Trinkschokolade, die Schoggi-Tafel, die Milchschokolade gar – erfunden wurden sie alle ausserhalb der Schweiz. Doch den technischen Innovationen erfinderischer Schweizer im 19. Jahrhundert ist es zu verdanken, dass die Schweizer Schokolade ihren heutigen Ruf geniesst als beste der Welt. Eine kleine Schokoladen-Historie im Schnelldurchlauf:
«Erfunden» ist freilich eigentlich der falsche Begriff, denn hier geht es um die Domestizierung der Kakaopflanze und die Verarbeitung derer Bohnen zu einem Nahrungsmittel. «Erfinder» wären somit die Mesoamerikaner, denn Belege für die Domestizierung der Kakaopflanze gibt es bereits um 3300 v. Chr. im Amazonasgebiet im Südosten Ecuadors durch die Mayo-Chinchipe-Kultur. Bald wurde Kakao in Mittelamerika eingeführt und erlangte dort erstmals grössere kulturelle Bedeutung bei den Mayas. Diese verwendeten Kakaobohnen zur Zubereitung eines bitteren Getränks, dem Xocolātl, der wohl ersten Form von Trinkschokolade. Dieser Schokotrank galt als Elitegetränk und war für Adelige und Krieger reserviert, denn er galt als Geschenk der Götter und wurde als Zahlungsmittel sowie für medizinische und zeremonielle Zwecke verwendet.
Schokolade war eines der wichtigsten Getränke der späteren Azteken, die sie ebenfalls als Elite-Produkt handelten, unter anderem weil – fälschlicherweise – angenommen wurde, dass sie halluzinogen wirkt. Die Azteken betrachteten Kakao als ein Geschenk des Gottes Quetzalcōātl, und die Kakaobohne wurde als Symbol für das menschliche Herz verwendet, das bei Menschenopfern entnommen wurde.
Die Trinkschokolade, wie sie jahrhundertelang von den Maya und später den Azteken konsumiert wurde, hat freilich nichts mit der heissen Schoggi, wie wir sie heute trinken, zu tun. Das Getränk bestand aus gegrillten und gemahlenen Kakaobohnen, die mit Wasser und Gewürzen vermengt wurden. Der beliebteste Zusatz in ganz Mesoamerika war getrockneter und gemahlener Chili, aber auch Zutaten wie Honig, getrocknete und gemahlene Vanille oder Blüten und Annatto wurden hinzugefügt.
Gleich geht es mit der Geschichte der Schokolade weiter, zuerst aber eine kurze Werbeunterbrechung:
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Ja, wieder ist hier «erfunden» der falsche Begriff, denn die Europäer übernahmen hier etwas, das die Mesoamerikaner seit Jahrhunderten konsumierten. Der erste Kakao erreichte Europa bereits mit Christoph Kolumbus, der sie von seiner vierten Amerika-Expedition mitbrachte. Allerdings waren dies unverarbeitete Bohnen, und niemand wusste, was damit anzufangen. Die Einführung von Trinkkakao am spanischen Hof erfolgte 1544 durch Qʼeqchiʼ-Adelsleute, die von Dominikanermönchen nach Spanien gebracht wurden. Nach der Zugabe von Honig und Rohrzucker wurde daraus ein Getränk mit wachsender Beliebtheit. Im 17. Jahrhundert konsumierte die spanische Ober- und Mittelschicht Schokolade zum Frühstück und nach dem Abendessen, nach einem Glas kaltes Wasser.
Von Spanien aus verbreitete sich die Schokolade in andere europäische Länder – zuerst nach Portugal und zwischen 1600 und 1660 nach Italien, Frankreich, der Schweiz, Belgien, Deutschland und Grossbritannien. Bald etablierte sich Frankreich als grösster Markt Europas – dies wiederum eine Folge der Beliebtheit von Trinkschokolade am Königshof, nachdem Anne d'Autriche, die Tochter des spanischen Königs Philipp III. und Königin von Frankreich von 1615 bis 1643, diese in Frankreich einführte. So war es auch in Frankreich, wo es Standard wurde, Schokolade mit Milch und vorzugsweise heiss zu trinken.
Der massive Einfluss und Erfolg dieser spezifisch französischen Art des Schokoladenkonsums zeigt sich auch darin, dass viele der ältesten Schweizer Schokoladenhersteller im französischsprachigen Teil des Landes starteten und meist mit Hauptprodukten, die zu den typisch französischen Trinkschokoladen-Varianten gehörten.
