Schweiz
Bern

Operieren ohne Zulassung – im Kanton Bern ist das Usus

Für viele der Operationen haben die Spitäler zu wenig Erfahrung.
Für viele der Operationen haben die Spitäler zu wenig Erfahrung.
Bild: KEYSTONE

Operieren ohne Zulassung – im Kanton Bern ist das Usus

Weil der Kanton Bern seiner Kontrollpflicht nicht nachkommt, führen viele Spitäler Operationen durch, für die sie keine Bewilligung oder nicht genügend Erfahrung haben.
21.06.2016, 04:4721.06.2016, 07:28
Mehr «Schweiz»

Mehr zum Thema

Bern

Die Horrorvorstellung für jeden Patienten ist im Kanton Bern Tatsache: Dort führen Spitäler Operationen durch, für die sie gar keine Bewilligung haben. Diese Leistungen stellen sie dann dem Kanton stinkfrech in Rechnung. So kann es passieren, dass ein Patient an der Wirbelsäule operiert wird, obwohl das Spital und dessen Ärzte nicht genügend Erfahrung in dem Bereich aufweisen können. 

Sicherheit der Patienten auf dem Spiel

Dies zeigt die gestern publizierte Versorgungsplanung 2016 des Kantons. Das Papier bildet die rechtliche Basis für das Erstellen der Spitallisten. Diese definieren, an welchen Standorten welche Eingriffe durchgeführt werden dürfen und müssen. Für manche Eingriffe muss beispielsweise eine Intensivstation vorhanden sein oder es muss eine klar definierte Anzahl Spezialärzte im Haus zur Verfügung stehen. Damit soll die Sicherheit der Patienten garantiert werden. «Hat ein Spital keinen Auftrag für einen Bereich, liegt es oft daran, dass es die Anforderungen nicht erfüllt», sagt Annamaria Müller, Leiterin des Spitalamts, gegenüber der «Berner Zeitung» (BZ). 

«Ein solches Vorgehen ist eine mutwillige Täuschung.»

Somit setzten also Spitäler die Gesundheit ihrer Patienten aufs Spiel, nur um daran zu verdienen. «Ein solches Vorgehen ist eine mutwillige Täuschung des Kantons an der Grenze der Legalität», kritisiert die GLP-Grossrätin und Gesundheitspolitikerin Barbara Mühlheim laut der BZ.

Barbara Mühlheim (GLP) kritisiert die Missstände scharf.
Barbara Mühlheim (GLP) kritisiert die Missstände scharf.Pd

Spitäler erfüllen Mindestfallzahlen nicht

Die Versorgungsplanung deckt noch einen anderen Missstand auf, bei dem der Kanton seine Aufsichtspflicht verletzt: Viele Spitäler halten bei manchen Operationen die vorgeschriebenen Mindestfallzahlen nicht ein. Das heisst: Der Kanton Bern verlangt bei vielen Eingriffen mindestens zehn Fälle pro Jahr. Erreicht ein Spital diese Zahl nicht, muss ihm der Kanton theoretisch die Bewilligung für diesen Eingriff entziehen. Obschon bei manchen Behandlungen bis zu hundert Prozent aller dafür zugelassenen Spitäler die Mindestfallmenge nicht erreichen, blieb dies bisher ohne Konsequenzen.

Laut dem Spitalamt soll nun alles besser werden. Der Plan: Die betroffenen Spitäler sollen voraussichtlich ab 2018 die entsprechenden Behandlungen nicht mehr erbringen dürfen. Zudem will die Gesundheitsdirektion die Fälle nun prüfen und die bereits bezahlten Kantonsbeiträge zurückfordern. 

Die Spitäler selbst halten sich bedeckt. Sowohl der Verband der öffentlichen Spitäler im Kanton Bern als auch jener der Privatspitäler wollen sich zuerst vertieft mit der neuen Versorgungsplanung auseinandersetzen, bevor sei dazu Stellung nehmen. (rwy)

Hol dir jetzt die beste News-App der Schweiz!

  • watson: 4,5 von 5 Sternchen im App-Store ☺
  • Tages-Anzeiger: 3,5 von 5 Sternchen
  • Blick: 3 von 5 Sternchen
  • 20 Minuten: 3 von 5 Sternchen

Du willst nur das Beste? Voilà:

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
Hast du technische Probleme?
Wir sind nur eine E-Mail entfernt. Schreib uns dein Problem einfach auf support@watson.ch und wir melden uns schnellstmöglich bei dir.
4 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
4
Hauseigentümer-Präsident Rutz zu Sugus-Häusern: «Vorgehen spottet jeder Beschreibung»
Die Massenkündigung von Mietern in Zürich bewegt die Gemüter im ganzen Land. Nun nimmt der Präsident des Hauseigentümerverbandes Stellung zum Fall: Das Vorgehen der Hausbesitzerin sei inakzeptabel. Gregor Rutz kritisiert aber auch die Stadt Zürich scharf.

Inzwischen sind die Sugus-Häuser in der ganzen Schweiz bekannt. Die neun farbigen, quadratischen Wohnblöcke stehen im Zürcher Stadtkreis fünf unmittelbar an den Bahngeleisen. 105 Mietparteien in drei Häusern haben die Kündigung erhalten. Rund 250 Personen sollen bis Ende März ausziehen.

Zur Story