
Der Blick von der Kathedrale auf Genf – und ja, der Jet d'eau ist hier abgestellt. Jährlich wird er im November ein paar Tage für die Revision abgestellt.Bild: Reto Fehr
Rauszeit
Genf ist für Deutschschweizer so weit weg, es fühlt sich längst nicht mehr als Schweiz an. Und dann ist der ganze Kanton ja sowieso nur eine Stadt. Weit gefehlt! Hier kommen 8 Gründe, warum du mal den südwestlichsten Zipfel bereisen solltest.
07.08.2023, 14:4717.06.2025, 09:18
Genf bringen viele von uns mit dem Jet d'eau in Verbindung. Womöglich noch mit dem Autosalon – aber dann hat es sich auch schon ziemlich. Vielleicht noch dunkle Erinnerungen an «René, ton cousin de Genève» aus dem Französisch-Lehrbuch.
Eigentlich liegt Genf – die zweitgrösste Stadt des Landes – für viele Deutschschweizer einfach nur unendlich weit weg, praktisch auf einem anderen Stern. Diese Weltreise solltest du aber mal in Angriff nehmen.
Denn es fühlt sich an wie Ferien irgendwo im Ausland. Oder statt über Ostern und Pfingsten wieder im Stau stehen, um das überfüllte Tessin zu erreichen? Besuche besser Genf. Und damit meine ich den Kanton, nicht nur die Stadt (nein, das ist auch wirklich nicht deckungsgleich).
Noch nicht überzeugt? Hier kommen acht gute Gründe, die für den südwestlichsten Kanton sprechen:
Der grösste Platz der Schweiz
Wir beginnen mitten in der Stadt. Und zwar auf der Plaine de Plainpalais. 78'000 Quadratmeter, 640 Meter Länge und 200 Meter Breite machen den Platz in Form eines Diamanten zum grössten Platz der Schweiz in einer Innenstadt.

Der grösste Platz der Schweiz im Panoramamodus.Bild: Reto Fehr
Die riesige Fläche wird für diverse Events genutzt. Regelmässig findet hier am Mittwoch, Samstag und ersten Sonntag im Monat seit 1970 der Flohmarkt statt. Natürlich der grösste der Schweiz. Du findest da: alles. Und nichts. Ein herrlicher Zeitvertreib.
Und übrigens: Ein Sommer in Genf 1816 inspirierte Mary Shelley zu ihrem erfolgreichen Roman «Frankenstein». Das Monster dazu wurde ihrem Werk zu Ehren aufgestellt.
Inspiration zu «Frankenstein» mitten in Genf.
Weinbau ohne Ende
Die grössten drei Weinbaukantone der Schweiz? Wallis, Waadt und ... Genf! Ja, Genf ist viel mehr als nur eine Stadt. 1500 Hektare machen den Kanton zum drittgrössten Weinbaukanton der Schweiz.

Nein, an Selbstvertrauen mangelt es in Genf nicht: die Paradies-Strasse im Weinbaugebiet von Satigny.Bild: Shutterstock
Und das alles fängt schon 15 Minuten ausserhalb des Stadtzentrums an. Satigny übrigens ist gar die grösste Weinbaugemeinde der Schweiz. 13,5 Millionen Liter Wein werden im Kanton jährlich produziert. Besuche die Dörfchen Dardagny, Avully und wie sie alle heissen. Du kannst kaum etwas falsch machen. In 35 der 45 Genfer Gemeinden wird Wein produziert.

Strassenschmuck in der Weinbaugemeinde Russin GE.bild: Reto Fehr
Auch in Céligny – der Exklave im Kanton Waadt – kannst du Wein geniessen. Hier überrascht das Weingut Clos de Céligny mit einer speziellen Pricing-Strategie: Man bezahlt nicht je nach Inhalt der Flasche, sondern je nach abgefülltem Volumen – Dynamic Pricing im Weinbau quasi.

