Am 20. August 1989 wurden José und Mary Louise Menendez in ihrem Haus in Beverly Hills erschossen vorgefunden. Ganze sieben Jahre dauerte es daraufhin, bis ihre beiden Söhne, Lyle und Erik Menendez, für den Mord am Ehepaar verurteilt wurden. Und zwar zu je zweimal lebenslänglicher Haft. Die True-Crime-Netflix-Serie «Monster» erzählt nun die Geschichte der Menendez-Brüder – die um einiges komplizierter ist, als sie auf den ersten Blick scheint.
Bis heute, 34 Jahre nach ihrer Festnahme, beharren die Brüder nämlich darauf, dass sie ihre Eltern aus Selbstverteidigung getötet haben. So sei die Familie Menendez, die den perfekten amerikanischen Traum zu leben schien, alles andere als perfekt gewesen.
Der Vater, José Menendez, wurde in Kuba geboren und wanderte in den 1950er-Jahren in die Vereinigten Staaten aus. Dort stieg er vom Tellerwäscher zum erfolgreichen Unternehmer auf und heiratete Anfang der 1960er-Jahre die Schönheitskönigin Mary Louise Andersen, die alle Kitty nannten. Die beiden zogen nach New York, wo José Chef von RCA Records wurde, und bekamen ihre Söhne Lyle (1968) und Erik (1970).
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José war ein erfolgreicher Mann und als er ein Angebot aus der Filmbranche bekam, zog er mit seiner Familie nach Los Angeles. Es war das Haus, in dem er und seine Ehefrau dann auch ihr tragisches Ende finden sollten. Die Villa befand sich in einer der exklusivsten Gegenden von Beverly Hills und wurde bereits von Stars wie Michael Jackson und Elton John bewohnt.
@freyzel_productions Inside the famous Menendez house in Beverly Hills, California. This was the site of one of the most notable crimes in the country. This home is for sale right now and these photos were taken during an open house. #menendezbrotherscase #crime #beverlyhills #california ♬ original sound - Freyzel Productions
So erfolgreich wie ihr Vater waren auch Lyle und Erik Menendez. Lyle war ein Tennisstar und schien laut Aussagen vor Gericht seinen Vater offen zu verehren und deswegen auch einen Job im Wirtschaftsbereich anzustreben. Erik erwies sich als noch besserer Tennisspieler und wurde ein nationaler Spitzensportler.
Dies geschah jedoch nicht ohne das Zutun seines Vaters. Dieser sei laut Berichten regelrecht besessen vom Erfolg seiner Söhne gewesen. «José schien so ehrgeizig zu sein, dass er alles tat, um ihn [Erik] besser zu machen», sagte der ehemalige Schwimmtrainer der Brüder gegenüber der «Los Angeles Times». Das hatte aber eher den gegenteiligen Effekt: «Erik hatte viel weniger Selbstvertrauen, weil alles, was er tat, nie gut genug war», so die Zeitung weiter.
Das führte ab 1988 dazu, dass der 18-jährige Erik und der 20-jährige Lyle gegen ihre Familie zu rebellieren begannen. Erik beteiligte sich an mehreren Einbrüchen und kam nur knapp einer Gefängnisstrafe davon. Das Gericht ordnete ihm jedoch eine Therapie bei Dr. Jerome Oziel an – eine wichtige Figur im späteren Mord-Prozess. Lyle schrieb sich an der renommierten Princeton Universität ein, wurde jedoch wegen Plagiats für ein Jahr suspendiert.
Am 20. August 1989 geschah es dann: José und Kitty Menendez wurden in ihrem Haus brutal ermordet. Brutal war es, da auf die Körper der beiden so oft geschossen wurde, dass man sie kaum noch erkennen konnte. 15 Schüsse aus zwei 12-Kaliber-Schrotflinten. Laut der «Los Angeles Times» ging die Polizei wegen der Brutalität des Mordes erst von einem Mafia-Angriff aus.
Bereits in der Tatnacht wurden die Menendez-Brüder verhört. Einstimmig sagten die Geschwister aus, dass sie auf dem Weg ins Kino waren, aber einen Zwischenstopp einlegen mussten, um Eriks Ausweis zu holen. Dabei hätten sie die Leichen ihrer Eltern entdeckt und den Notruf 911 informiert. Die Polizisten fanden den damals noch 18-jährigen Erik schluchzend auf dem Rasen vor dem Haus.
Verdächtig machten sich die Brüder dann aber erst in den darauffolgenden Monaten. So hätten sich die beiden nicht so verhalten, wie man es von zwei Menschen, die gerade ihre Eltern durch Mord verloren hatten, erwarten würde. Laut CNBC gaben die beiden in den sechs Monaten nach dem Mord 700'000 Dollar des 14-Millionen-Vermögens von José Menendez aus.
