahrzehnte dominiert jedoch der Ozean.» Deswegen sei es wahrscheinlich, dass hauptsächlich der Ozean für den enormen Rückgang verantwortlich sei.
Eine im Fachmagazin «Nature Geoscience» veröffentlichte Studie aus dem Jahr 2019 erklärte den Rückgang des Meereises mit einer Verschiebung der Windmuster durch die globale Erwärmung. Sie führe dazu, dass mehr warmes Meerwasser mit dem antarktischen Eis in Kontakt komme.
Die Winde haben zudem Einfluss auf die Meeresströmungen, erklärt Johannes Feldmann, Glaziologe am Potsdam Institut für Klimafolgenforschung, gegenüber der ARD-Tagesschau. Die Wassermassen im Südmeer sind normalerweise stark geschichtet. Das tiefere Wasser hat einen höheren Salzgehalt und ist wärmer als das Oberflächenwasser. Doch wenn lange starke Westwinde vorherrschen, kann wärmeres Wasser an die Oberfläche gelangen – und dort die Bildung von Eis verhindern, so eine Hypothese.
Petra Heil, eine deutsche Meereis-Expertin am Australian Antarctic Division auf Tasmanien, glaubt, dass die deutlich tiefere Meereis-Ausdehnung in der Antarktis auf eine Kombination aus Veränderungen in der Atmosphäre und der Erwärmung der Meere zurückzuführen ist: «Das gesamte System ist stark gekoppelt. Wir wissen, dass in unseren Wettersystemen derzeit viel mehr Energie vorhanden ist, und das wirkt sich auch auf des Meereis in der Antarktis aus.»
Wie die meisten Experten-Gruppen geht auch Heil davon aus, dass die deutlich tiefere Meereis-Ausdehnung auf den vom Menschen verursachten Klimawandel zurückgeht. Das würden die Daten und Analysen eindeutig zeigen. Sie warnt gar vor einem «Tipping Point», einem sogenannten Kipppunkt. Nach der Definition des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung handelt es sich dabei um einen kritischen Schwellenwert, bei dessen Überschreiten es zu starken und teils unaufhaltsamen und unumkehrbaren Veränderungen kommt.
Gemäss Michael Sparrow, Leiter der Klimaforschung bei der Weltorganisation für Meteorologie WMO, wäre ein solcher Punkt der plötzliche Zusammenbruch des Westantarktischen Eisschilds. Wenn dieses Eis schmilzt, ist mit einem meterhohen Anstieg des Meeresspiegels zu rechnen. Das würde Millionen Menschen gefährden, die in Küstennähe leben. Sparrow beschwichtigt aber: «Derzeit gibt es keinen Beweis, dass wir bald irgendeinen Kipppunkt erreichen.» Die Entwicklung in der Antarktis sei aber «zutiefst beunruhigend».
In einem Punkt hatte Kachelmann im gestern publizierten Inteview recht, der Wille zum Handeln und die Umsetzung muss Top-Down erfolgen. Das wird die grösste Herausforderungen für die Demokratien der Welt und mit dem aktuellen Aufschwung der Rechten im Westen leider sehr schwer und unwahrscheinlich.
Die meisten Rechten halten die Klimakrise für eine Hysterie und sind nicht in der Lage, auf die Wissenschaft zu hören. Dass CO-2 die Atmosphäre anheizt, ist seit Jahrzehnten bekannt und trotzdem hat die Politik nichts gemacht, den Wandel blockiert auf Kosten uns aller. Ich verstehe jede Person, die sich festklebt, um damit mehr Druck auszuüben. Von oben kommt nichts, also muss von unten etwas kommen.
In Italien beispielsweise brennt der Süden, währenddem gleichzeitig der Norden von Mega-Gewittern mit tropenartigen Starkregen überschwemmt- und mit Eisböllern verprügelt wird!
Wer einen Fehler stur widerholt und auf die Spitze treibt, hat am Schluss noch EINE Chance: Um 180° wenden!