Für uns kulinarisch Interessierten ist das Internet eine wahre Goldgrube. So auch für meinen Sohn, der sich gefühlt nur noch auf kantonesischsprachigen YouTube-Kanälen bewegt (zum Glück gibt's Untertitel!). Dort bekommt man authentische chinesische Regionalküche vorgeführt und nicht dieses panasiatische Wischiwaschi, das einem hierzulande aufgetischt wird.
Und es ist ein solcher Clip, den ich eines Morgens zugeschickt bekomme, mit der Nachricht, «Next Christmas lunch, Dad?»
Hierbei handelt es sich um ein Video eines jungen Kochs namens Wang Gang, der uns ein «hard core dish» verspricht ... aber dazu unten mehr.
Chef Wangs YouTube-Channel ist eine kulinarische Entdeckungsreise in die Regionalküchen Chinas und bietet diverseste Rezepte. Grossartiges Zeugs wie pineapple egg fried rice, etwa:
Oder cucumber and preserved egg salad:
Ein gern gesehener Gast ist Wangs kurliger Onkel, der Gourmand der Familie:
Mitunter werden spannende Kochmethoden gezeigt. Hier etwa, Fischfilets auf heissen Flusssteinen:
Ebenfalls geht Chef Wang auf technische Details ein: weshalb er neben seiner Kochstelle ständig laufendes Wasser hat, etwa, oder wieso ein traditionelles chinesisches Baumstamm-Schneidebrett Sinn macht. Ebenfalls gibt's einen kompletten Ratgeber für chinesische Küchenmesser.
Zurück zum eingangs erwähnten Clip, der mir vom Sohnemann zugespielt wurde:
Hierzulande würde sowas unter «Nose to Tail»-Gastro-Trend laufen. In der traditionellen chinesischen Küche ist es schlicht Common Sense: Wird ein Stier geschlachtet, wird dieser möglichst ökonomisch verwertet – und in möglichst schmackhafte Gerichte verwandelt.
Nun, wem es beim obigen Anblick etwas mulmig wurde, sollte sich in Erinnerung rufen: Hey, Kalbskopf kennt man auch bei uns. Bloss verdrängen wir gerne mal die Realität der Zubereitung. Nicht so bei Chef Wang. Hier sieht man den gesamten Zubereitungsprozess, auch die ekligen Aspekte.
Ebendiese durch und durch ehrliche Haltung ist Chef Wangs USP. Schaut man bei seinen beliebtesten Videos nach, findet man einige Rezepte mit aus unserer Sicht etwas ungewöhnlicheren Zutaten. Etwa:
Ochsenfrosch, ...
... Riesensalamander ...
... oder Bambusratte.
So. Und bevor nun irgendwer «ewwwwww» ruft, so sehen die fertigen Gerichte aus:
Bambusratte? Die ist genauso wuschelig wie ein artverwandtes Kaninchen, das wir hierzulande ohne mit der Wimper zu zucken essen würden. Und hey, Frösche werden auch in Europa gegessen, gellet.
Aus unserer Sicht verstörend ist gewiss, dass Chef Wang jeweils mit dem lebenden Tier beginnt. Denn dies zwingt uns, unser Konsumverhalten zu überdenken. Es ist die alte Leier: Mögen wir unser Saftplätzli nur, weil wir den Schlachtprozess ausblenden können? Da ist Chef Wang brutal ehrlich. Das ist Esskultur ohne Weichzeichner.
Nein, ich werde mich in näherer Zukunft kaum auf die Suche machen nach organically farmed live Chinese giant salamanders. Als faszinierender Einblick in die traditionelle chinesische Kochkultur ist Chef Wangs YouTube-Channel aber genial.
Und ausserdem koche ich mir demnächst:
Stir fried pork with chili, ...
... spicy and sour celery salad, ...
... eggplant dragon on a plate (schon beim Rezepttitel hat man gewonnen) ...
... und dry pot cauliflower (das Rezept beinhaltet drei verschiedene Arten von Chilis und ist garantiert eine Wucht).