FDP und Mitte teilen sich drei der sieben Bundesratsmandate. Alternierend verfügt mal die eine, dann die andere Partei über zwei Sitze in der Landesregierung. Das war der Vorschlag, den Bundesratshistoriker Urs Altermatt (81) Anfang Woche im Interview mit CH Media präsentierte. Er riet der Mitte-Partei, das «Momentum des Wahlerfolgs 2023» zu nutzen.
Der Mitte-nahe, emeritierte Professor Altermatt setzte den Politikerinnen und Politikern in Bern damit einen Floh ins Ohr. Seine Botschaft heisst: Eine Änderung der Sitzverteilung ist möglich, ohne die Zauberformel zu brechen. Dieses stabilisierende Element der Schweizer Politik wird modernisiert, und damit sogar gestärkt. Eine Art Ei des Kolumbus.
Umso mehr fürchtet die FDP nach Altermatts Wortmeldung um den Sitz, auf dem ihr Aussenminister Ignazio Cassis (62) sitzt. Sie wittert laut «Blick» einen «Geheimplan gegen Cassis», ersonnen von Mitte-Strategen. FDP-Fraktionschef Damien Cottier (48) glaubt zudem Anzeichen dafür auszumachen, dass man der FDP als Trostpreis den Bundeskanzlerposten zuschanzen wolle, auf dem heute Mitte-Mann Walter Thurnherr (60) sitzt. Bei der FDP traut man offenbar Ankündigungen wie jener der Mitte-Fraktion nicht, die entschied, keine amtierenden Bundesräte «abzuwählen».
Geheimpläne stehen zwar normalerweise nicht vorher in der Zeitung. Aber der Sitz von Cassis wird so oder so angegriffen: Dafür sorgen die Grünen mit ihrem Sprengkandidaten Gerhard Andrey (47). Dessen Erfolgsaussichten gelten als gering, weil der Anspruch der Grünen angezweifelt wird. Aber der grüne Angriff wird für Bewegung sorgen und schon im ersten Wahlgang zeigen, wie solid der umstrittene Aussenminister im Sattel sitzt.
«Von uns wird er kaum Stimmen erhalten», steht für ein SP-Parlamentsmitglied fest. Das links-grüne Lager verfügt über gut 80 der 246 möglichen Stimmen in der Bundesversammlung. Mit rund 120 schafft man die Wahl. Zum Vergleich: Cassis' FDP verfügt noch gerade über 39 Stimmen, die reichen nicht mehr weit hin.
Aber selbst bei der SVP, die ihm einst zur Wahl verhalf und deren Lager jetzt über rund 70 Stimmen verfügt, ist Cassis mittlerweile umstritten, wie kürzlich Aussenpolitiker Franz Grütter deutlich machte: Seine Nahostpolitik sei «konzeptlos und nicht nachvollziehbar», es fehle ihm an «Führungsstärke».
Falls die Mitte, mit dem Altermatt'schen Floh im Ohr, doch noch auf den Geschmack kommt: Sie verfügt über eine ganze Reihe von Charakterköpfen als Alternative zu Cassis. Parteipräsident Gerhard Pfister (61) selbst, seit je geschätzt von Christoph Blocher (83). Oder Ständeräte wie der konservative Walliser Beat Rieder (60), der aussenpolitisch ähnlich tickt wie die SVP. Oder der neue Tessiner Ständerat Fabio Regazzi (61), Metallbauunternehmer und starker Präsident des Schweizerischen Gewerbeverbands. Mit dem derzeitigen Nationalratspräsidenten, dem Bündner Martin Candinas (43), hätte die Mitte auch einen Politiker auf Lager, der sich je nach Optik bestens fürs nach Alain Bersets (51) Abgang verwaiste Innendepartement eignet: er arbeitet für die Krankenkasse Helsana.
An allen könnte die SVP Gefallen finden, und auf sie dürfte es ankommen am 13. Dezember. Wenn schon nur die Hälfte der 44-köpfigen Mitte-Fraktion für einen eigenen Kandidaten oder eine eigene Kandidatin stimmt, und 20 Stimmen der SVP dazukommen, dann dürfte die FDP ihren zweiten Sitz verlieren. Dann sind die nötigen gut 120 Stimmen zusammen: Nicht für die Abwahl, sondern für die Nichtwiederwahl.
Nicht gegen ein solches Szenario spricht der Umstand, dass viele mit dem Rücktritt von Mitte-Bundesrätin Viola Amherd (61) rechnen. Entweder Ende 2024 nach dem ihrem Präsidialjahr oder Mitte der Legislatur Ende 2025. Je nach Kandidaturen und Konstellationen müsste die Mitte damit rechnen, den zweiten Sitz wieder zu verlieren, ohne sich beklagen zu dürfen. Für mehr Wettbewerb und Dynamik im Schweizer Politsystem wäre gesorgt.
Aber fest steht heute nur: Es dauert noch zwei Wochen und eine Nacht der langen Messer bis zum Wahltag, dem 13. Dezember. Es kann noch viel passieren. (aargauerzeitung.ch)
Man versucht krampfhaft, etwas Spannung und Aufregung in ein stinklangweiliges, schleppendes Auswahlverfahren zu bringen, bei dem vorhersehbar ist, dass die durchschnittlichsten und stromlinienförmigsten "sieben Zwerg*innen" gewählt werden, und ein "Schneewittchen" wird es nicht geben...
Ist irgendwie vergleichbar mit behäbigen Alphorn-Klängen, bei denen die Melodie-Möglichkeiten auch ziemlich eingeengt und vorhersehbar sind.
Und "Die Mitte" hat bereits gesagt, dass sie amtierende Bundesräte NICHT abwählen wird.
Also schlaft gut weiter!
Was Geheimplan. Das ist schlicht Realität, dass der Unfähigste, der nur ein bisschen Innenpolitik, Dauerwahlkampf betreibt. Die Aussenpolitik jedoch versteht er nicht und diesbezüglich auch nichts macht ausser reisen in unkritische Länder, so sich nicht die Finger verbrennen will, nicht mehr gewählt werden soll.