Die Schweiz ist ein Land von Sackgassen. Und das ist positiv gemeint. Denn oft ist der Grund für diese Sackgassen eine grandiose Bergwelt. Du bist zuhinterst in einem Tal, kein Wanderweg führt noch weiter. Du wirst früher oder später umdrehen müssen. Aber erst solltest du diese Orte noch geniessen.
Mal hat's da am Ende des Weges eine Hütte, mal einen See, mal einen Gletscher (oder was davon übrig ist). Auf jeden Fall findest du da hinten traumhafte Flecken – und meist auch nicht sehr viele Leute.
Einige der Plätze sind aber auch wirklich abgeschieden und nur mit einer längeren Wanderung erreichbar. Meist lohnen sich daher zwei Tage.
Distanz: ca. 14 Kilometer
Dauer: ca. 6 Stunden (ein Weg)
Kondition: Hoch
Hier geht es zum Routenvorschlag.
Wir beginnen gleich mit einer Wanderung, die sich als Zweitäger anbietet. Es geht zur Baltschiederklause, der vielleicht abgelegensten SAC-Hütte der Schweiz (Bewartungszeiten checken!). Im UNESCO-Welterbe Jungfrau-Aletsch thront die Hütte auf 2783 Metern über Meer.
Sie bildet einen idealen Startort für Hoch- und Klettertouren. Wir geniessen aber einfach die abwechslungsreiche Wanderung und die hochalpine Umgebung.
Los geht es 1700 Meter weiter unten in Eggerberg. Wir wandern an der Gorperi-Suone entlang, welche schon äusserst spektakulär ist. Nach Wäldern und Alpwiesen wird die Landschaft immer karger und der Baltschiederbach immer schmaler. Oben geniesst du den Blick auf das Bietschhorn und weitere imposante Berggipfel.
Nach der Übernachtung in der Hütte empfehle ich für den Rückweg unten im Tal auf der anderen Flussseite zu wandern und über die Niwärch-Suone nach Ausserberg zu gelangen. Aber Achtung: Da musst du schwindelfrei und trittsicher sein. Alternativ kannst du auch durch den rund 1,5 Kilometer langen Stollen (Taschenlampe mitnehmen).
Hier gibt's weitere Informationen zur Baltschiederklause.
Gleich geht es weiter mit den schönsten Sackgassen der Schweiz, aber vorab eine kurze Werbeunterbrechung:
Und nun zurück zu den Wanderwegen ...
Distanz: 14 Kilometer
Dauer: ca. 5:30 Stunden
Kondition: Hoch
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Wir bleiben noch kurz im Wallis, wechseln aber die Talseite. Es geht ins Binntal. Startpunkt ist Heiligkreuz. Ab hier wandern wir ins Saflischtal.
Bei der Mässhitta verlassen wir den Weg zum Pass und steigen nochmals rund 400 Höhenmeter auf zum Blausee. Dieser ist auch als Grängjersee bekannt (er gehört zur Gemeinde Grengiols) und bildet umgeben von Oberblatthorn, Rothorn und Gibelhorn den wunderbaren Abschluss des Tals.
Ja, du kannst dir nach der anstrengenden Wanderung hier ein Bad gönnen. Angenehm warme Temperaturen werden dich aber zu keiner Jahreszeit erwarten.
Distanz: ca. 16 Kilometer
Dauer: ca. 6 Stunden
Kondition: Hoch
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Wir wechseln ins Tessin – und erreichen auf einer Wanderung gleich zwei Sackgassen. Los geht's in Cimalmotto. Knapp drei Stunden später stehen wir beim Lago dei Pozzöi, einem Bergsee auf fast 2000 Metern, umgeben von Lärchen, die sich im Herbst wunderbar färben, mit Blick auf verschneite Berge.
Nicht wenige, die den See schon besuchten, bezeichnen diesen als einen der schönsten, den sie in den Schweizer Bergen vorfanden. Doch damit nicht genug. Weitere 40 Minuten später wartet mit dem Lago Gelato ein zweiter See als Endstation eines Wanderwegs.
Achtung auf dem Weg: Verpasse den Abzweiger nicht. Ganz unten ist der Weg nicht sehr deutlich zu sehen. Die Berge in diesem Amphitheater mit Pizzo dell'Alpe Gelato und Co. markieren die Grenze zu Italien. Im Gegensatz zum Lago dei Pozzöi hat es hier keine Bäume mehr, die rund 200 Höhenmeter mehr verwandeln die Gegend in eine alpine Landschaft.
