Willkommen im 2024! Und prompt orakeln uns Marktanalysten, Mediensprecher, Blogger und Food-Influencer aller Couleur wieder einmal vor, welche Trends unser Essverhalten revolutionieren werden.
Vielleicht.
Denn, wenn das Hive Mind des Internets Tendenzen erkennt und benennt, gilt: Nicht überall sind diese vorherrschend. Und dort, wo es sie tatsächlich zu beobachten gibt, werden sie jeweils mit unterschiedlichem Enthusiasmus aufgenommen. Doch Veränderungen wären ja an sich willkommen, und Abwechslung ohnehin. Für 2024 werden die folgenden Trends vermehrt genannt:
Nachdem Fleischalternativen allgegenwärtig geworden sind, besinnen wir uns allmählich wieder darauf, dass «plant based» sehr wohl «pflanzlich» bedeuten sollte. So soll der Trend wieder zu Burger und Co. gehen, die erkennbar aus Gemüse, Pilzen oder Baumnüssen sind, statt aus nebulösen Sojaproteinkulturen oder dergleichen. Weshalb einen vermeintlichen Fleischgeschmack nachäffen, wenn doch Gemüse derart fein ist? Ikea macht's mit ihren Veggie-Dogs seit Langem vor.
Guckt, «Europe's first Filipino Ice Cream Parlour» steht da auf dem Plakat. Entstanden ist das Bild bereits 2022 in London. Glaubt man der Trendforschung, dürfte obiger Claim längst nicht mehr zutreffen, denn Ube, jenes schmackhafte Wurzelgemüse aus den Philippinen, mit dem sich diverse feine Desserts zubereiten lassen, ist allüberall (oder: alluberall. Hihi). Und, ja, nicht zuletzt dürfte dies aufgrund seiner leuchtend violetten Farbe sein, die, – seien wir ehrlich – sich perfekt für Insta und TikTok und Co. eignet.
Ube ist nur ein Beispiel für einen weiter greifenden Trend: Mehr und mehr asiatische Zutaten werden zur Norm. Bei innovativen Fusion-Food Restaurants, wo mediterrane Gerichte mit fernöstlichen Zutaten kombiniert werden, etwa. Ebenso wie im Snack-Segment: Donuts mit Milk-Tea-Füllung, black sesame cookies und Konsorten. Und nicht zuletzt auch privat zu Hause, wo Misopaste oder Gochujang im Kühlschrank immer mehr zum Standard gehören.
Auch diesen Trend haben wir wohl dem asiatischen Einfluss zu verdanken: Nordamerikanische Verkaufsstatistiken entlarven nämlich seit Jahren eine kontinuierliche Zunahme an scharfen Speisen. In Europa scheint sich dies ebenfalls zu bestätigen. Im Snacks-Segment erspäht man immer mehr Knabberzeugs, das mit «Hotter Than Hell» oder «Inferno» angeschrieben ist; die Auswahl an frischen Chilis im örtlichen Supermarkt erweitert sich stetig, und die der mexikanischen Hot Sauces ebenfalls. Auch erweist sich die Kombination der Geschmacksrichtungen süss und scharf (Schokolade mit Chili, Honig mit Chili usw.) als immer beliebter. Oder anders ausgedrückt: Die lange belächelten white people mit ihrem faden Essen gleichen sich langsam aber sicher dem globalen Spiciness-Standard an.
Unmittelbar nach der Pandemie machte sich erstmals ein Trend bemerkbar: weg von leichteren Cocktails mit viel Spritz und Spruz hin zu den big classics mit starkem Alkoholgehalt. Drinks, die man gerne langsam trinkt und in Ruhe geniesst: Negroni. Old Fashioned. Und vor allem: Dry Martini. Gin, ein wenig Vermouth, vielleicht ein Tröpfchen Bitters ... Manchmal ist weniger mehr.
Bloss ... nicht ganz. Der aktuell anhaltende Trend geht ganz klar in Richtung Variationen und Abwandlungen: Dirty Martini. Pickleback Martini. Espresso Martini und Pornstar Martini. Und die allerneuste Abwandlung hört sich nach ...– naja – Hauptmahlzeit an.
Oder, wie es Time Magazine ausdrückt: Dinner in a drink. Dank Infusionsmethoden wie «fat-washing» oder «clarification» erhalten Cocktails – allen voran Martinis – vermehrt Umami-Geschmacksnoten: Parmesan, Bratspeck, Olivenöl, Southern Fried Chicken – Prosit!
«What's old is new. If you know, you know.» Jaja, logo: Essen ist und war schon immer emotional. Grosis Hackbraten mundet am meisten. Klar, dass Nostalgie einen festen Platz in Essensvorlieben hat. Und heuer sollen es die Menus der Neunzigerjahre sein, die einen Comeback erleben dürften. Sagt man, zumindest. In den USA macht sich dies in Form von Neuauflagen von Neunzigerjahre-Frühstückszerealien bemerkbar – wohl, weil die Neunzigerjahre-Kids nun selber Kinder haben und dies als willkommene Ausrede sehen, wieder mal der Leckereien der eigenen Kindheit zu frönen. Ob sich dieser Trend hierzulande durchsetzt? Die kulinarischen Neunzigerjahre in unseren Breitengraden waren Rucola, Olivenbrot, Lachs-Spaghetti und Carazza, die Hosentaschenpizza. Aber das gibt's eigentlich alles noch.
Okay, letztendlich sind das alles Mutmassungen. Eine Frage aber bleibt interessant:
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