Die Schweiz hört nach Winterthur auf? Dann kennst du diese 8 Dinge nicht
Im März dieses Jahres empfahl ich verschiedene Frühlingswanderungen in der ganzen Schweiz. Also ja, nicht in der ganzen. Beispielsweise nicht im Thurgau. Worauf mich David Angst, der Chefredaktor der «Thurgauer Zeitung», kontaktierte: Frühlingswanderungen ohne einen Vorschlag im Thurgau, das geht eigentlich nicht.
Als Sohn von Thurgauer Eltern, der viele Wochen im Kanton verbrachte, und mit dem Heimatort Bischofszell TG muss ich sagen: Da hat er absolut recht. Darum gibt es jetzt hier ein kleines Thurgau-Special über einen Kanton, der von der restlichen Schweiz (oft) total unterschätzt wird.
Ich verzichte dabei in der Aufzählung auf die Tipps in Bischofszell, die ich schon verschiedentlich gab und die ich möglicherweise ein bisschen subjektiv glorifiziere: die Rosenwoche, das Städtli, eine Nachtwächterführung, die Thurbrücke, die Waldschenke, die Osterbrunnen – hach, «Bischi» hätte alleine einen «Rauszeit»-Artikel verdient. Aber schauen wir uns an, was der Thurgau sonst noch zu bieten hat.
Fast 1000 Meter hoch
Genau 991,1 Meter über Meer befindet sich der höchste Punkt im Kanton Thurgau. Dieser liegt wenige Meter unter dem Gipfel des Hohgrat (auch Groot oder Grat). Der höchste Punkt liegt bereits im Kanton St.Gallen.
Dafür kannst du unten in Fischingen ein Pilgrim Bier aus der letzten aktiven Kloster-Brauerei geniessen. Im Benediktinerkloster werden hier aus traditionellen Rezepten und mit Wasser der eigenen Quelle seit 2015 Gourmetbiere gebraut.
Wandervorschlag:
Überraschende Höhlen
Ursprünglich wurden die Höhlen Hohlenstein – oder «Höhlene», wie die Einwohner sagen – künstlich angelegt. Die Bischofszeller Bevölkerung soll nach einem Stadtbrand 1419 hier Zuflucht gesucht haben. Heute sind sie als Kletterfelsen und Ausflugsziel bekannt – man muss aber wissen, wo sie liegen, weil sie gut vom Wald verdeckt werden.
Du erreichst die Nagelfluh-Felswand zwischen Sitterdorf und Zihlschlacht einfach. Oben gibt es einen netten Aussichtspunkt. In der 12 Meter hohen Felswand sind diverse Kletterrouten installiert. Feuerstellen und die Höhlen unten lohnen sich auch sonst für einen Besuch. Wer hier übernachten will, kann dies nach Reservation beim jeweiligen Landeigentümer tun.
Wandervorschlag:
Die uralte Fähre
Wann genau die Fähre über die Sitter erstmals ihren Betrieb aufnahm, ist nicht bekannt. Klar ist, dass der Pilgerweg zwischen Konstanz und St.Gallen hier durchführte. Dies wurde im 12. Jahrhundert dokumentiert.
Für drei Franken wirst du über den Fluss gebracht (mit Velo kostet es noch 1.50 Franken mehr). Die Fähre ist normalerweise von April bis Oktober in Betrieb. Unter der Woche auf Voranmeldung von 10 bis 18 Uhr, an den Wochenenden jeweils zur vollen Stunde (10 bis 18 Uhr) – und noch ein bisschen mehr, wenn Bedarf besteht. 
ACHTUNG: Aufgrund eines «grösseren Schadenereignisses» wurde der Fährbetrieb aktuell eingestellt. Ob die Fähre dieses Jahr nochmals in Betrieb genommen wird, ist unklar.
Weil die Schäden von zu viel Wasser (die Sitter kann innert kurzer Zeit plötzlich viel Wasser führen) bei der letzten Seilfähre zunahmen, wurde erst im Mai 2025 ein Damm eingeweiht, der das Boot schützen soll. Der Schadenfall 2025 hat nichts mit dem Damm zu tun. Das Seil riss aus und die Fähre wurde ein Stück fortgeschwemmt.
Im Gögelland
Wir kennen alle die wunderbare Velostrecke am Bodensee entlang. Die Tourismusregion bewirbt den Teil auf der Schweizer Seite mit 62 Kilometern Uferlinie am Bodensee, Untersee und Rhein als «längster Badestrand». Hier wollen wir aber eine weniger bekannte Route abfahren.
Es geht ins Gögelland. Alleine die Bezeichnung schreit nach Aufklärung. Das «Gögelland» beschreibt ursprünglich ein abgelegenes Gebiet. Für die Menschen aus der Stadt waren dessen Bewohner etwas ungelenk und tollpatschig.