Hier liegt die Exklave Céligny mit der eigenen kleinen Exklave.Bild: Google Maps
PS: Die Exklave Céligny hat selbst auch noch eine kleine Exklave, die mit einem ca. 100 Meter breiten Waadtländer Band von der Gemeinde abgetrennt ist. Sie besteht aus einigen Feldern und dem Restaurant La Coudre.
Was für Ausflugstipps willst du?
Wöchentlich präsentieren wir bei «Rauszeit» Ausflugstipps in der Schweiz. Das Spektrum ist fast endlos. Gerne möchte ich auch wissen, was für ein Thema dich interessieren würde. Darum:
Schreib mir auf Instagram oder auf reto.fehr@watson.ch, was du an dieser Stelle gerne einmal lesen möchtest.
Badestrände
Baden im Lac Léman, das ist natürlich auch in der Stadt möglich. In Eaux-Vives (grad vor dem gleichnamigen, schönen Stadtpark) oder im trendigen Les Bains de Pâquis kann man den See und den Blick auf die Stadt geniessen. Natürlich auch immer mit Blick auf den Jet d'eau.

Baden am 400 Meter langen Sandstrand von Eaux-Vives.Bild: Shutterstock
Und ja, auf Gastronomie musst du im Les Bains de Pâquis nicht verzichten: Ein Verein kümmert sich um die Anlage (Sauna, Hamam und Co.) und lässt auch die Preise möglichst tief. Du kriegst hier einen Kaffee für nur 2.50 Franken.
Falls du lieber ausserhalb der Stadt den Strand geniessen willst: Gehe nach Hermance im nordöstlichsten Zipfel des Kantons grad an der Grenze zu Frankreich. Dort wartet neben einem schönen Strand auch noch ein herziges Städtli auf dich.

Der Strand von Hermance.Bild: Genf Tourismus
Die Gemeinde mit dem kürzesten Namen
Zugegeben: Gy ist jetzt nicht ein Ort, der dich umhaut und von dem du nachher allen erzählst. Es ist ein kleines Nest an der Grenze zu Frankreich mit knapp 500 Einwohnern. Das Gemeindewappen zeigt Getreide, womit auch schon gesagt wäre, was hier dominiert: Landwirtschaft.

Ja, der Kanton Genf kann auch so ländlich sein.Bild: instagram/supermamyblues
Aber vielleicht ist das ja doch noch was für den Smalltalk zumindest: Gy GE ist die Gemeinde mit dem kürzesten Namen der Schweiz (zusammen mit Au SG). Früher gehörte es zu Jussy, 1850 wurde Gy selbstständig. Woher der Name stammt, ist nicht ganz klar. Erstmals erwähnt wurde das Dorf 1289 als Giez. Falls du während des Aufenthalts im Kanton Genf Ruhe suchst. Gehe da im Naturreservat Prés de Villette spazieren und geniesse die Blicke auf die Berge rund um den Kanton.
Diese Orte wirken ebenfalls unendlich weit weg:
Der Instagram-Hotspot
So, wir hätten da auch noch was für alle, die Naturphänomene lieben: La Jonction. Im Genfer Stadtquartier fliessen die Rhone und die Arve zusammen. Die aus dem Genfersee kommende Rhone ist meist klar und grünblau, die aus den Bergen fliessende Arve milchig-weiss und trüb. Je nach Wetter kann es dann zu diesem wunderbaren Farbenspiel kommen:

Zusammenfluss der Rhone (links) und Arve (rechts) mit dem Jet d'eau im Hintergrund.Bild: Shutterstock
Den Zusammenfluss kann man am besten auf dem Viadukt beobachten. Dieses ist mit 218 Metern die längste Brücke der Stadt. Du kannst aber auch zur Landzunge spazieren und direkt auf Höhe des Zusammenflusses stehen.
Der Zusammenfluss mit dem Viadukt.
Das längste Wohnhaus der Schweiz
Wir bleiben am Wasser und folgen der Rhone etwas weiter abwärts. Nach einer Schleife und rund drei Kilometern nach dem Zusammenfluss bei La Jonction taucht rechts die Cité du Lignon auf: das längste Wohnhaus der Schweiz. Es misst einen Kilometer und bot einst Platz für 10'000 Bewohner. Heute leben noch knapp 6000 Menschen dort.