Distanz: ca. 11 Kilometer
Dauer: ca. 4:30 Stunden
Kondition: Mittel
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Nach Berghütten und Seen kommen wir zu einem dritten Grund für einen Wanderweg, der in eine Sackgasse führt: Gletscher. Oder im Fall von Vadret zumindest das, was davon übrig ist. Eindrücklich ist dies allemal.
Wir wandern von Samnaun durch das Val Musauna und auf die Seitenmoräne des ehemaligen Sulner-Gletschers (örtlicher Dialekt «Sulnerferner», Romanisch «Vadret»), dessen Rest fast komplett mit Geröll zugedeckt ist.
Warum es hier überhaupt einen Wanderweg in den ausweglosen Talkessel hat? Als dieser gebaut wurde, reichte die Gletscherzunge noch bis zum Endpunkt des Weges. In den 1970er-Jahren wollte man hier gar ein Gletscherskigebiet erschliessen. Heute besticht nicht der Gletscher, sondern die Aussicht auf das Samnauntal – und für die lohnt sich der Weg.
Übrigens: Es hat hier weiter unten noch eine zweite Sackgasse. Zu Beginn des Seitentals Val Gravas gibt es den Flurnamen «Bei den Wasserfällen». Als der Gletscher noch ein richtiger Gletscher war, führten diese deutlich mehr Wasser und waren ein lohnender Ausflug. Heute sind sie meist nur noch ein Rinnsal und werden von Samnaun nicht mehr als touristisches Ziel angepriesen.
Distanz: ca. 7 Kilometer
Dauer: ca. 3 Stunden (ein Weg)
Kondition: Mittel
Hier geht es zum Routenvorschlag.
Kennst du die Dents du Midi? Die Bergkette im Unterwallis ist ein imposanter Anblick, wenn du vom Genfersee her kommst. Und weisst du was? Du kannst da rund 600 Höhenmeter unter den höchsten Gipfeln in einer kleinen Hütte am Fuss der Felswände übernachten (die Wanderung ist gut auch an einem Tag machbar).
Refuge de Chalin heisst die SAC-Hütte, die sich praktisch auf dem Tête de Chalin befindet. Sie gehört mit nur acht Schlafplätzen zu den kleinsten SAC-Hütten der Schweiz. Am einfachsten erreichst du diese von Chindonne, du umgehst den weiss-blau-weissen Teil beim Dent de Valère und wanderst dann auf dem Grat Arête du Dardeu zum Gipfel/zur Hütte.
Hier oben hast du zwar kein fliessendes Wasser, aber die Aussicht über das Chablais und das obere Ende des Genfersees ist es auf alle Fälle wert. Und noch eine Option für den Abstieg: Wandere bis Champéry, du kommst an schönen Wasserfällen vorbei und kannst kurz vor dem Ferienort durch die eindrückliche (aber einfache) Galerie Défago mitten in der Felswand wandern.
Hier gibt es mehr Informationen zur Refuge de Chalin.
Distanz: ca. 17 Kilometer (10 km nur zur Hütte)
Dauer: ca. 5 Stunden
Kondition: Hoch
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Dieser Vorschlag ist wieder besser an zwei Tagen machbar. Wir starten dabei schon spektakulär praktisch auf der Zervreila-Staumauer. Am See wandern wir entlang und erspähen das eindrückliche Zervreilahorn mit seiner auffälligen Pyramidenform. Du wirst beim Anblick verstehen, warum es teilweise als Bündner Matterhorn bezeichnet wird.
Zum Glück müssen wir nicht auf den fast 2900 Meter hohen Berg, sondern wandern am Valser Rhein entlang drum herum. Nach rund drei Stunden erreichen wir die Läntahütte. Ich schlage vor, dass du hier übernachtest (hier gibt's Informationen zur Hütte).
Der Wanderweg führt von hier noch drei Kilometer weiter nach hinten. Der Läntagletscher war schon eindrücklicher, genauso wie der Grauhorngletscher, der von rechts ins Tal mündet. Aber noch immer lässt dich der Blick zum Rheinwaldhorn/Adula nicht mehr los. Zurück aus der Sackgasse geht es auf dem gleichen Weg.