Bis und mit 18. Jahrhundert wurde Schokolade ausschliesslich als Getränk konsumiert. Die allererste Schokoladentafel wurde 1847 von J.S. Fry & Sons, einem Geschäft in Bristol in England, entworfen. Der Chocolatier Fry kombinierte Kakaobutter, Schokoladenlikör und Zucker zu einer festen, giessbaren Form und stellte in der Folge den ersten massenproduzierten Chocolate Bar her und damit das, was wir heute alle mit dem gängigen Begriff «Schokolade» in Verbindung bringen.
Interessant: Alle grossen englischen Schokoladenhersteller, die auf diese Zeit der industriellen Revolution zurückgehen – Cadbury aus Birmingham, Rowntree's aus York und Fry's aus Bristol –, waren Quäkerfamilien. Ihr Erfolg beruhte auf dem Ruf bei der allgemeinen Bevölkerung eines höheren Moralverständnisses – die Quäker waren Abstinenzler, Pazifisten und waren gegen die Sklaverei. Diese empfundene höhere Vertrauenswürdigkeit in einer Zeit, in der es kaum Lebensmittelsicherheitsvorschriften gab, ermöglichte es einem damals neuen Produkt, allgemeine Akzeptanz bei einer anfänglich skeptischen Kundschaft zu finden.
Die Franzosen setzten Trinkschokolade durch, die Engländer erfanden den Schoggistängel ... Doch wo bleiben die Schweizer? Nun, die erste Schokoladenfabrik der Schweiz wurde 1819 von François-Louis Cailler eröffnet. Ihr Hauptprodukt: Trinkschokolade nach französischer Tradition. Doch die Schweizer glänzten bald einmal mit technischen Innovationen, welche die Industrialisierung der Schokoladenherstellung vorantrieben. Im Jahr 1826 erfand der Schweizer Schokoladenhersteller Philippe Suchard den Mélangeur – eine Maschine zur Vermengung von Zucker und Kakaopulver.
Der Waadtländer Chocolatier und Unternehmer Daniel Peter, der 1875 erfolgreich Kakao, Zucker und Kondensmilch zu fester Schokolade verarbeitete, galt lange Zeit als der Erfinder der Milchschokolade. Inzwischen gilt aber als gesichert, dass die erste Milchschokolade bereits 1839 auf dem Markt war. Dem sächsischen Schokoladeunternehmen Jordan & Timaeus aus Dresden gelang damals die Produktion einer halbfesten Schokolade aus Eselsmilch (bis gegen Ende des 19. Jahrhunderts war in Deutschland Eselsmilch preiswerter als Kuhmilch).
Nichtsdestotrotz ist wohl trotzdem Daniel Peter für den Grosserfolg von Milchschokolade, wie wir ihn heute kennen, verantwortlich. Anfänglich noch Betreiber einer Kerzenfabrik, heiratete er 1863 Fanny-Louise Cailler, die älteste Tochter des Chocolatiers gleichen Namens, und kam so zur Schokolade. Mit der Hilfe seines Nachbarn und Freundes Henri Nestlé und dessen Säuglings-Milchpulver versuchte Peter ab 1867, feste Milchschokolade herzustellen. Nach jahrelangem Experimentieren gab er 1873 die Idee mit dem Milchpulver auf und versuchte es mit Kondensmilch. 1875 schliesslich hatte er eine Milchschoggi entwickelt, die beim Publikum zu einem Grosserfolg wurde. 1879 schlossen Daniel Peter und Henri Nestlé eine Partnerschaft, aus der die Nestlé Company hervorging.
Fast noch wichtiger für den damals einsetzenden weltweiten Erfolg von Schweizer Schokolade war die Erfindung der Conchiermaschine anno 1879 durch Rodolphe Lindt: Die bis dahin übliche brüchig-sandige Konsistenz der handelsüblichen Schokoladen erhielt dadurch die heute noch geschätzte feincremige, zartschmelzende Struktur.
Auf diese Frage lautet die Antwort endlich zweifelsfrei: die Schweizer. Die erste kommerzielle weisse Schokolade, Nestlé Galak (in englischsprachigen Ländern als Milkybar bekannt), wurde 1936 von Nestlé auf den Markt gebracht. Laut Nestlé soll zuvor die weisse Schokolade ursprünglich als Überzug für ein Vitaminpräparat gedient haben, welches das Unternehmen gemeinsam mit dem Pharmakonzern Roche herstellte.
Eigentlich unterscheidet sich weisse Schokolade nur durch eine einzige Zutat von brauner Vollmilch-Schokolade: Weisse Schoggi enthält kein Kakaopulver. Beide enthalten Kakaobutter (das weisse Fett der Kakaofrucht), doch statt des dunklen Kakaopulvers verwendet man für weisse Schokolade einfaches Milchpulver und mehr Zucker. Dadurch behält die weisse Schokolade ihre helle Farbe. Da eine echte Schokolade per Definition immer Kakaopulver enthalten muss, ist weisse Schokolade streng genommen gar keine.