Das Gögelland befindet sich beim Ausläufer des Seerückens zwischen dem oberen Bodensee und dem Thurtal. Die heutige «Gögelland»-Veloroute führt von Bürglen bei Weinfelden nach Altnau am Bodensee.
14 Kilometer lang und maximal sanft auf und ab – ideal für eine Familienvelotour. Idealerweise im Frühling, wenn die Bluescht den Kanton verzaubert.
Gögelland-Veloroute:
Das Paradies für Autofans
Kennst du Fredy Lienhard? Der Schweizer Rennfahrer fuhr in den 1970ern und 1980ern in der Formel V und Formel 2. Die Liebe zu Autos blieb auch nach der sportlichen Karriere. Darum baute er später die Autobau Erlebniswelt in Romanshorn auf – ein Paradies für alle Autofans.
Bis auf wenige Ausnahmen sind alle ausgestellten Sportwagen, Klassiker und Rennautos aus der privaten Sammlung Lienhards. Unter anderem kannst du hier viele Formel-1-Boliden bestaunen. Aber auch Rallye-Fahrzeuge oder einen Dragster gibt es zu besichtigen. Das Museum ist normalerweise am Sonntag von 10 bis 17 Uhr geöffnet.
Eine der ältesten Holzbrücken
Vermutlich gab es schon 1180 eine Brücke über den Rhein bei Diessenhofen. Urkundlich erwähnt wurde eine Holzbrücke erstmals 1292. Nach einer abwechslungsreichen Geschichte wurde die heutige Konstruktion 1814 gebaut. Im Zweiten Weltkrieg wurde der deutsche Teil der Brücke zerstört (und von den Amerikanern dann der Wiederaufbau bezahlt). 2002 wurden alle Jochpfähle im Wasser letztmals ersetzt. Die Brücke gilt als eine der wenigen Pfahljochbrücken der Schweiz.
Neben der Brücke trumpft Diessenhofen auch mit einer kleinen, aber netten Altstadt auf. Und hast du gewusst, dass das Paradies nur 15 Minuten von hier liegt? So heisst das Dominikanerinnenkloster St. Katharinental und eine Flussbadi wenige Minuten den Rhein runter.
Das Schloss mit der langen Familientradition
Wir bleiben bei alten Bauwerken. Dabei kann der Thurgau auch mit dem einzigen Wasserschloss der Ostschweiz punkten. 1264 wurde das Bauwerk erstmals in Zusammenhang mit Ritter Rudolf von Hagenwil erwähnt. Seit 1806 ist es in Familienbesitz der Familie Angehrn, die das Schloss in siebter Generation führt. Länger ist kein Schloss der Schweiz in Familienbesitz.
Das Wasserschloss kann für Anlässe gemietet werden. Hochzeiten sind natürlich beliebt. Im Baumwerk gibt es auch ein Restaurant. Ein idealer Stopp, wenn du auf einer Velotour hier vorbeikommst, beispielsweise auf der Thurgauer-Panorama-Route.
Der höchste Holzturm der Ostschweiz
Zum Abschluss wollen wir den ganzen Thurgau – oder zumindest fast den Kanton – überblicken. Hierzu dient der 2017 neu erbaute Napoleonturm in Hohenrain. Der 30 Meter hohe Turm kann gratis bestiegen werden, es kostet nur deine Kondition und über 200 Treppenstufen.
Vom eindrücklichen Holzbau hast du eine wunderbare Sicht auf die Rebberge, den See und die Alpen. Übrigens: Der Turm erhielt seinen Namen von Louis Napoléon III., welcher im nahen Arenenberg seine Jugend verbrachte. Er liess hier 1829 das «Belvedère zu Hohenrain» errichten und genoss damals schon die Aussicht von hier oben. Der Turm damals war aber «nur» 21 Meter hoch und musste schon 1855 wieder abgerissen werden.
Reto Fehr
Man muss die Schweiz verdammt gut kennen, wenn man sie besser kennen will als Reto Fehr. Mit seiner Tour dur d'Schwiiz radelte er 2015 alle damals 2324 Gemeinden ab. Entstanden ist daraus das preisgekrönte Buch Tour dur d'Schwiiz. Als einer von wenigen besuchte er somit schon jede Gemeinde der Schweiz. In der Folge absolvierte Reto die Ausbildung zum Wanderleiter des Schweizer Bergführerverbandes SBV und ist in seiner Freizeit meist in der Natur unterwegs, wozu er dich auf seinem Instagram-Account immer mal wieder mitnimmt. Als Mitglied des Rätsel-Kollektivs geoblog.ch lässt er die User zudem mehrmals wöchentlich die Schweiz in Bildern entdecken.