Nach der Nacht in der Hütte kannst du über das Furggelti das Zevreilahorn umrunden und kommst dann wieder an den Stausee. Wer noch Lust auf eine längere Etappe hat: Du kannst hier dann auch das Canaltal hinauf zur Canallücke und weiter zur Zapporthütte. Der Weg ist da allerdings ein T4 und ist normalerweise erst irgendwann im Juli schneefrei.
Distanz: ca. 13 Kilometer
Dauer: ca. 4:30 Stunden
Kondition: Mittel
Hier geht es zum Routenvorschlag.
Ja, Gletscher als Grund für die Sackgasse, das trifft man auch im Wallis an. Zum Beispiel beim Talabschluss im Lötschental. Hier werden zwei Quellgletscher (Anungletscher von Norden und der zweite Arm von der Lötschenlücke) zum Langgletscher.
Die beiden Gletscher erreichst du vom Parkplatz Fafleralp, am besten, du folgst der jungen Lonza unten im Tal. Seit 2013 gibt es hier einen Gletschererlebnisweg und du lernst viel unterwegs bis zur Anenhütte. Der Gletscherweg ist als T4 markiert, technisch ist dieser nicht schwierig, trittsicher musst du sein, bei nassen Verhältnissen ist er nicht zu empfehlen. Der normale Weg zur Hütte ist ein T3.
Hier kannst du auf zwei Wegen noch etwas weiter nach hinten. Entweder den Langgletscher entlang auf dem weiss-rot-weissen Weg oder auf dem weiss-blau-weissen Weg hinauf Richtung Jegichnubel bis fast auf 2800 Meter und in die Nähe des Anungletschers. Bei schönem Wetter sieht man von hier bis zum Mont Blanc. Kletterer besteigen den Jegichnubel vom Ende des Weges an Seilen gesichert.
Auch hier lohnt sich eine Übernachtung in der Anenhütte. Die Gegend ist übrigens auch bei Strahlern beliebt. Und wer noch ein bisschen über die Sackgasse hinaus will: Buche einen Bergführer für die Gletscherbegehung. Hier gibt es weitere Informationen um die Möglichkeiten rund um die Anenhütte.
Distanz: ca. 18 Kilometer
Dauer: ca. 8 Stunden
Kondition: Hoch
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Zum Abschluss geht es ins südliche Misox. Hier entstand mit dem Val Cama, Val Leggia und Val Grono das grösste Waldreservat der Schweiz ausserhalb des Nationalparks.
Es ist eine wilde, ursprüngliche Gegend der Schweiz. Der Wolf kehrte in den letzten Jahren zurück, es geht meist steil aufwärts. Seit dem 15. Jahrhundert wird das Tal bewirtschaftet, wie Giovanni Randelli, Präsident des Vereins Pro Val Grono, erzählt. «Die Hütten hier gehören seit Jahrhunderten den gleichen Familien. Wir versuchen, diese Kultur zu pflegen.»
Die Wanderung hat es entsprechend in sich. Du wanderst dafür von Grono her durch lange Zeit im Wald das wilde Tal hinauf. Ähnlich wie beim Lago Gelato wanderst du dabei in eine Art Amphitheater mit hohen Berggipfeln wie dem Cima dello Stagn, dem Cardinello oder dem Pizzo Paglia, die gleichzeitig auch die Grenze zu Italien bilden.
Bei der Alp di Caurit stehst du praktisch mitten in diesem eindrücklichen Halbkreis. Du kannst dann von dort noch die letzten 150 Höhenmeter hinauf zur Alp di Portola, wo du den Blick in den Talkessel und hinab ins Tal geniessen kannst.
Am besten teilst du dir das auch auf zwei Tage auf. Du kannst dafür seit diesem Sommer im Rifugio Alp de la Piazza auf Anmeldung übernachten und die Alp di Portola am zweiten Tag erreichen (associazione.pvg@gmail.com, 079 617 42 04). Bei der Alp di Portola selbst steht ein kleines Biwak mit vier einfachen Betten. Auch hier kannst du auf Voranmeldung beim Verein Pro Val Grono die Nacht verbringen. Hier oben endet der offizielle Weg auf rund 2000 Metern über Meer.
Der Pizzo Paglia kann ab der Alp di Portola weglos erreicht werden. Der Weg ist aber sicher als T4 zu bewerten. Wenn du da weiter willst, musst du in den Bergen geübt sein.