Es ist gefühlt das Jahr der Spin-offs. «House of the Dragon», «Rings of Power», «Better Call Saul», «Wednesay» und «Obi-Wan Kenobi» – um einige zu nennen. Disney kündigte ausserdem kürzlich eine ganze Reihe an Live-Action-Verfilmungen von Klassikern wie «König der Löwen», «Arielle» und «Peter Pan» an.
Bei Film- und Serien-Fans könnte langsam aber sicher der Verdacht aufkommen, dass Filmstudios faul geworden sind und keine originellen Ideen mehr haben. Aber ist das wirklich so, oder hat diese Strategie ganz andere Gründe?
Von einer erfolgreichen Show ein Remake zu produzieren, hat mit der Reduktion von Risiko zu tun, schreibt der Medienwissenschaftler Gerd Hallenberger. Filmstudios müssen viel Geld in neue Projekte investieren, obwohl die Erfolgschancen jeweils nur schwer kalkulierbar sind: «Auf jeden Hit kommen eine Vielzahl von Flops». Strategien, wie diese Flops vermieden werden können, sind daher sehr willkommen.
Da kommen Spin-offs und Remakes wie gerufen, da sie «bereits ein festes Publikum haben, das sich den Film garantiert ansehen wird», sagt Dr. Matthew Jones, Dozent für Filmwissenschaften im Interview mit Cosmopolitan. «Das ist keine Faulheit seitens der Produktionsstudios. Es ist einfach eine gute, solide finanzielle Logik.»
Bei Remakes muss nicht ein ganzes Team an Autoren bezahlt werden, das von Grund auf mit neuen Ideen aufkommen muss, sondern das Konzept besteht bereits. Dadurch ist man anderen Filmen theoretisch einen Schritt voraus.
Gerade Disney recycelt Klassiker immer wieder – erst kürzlich kam ein neuer «Pinocchio»-Film mit Tom Hanks heraus. Weitere Beispiele sind «Cruella», was ein Prequel von «101 Dalmatiner» aus 1996 ist und die 2017 Neuverfilmung von «Die Schöne und das Biest» mit Emma Watson.
Für Disney liegt dieses Remake-Modell auf der Hand. Da es sich um eigene Projekte handelt, die wiederbelebt werden, fallen schon mal die Kosten für den Kauf der Filmrechte weg (diese Möglichkeit haben Studios wie Netflix oder Apple TV+, die es noch nicht so lange gibt, nicht). So kann Disney einfach auf eine bereits existierende Geschichte zurückgreifen und diese mit etwas CGI, einer berühmten Schauspielerin in der Hauptrolle und einem tollen Soundtrack ansprechend an ein modernes Publikum vermarkten.
CNBC berichtete, dass Disney zwischen 2010 und 2019 rund sieben Milliarden US-Dollar allein an Remakes von Klassikern verdiente. Die Neuverfilmungen des letzten Jahrzehnts haben den Erfolg ihrer Vorgänger an den Kinokassen weit übertroffen. So spielte «Die Schöne und das Biest» 1991 weltweit 424,9 Millionen Dollar ein, 28 Jahre später spielte das Remake 1,2 Milliarden Dollar ein.
Ein Teil dieses Erfolgs beruht auf der Verbundenheit des Publikums mit dem Originalfilm. Ein weiterer Faktor ist, dass Filme heutzutage viel weiter distribuiert werden.
Während dieser Remake-Trend für die Zuschauenden frustrierend sein kann, gibt es die Ansicht, dass er den Filmemachern mehr Kreativität bei anderen Projekten ermöglicht. Prequels, Sequels, Reboots und Remakes sind in der Regel finanziell so gut abgesichert, dass sie Flops von riskanteren Projekten ausgleichen. Das ermöglicht Studios, Filme und Serien in Angriff zu nehmen, die sie sonst nicht umsetzen würden.
Zu diesen riskanten Projekten gehörte einst auch der Netflix-Hit «Squid Game». Der Schöpfer der koreanischen Serie wurde ein Jahrzehnt lang von Studios abgewiesen. Um sich auf ein brandneues Konzept wie dieses einzulassen, müssen sich Studios zuerst sicher sein, dass sie mit anderen Projekten Geld verdienen. Also setzten sie auf bekannte Geschichten und Franchises.
Auch in Zeiten grosser wirtschaftlichen Umbrüche setzt Hollywood auf Remakes, Fortsetzungen und Neuverfilmungen. So zum Beispiel nach der Terrorattacke am 11. September, der Finanzkrise in 2008, und momentan leben wir durch die ökonomischen Folgen der Corona-Pandemie.
In solchen Situationen hat das Publikum oft auch weniger Geld, und Hollywood weiss, dass die Kinokartenverkäufe deshalb zurückgehen werden. Infolgedessen sinkt die Risikobereitschaft der Studios und sie wenden sich sicheren Investitionen zu.
Solange die Neuverfilmungen und Spin-offs gut laufen und sie die Kassen der Studios klingeln lassen, werden solche Filme und Serien auch weiter produziert werden.