Die Cité du Lignon mit der Rhone im Vordergrund und den Bergen im Rücken.Bild: Shutterstock
Am besten besuchst du die Cité du Lignon jetzt im Sommer mit einer gemütlichen Gummiboot-Fahrt. Du steigst dafür bei der Pont Sous-Terre ins Wasser, lässt dich am oben erwähnten Zusammenfluss vorbeitreiben und steigst bei der Passerelle du Lignon wieder aus. Die Bootsfahrt ist nicht allzu lang. Aber mit Glück kannst du nach der Eisenbahnbrücke am kleinen Strand ein Plätzchen ergattern, wo du baden kannst.

Und ein Blick auf einer alten Aufnahme von oben auf das Gebäude aus den 1960er Jahren.Bild: Genève en cartes postales
Du willst doch lieber ins Tessin?
Italienischer Charme
Wir besuchen noch einen Ort in der Stadt: das Quartier Carouge. Auch wenn die Mieten in den letzten Jahren stiegen und das Quartier bei Hipstern immer beliebter wurde. Den italienischen Charme konnte sich Carouge bewahren. Alles wirkt hier ruhiger, es hat weniger Autos als in der Innenstadt und Gelaterias und Cafés findest du unzählige.

Praktisch eine Stadt in der Stadt: Carouge lädt zum Flanieren ein.Bild: Shutterstock
Und wichtig für alle Fussball-Fans: Besuche eine Partie von Etoile Carouge. 1998 spielte dieser letztmals in der höchsten Spielklasse. Aktuell gehört die Equipe zu den Spitzenteams in der Promotion League. Das Stade de Fontenette lässt jedes Fussball-Romantikerherz höher schlagen.

Die Haupttribüne im Stade de Fontenette.Bild: Reto Fehr
Grenzerfahrungen
Zum Abschluss begeben wir uns an den westlichsten Punkt der Schweiz. Oder zumindest so nahe dran, wie das halt auf dem Landweg möglich ist. Denn die Schweiz endet im Westen in der Mitte der Rhone. Hier gibt's die Beschreibung, wie du da hinkommst. Ich kann dir aber sagen: Wirklich viel hat es dort nicht.

Der westlichste Grenzstein der Schweiz: Viel hat es da wirklich nicht.bild: Reto fehr
Aber eigentlich hört Genf ja auch nur auf dem Papier an der Landesgrenze auf. Das wirtschaftliche und kulturelle Einzugsgebiet Grand Genève reicht bis nach Frankreich.

Yvoire, das malerische Dörfchen am südlichen Ufer des Genfersees.Bild: Shutterstock
Besuche an einem Nachmittag das herzige Dörfli Yvoire oder wandere auf den Genfer Hausberg, den Salève (hier gibt's den Wandervorschlag). Dieser bietet wunderbare Blicke über den ganzen Kanton und befindet sich ... in Frankreich.

Der Blick vom Salève auf die Stadt und den Kanton Genf.Bild: SchweizMobil
Reto Fehr
Man muss die Schweiz verdammt gut kennen, wenn man sie besser kennen will als Reto Fehr. Mit seiner Tour dur d'Schwiiz radelte er 2015 alle damals 2324 Gemeinden ab. Entstanden ist daraus das preisgekrönte Buch Tour dur d'Schwiiz. Als einer von wenigen besuchte er somit schon jede Gemeinde der Schweiz. In der Folge absolvierte Reto die Ausbildung zum Wanderleiter des Schweizer Bergführerverbandes SBV und ist in seiner Freizeit meist in der Natur unterwegs, wozu er dich auf seinem Instagram-Account immer mal wieder mitnimmt. Als Mitglied des Rätsel-Kollektivs geoblog.ch lässt er die User zudem mehrmals wöchentlich die Schweiz in Bildern entdecken.
Eine neue Auswertung des Migros-Onlinewarenhauses Digitec-Galaxus zeigt, womit in hiesigen Küchen Steaks und Spiegeleier mehrheitlich gebraten werden.
Schweizer Pfannen haben einen Namen: Kuhn Rikon. Das Familienunternehmen produziert seit Jahrzehnten im Zürcher Tösstal Kochutensilien, unter anderem auch den berühmten Dampfkochtopf Duromatic.