Zum Verhängnis wurde den beiden dann, dass Erik nach der Ermordung der Eltern wieder zu Dr. Oziel in Therapie ging. Es dauerte laut «Biography» nicht lange, bis er seinem Therapeuten gestand, seine Eltern zusammen mit seinem Bruder ermordet zu haben. In weiteren Therapiesitzungen schaffte es Oziel dann laut der« Los Angeles Times», Erik und Lyle auf Band aufzunehmen, wo sie den Mord an ihren Eltern gestanden.
Dr. Oziel war zu dieser Zeit aber selbst in einer misslichen Lage. So betrog er gerade seine Ehefrau Laurel Oziel mit einer Frau namens Judalon Smyth. Seiner Affäre vertraute er die Geschichte der Menendez-Brüder an, was sie später zu einer der wichtigsten Zeuginnen im Prozess machte.
Wie «Vanity Fair» schrieb, hatten Smyth und Oziel eine schwierige Beziehung. Sie meinte, dass er kontrollierend und missbräuchlich gewesen sei. Als es angeblich zu einem körperlichen Angriff gekommen sei, alarmierte Smyth die Polizei in Beverly Hills und verriet, dass die Menendez-Brüder den Mord an ihren Eltern gestanden hätten und sie dafür Beweise auf Tonband hätte. Die Brüder wurden daraufhin im März 1990 verhaftet.
Somit begann der erste Menendez-Prozess, der zu einem der berühmtesten Kriminalfälle des späten 20. Jahrhunderts wurde. Das, weil der Gerichtsfall einer der ersten war, der mit Radio und Fernsehen begleitet wurde. In den USA fieberten Menschen jahrelang fast schon obsessiv mit den Geschwistern mit, und Erik und Lyle wurden zu regelrechten Berühmtheiten.
Weil es zunächst zwei Jahre dauerte, um zu klären, ob die Tonaufnahmen von Dr. Oziel als Beweismittel benutzt werden durfte, begann der erste Prozess erst 1993. Dabei durfte eine der drei Aufnahmen verwendet werden, auf welcher Lyle den Mord an den Eltern gestand.
Die Staatsanwälte waren überzeugt davon, dass die Menendez-Brüder ihre Eltern wegen des Erbes ermordet hätten. Lyle und Erik beharrten jedoch darauf, dass sie aus Selbstverteidigung getötet hatten. Sie sagten aus, dass ihr Vater nicht nur hohe Erwartungen an sie gehabt, sondern sie auch emotional und sexuell missbraucht hätte. José habe sich an Lyle im Alter von 6 bis 8 Jahren und an Erik im Alter von 6 bis 18 Jahren vergriffen.
Eriks Anwalt Leslie Abramson arbeitete während des Prozesses mit Lyles Anwalt Gerald Chaleff zusammen. Beide wurden durch das Gerichtsverfahren zu Berühmtheiten. Abramson argumentierte, die Brüder hätten in Notwehr gehandelt, nachdem sie in einem so gewalttätigen und traumatisierenden Zuhause aufgewachsen seien. Lyle sagte daraufhin aus, dass er seinen Vater kurz vor dem Mord mit den sexuellen Übergriffen konfrontiert hätte. Dieser habe ihm daraufhin mit dem Tod gedroht, sollte er die Übergriffe öffentlich machen.
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Auch die Mutter der beiden, Kitty, kam im Prozess nicht gut weg. Sie sei ein Schatten einer Frau gewesen, die mit Alkoholismus und Drogenmissbrauch zu kämpfen hatte, so die Verteidigung der Brüder. Sie habe von den Übergriffen an ihren Söhnen gewusst und dazu nur gesagt, sie sollen nicht übertreiben und dass ihr Vater sie liebe. Kitty sei zudem an den unzähligen Affären, die José gehabt hätte, zerbrochen.
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Auf den Aufnahmen von Dr. Oziel sagte Lyle dazu, dass sie ihre Mutter «von ihrem Leid erlösen» wollten, das ihr Ehemann ihr zufügte, und er ihre Mutter getötet hatte, weil sie und José «wie eine Person» waren. Es war auch immer wieder Thema, dass sie ebenfalls an dem Missbrauch der Brüder beteiligt war.
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Nach sechs Monaten war der erste Prozess durch. Eine Entscheidung gab es jedoch nicht. Das Gericht konnte sich nicht einigen, ob die Brüder ihre Eltern ermordet oder aus Selbstverteidigung gehandelt hatten. Es wurde ein zweiter Prozess im Jahr 1995, wieder mit beiden Brüdern, angesetzt.
Der zweite Prozess wurde deutlich weniger in der Öffentlichkeit diskutiert, da der Richter im Gerichtssaal keine Kameras erlaubte. Wie die «New York Times» schrieb, fand der Richter, dass es nicht genügend Beweise dafür gab, dass die Brüder Opfer von sexueller Gewalt waren. Zur Verteidigung wurde dann die Cousine von Erik und Lyle, Diane Vander Molen, in den Zeugenstand gerufen.
Molen sagte laut ABC News aus, dass sie keinen Zweifel daran hätte, dass die Eltern der Brüder sie sexuell missbraucht hatten: «Ich weiss, dass sie das, was sie getan haben, niemals getan hätten, wenn sie geglaubt hätten, sie hätten eine andere Wahl. Das glaube ich ganz fest», so die Verwandte.
