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Fachleute wollen Anerkennung von Klimakrise als Gesundheitsnotstand

Aufruf aus der Wissenschaft: WHO soll Klimakrise als Gesundheitsnotstand anerkennen

26.10.2023, 15:4626.10.2023, 15:50
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Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) sollte die Klima- und Naturkrise nach Auffassung von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus aller Welt zum Gesundheitsnotstand erklären. Mehr als 200 wissenschaftliche Fachjournale veröffentlichten gleichzeitig einen Aufruf, dies noch vor der nächsten Weltgesundheitsversammlung im Frühjahr 2024 zu tun. Dazu gehören renommierte Magazine wie «The Lancet» und «The British Medical Journal» («BMJ»).

«Die Klimakrise und der Verlust der biologischen Vielfalt schädigen beide die menschliche Gesundheit, und sie sind miteinander verknüpft.»
Chefredakteur «The British Medical Journal»

Es sei ein gefährlicher Fehler, die Klima- und die Naturkrise separat zu betrachten, heisst es in dem Aufruf. «Die Klimakrise und der Verlust der biologischen Vielfalt schädigen beide die menschliche Gesundheit, und sie sind miteinander verknüpft», teilte «BMJ»-Chefredakteur Kamran Abbasi mit. «Deshalb müssen wir sie gemeinsam betrachten und einen globalen Gesundheitsnotstand ausrufen. Gesundheitsexperten (...) kommt eine zentrale Rolle zu, wenn es darum geht, diese wichtige Botschaft zu vermitteln und sich dafür einzusetzen, dass die Politiker den globalen Gesundheitsnotstand erkennen und dringend Massnahmen ergreifen.»

Kriterien für Gesundheitsnotstand

Die WHO habe den Klimawandel und die Luftverschmutzung seit Jahren als globale Krise bezeichnet, die die Gesundheit beeinträchtigt, teilte ein WHO-Sprecher auf Anfrage mit. Zur Ausrufung eines Gesundheitsnotstands (PHEIC) seien klare Kriterien zu erfüllen, etwa dass ein Phänomen neu auftritt, ungewöhnlich ist und die Gefahr einer weltweiten Ausbreitung besteht.»

«Die Klimakrise findet leider schon seit Jahrzehnten statt und ist leider schon lange eine chronische globale Krise», so der Sprecher. Deshalb seien die technischen Voraussetzungen nicht erfüllt. Die Klimakrise verlange nach anhaltenden, langfristigen Interventionen, auch in Bezug auf die Gesundheit, dafür sei eine PHEIC-Deklaration aber nicht gedacht.

Gefahr für Krankheiten steigt

Der Klimawandel trage unter anderem mit steigenden Temperaturen und Extremwetter zur Ausbreitung ansteckender Krankheiten bei. Umweltverschmutzung schade Trinkwasserquellen, wegen der Versauerung der Meere würden Fische für den Verzehr rarer.

Der Rückgang der Artenvielfalt mache es schwerer, die Menschheit gesund zu ernähren. Mehr Siedlungs- und Agrarbau sowie das Vordringen in vorher naturbelassene Gebiete bringe die Menschen enger in Kontakt mit zehntausenden Arten. Damit wachse die Gefahr, dass Krankheiten oder Parasiten auf den Menschen übergehen.

Höchste Alarmstufe

Einen Gesundheitsnotstand auszurufen ist die höchste Alarmstufe, die die WHO verhängen kann. Sie tat dies beispielsweise bei der Corona-Pandemie. Damit sind alle Mitgliedsländer aufgefordert, Informationen auszutauschen und alles zu tun, um das betreffende Problem in den Griff zu bekommen. Konkrete Auswirkungen hat das Ausrufen eines Notstands nicht. Die WHO kann keinem Land Vorschriften über Massnahmen machen. Darüber entscheiden die Länder jeweils für sich.

Politiker müssten die Augen öffnen für die Bedrohung der Gesundheit durch die Klima- und die Naturkrise, heisst es in dem aktuellen Aufruf weiter. Sie müssten sich klarmachen, wie viel eine Beseitigung der Krisen zur öffentlichen Gesundheit beitragen könne.

(hah/sda/dpa)

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63 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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caro90
26.10.2023 08:18registriert November 2015
Ja, in Anbetracht dessen, dass das was klimatechnisch dieses Jahr abgeht selbst die Wissenschaftler überrascht und diese klar sagen, dass wir den Bereich des berechenbaren verlassen haben, ist ein solcher Schritt höchst überfällig.

Ich fordere alle auf, sich endlich selbst mit der Thematik auseinander zu setzen. Lest Beiträge der führenden Klimawissenschaftler, informiert euch direkt bei den sachverständigen Instituten. Dann werdet ihr erkennen, dass wir auf die Strasse müssen. Diese Bedrohung ist viel grösser und umfassender als jeder Krieg. Mit dem Klimawandel werden die Kriege schlimmer.
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Chnebeler
26.10.2023 04:35registriert Dezember 2016
Als würde das funktionieren, die Schweiz hat am Sonntag gezeigt, wie weitsichtig sie ist.

Geld und Migration ziehen hierzulande und nicht Gesundheit und Natur.
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