Die junge Diane Molen verbrachte den Sommer jeweils bei der Familie Menendez. Sie sagte bereits beim ersten Prozess aus, dass Lyle ihr im Sommer 1976 den sexuellen Missbrauch anvertraut habe. Damals war Lyle gerade 8 Jahre alt und Vander Molen 17. Dabei erzählte sie:
Vander Molen sagte, sie habe Kitty Menendez daraufhin eingeweiht, doch sie habe gespürt, dass diese ihr nicht glaubte. «Sie ging nach unten. Lyle war bereits in das Bett neben mir gestiegen. Sie riss ihn am Arm und brachte ihn wieder nach oben. Ich habe nie wieder etwas davon gehört.»
Überraschenderweise sagte auch Judalon Smyth, die Affäre des Therapeuten Oziel, im zweiten Prozess erneut aus – und zwar zur Verteidigung der Brüder. Smyth beharrte darauf, dass Dr. Oziel die Brüder manipuliert und so zu den Geständnissen auf den Aufnahmen gezwungen habe. So sagte Smyth laut «New York Times» aus, dass der Therapeut den Brüdern versichert hätte, dass er sie nur aufnehme, damit sie reumütig klingen würden, wenn sie erwischt würden.
Judalon Smyth erhob in ihrer Aussage zudem selbst zahlreiche Missbrauchsvorwürfe gegen Jerome Oziel. Er habe sie geschlagen, missbraucht, unter Drogen gesetzt und habe versucht, sie zu hypnotisieren. Davon gab es auch tatsächliche Aufnahmen, die Smyth heimlich gemacht hatte.
Die Aussagen von Diane Vander Molen und Judalon Smyth waren aus Sicht der Angeklagten jedoch erfolglos. Lyle und Erik Menendez wurden am 21. März 1996 wegen zweifachen vorsätzlichen Mordes zu je zweimal lebenslanger Haft ohne Bewährung verurteilt.
Die Brüder kamen bis 2018 in getrennte Gefängnisse. Seither sind sie gemeinsam in der RJ Donovan Correctional Facility in San Diego.
Lyle Menendez ist heute 56, Erik Menendez 53 Jahre alt. Beide sind weiterhin in Haft. Der Journalist Robert Rand berichtet seit 1989 über den Fall der Menendez-Brüder. Gegenüber dem True-Crime-Blog A&W meinte er, dass die beiden im Gefängnis andere Häftlinge, die sexuellen Missbrauch erlitten haben, in Selbsthilfegruppen unterstützen.
Beide Brüder sind zudem unterdessen laut «Biography» verheiratet. Erik heiratete 1999 seine Gefängnis-Brieffreundin Tammi Saccoman. Lyle heiratete erst das Model Anna Eriksson, die sich von ihm scheiden liess, als sie herausfand, dass er noch in Kontakt mit anderen Frauen war. Heute ist Lyle mit der Journalistin und Anwältin Rebecca Sneed verheiratet.
Seit Beginn des ersten Prozesses bekommen die Menendez-Brüder grosse Unterstützung von Menschen in ganz Amerika. Auf TikTok gibt es Dutzende User, die die Geschichte der Menendez-Brüder verbreiten und sich für ihre Freisprechung einsetzen.
@menendezofficial1 Erik’s testimony is truly heart-wrenching. Same with Lyles testimony. Its said that to this day these boy’s are bullied and mocked. They had their whole case telivised, which meant the whole world, had to find out about their twisted family secret. And instead of sympathising they was both mocked, bullied and made fun of in talk shows etc. Another victim of Jose Menendez has come forward, so i really hope it openes some of your eyes, and you realise that Erik & Lyle was telling the truth this whole time. 33 years is far too long. Enough time has been server! #freethemenendezbrothers #justiceforthemenendezbrothers #menendezbrothers #erikmenendez #lylemenendez #foryou #foryoupage #fyp #menendez #menendezjustice #fypシ #viral #victim #justice #truecrime ♬ cry - eoiivy
Zudem kommen immer wieder neue Beweise ans Licht, die den Menendez-Fall neu aufrollen lassen. 2023 hat der Sänger Roy Rosselló laut «Latin Post» José Menendez ebenfalls der sexuellen Nötigung beschuldigt. Er war Teil der Boyband Menudo, die bei José unter Vertrag gestanden hatte. Zeugen wie er geben den Menendez-Brüdern immer wieder Hoffnung auf eine frühere Entlassung – bisher erfolglos.
Warum werden in Amerika Zeugen- und Aussagen von angenommenen und tatsächlichen Tätern gefilmt und öffentlich gemacht? Da ist der Pranger nicht mehr weit weg (für alle Beteiligten).
Und Aufnahmen von einer Therapie auf tiktok öffentlich zugänglich?
Und dieses ganze Zurschaustellung von solchen Tragödien…
Ich finde es nur eklig. Für mich die heutige Version von „panem et circenses“…