Die Fallzahlen in der Schweiz sinken weiter. Am Montag wurden für die vergangen 72 Stunden 3775 neue Corona-Fälle gemeldet. Das sind über 500 weniger als im Vergleich zur Vorwoche.
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— BAG – OFSP – UFSP (@BAG_OFSP_UFSP) February 1, 2021
01.02. Aktueller Stand sind 525'095 laborbestätigte Fälle, 3'775 mehr als am Freitag. Gemeldete Tests: 63'152 in den letzten 72 Stunden.https://t.co/nYgsunfIcQ pic.twitter.com/XqzM1A9hvU
Dennoch bleiben viele Experten skeptisch. Auch Gesundheitsminister Alain Berset kling wenig optimistisch.
Grund dafür ist die Virus-Mutante B.1.1.7, welche ansteckender sein dürfte als die ursprüngliche Variante. Erste Schätzungen gingen davon aus, dass B.1.1.7 bis zu 70 Prozent ansteckender sein könnte. Der deutsche Virologe Christian Drosten sagte jedoch kürzlich, dass sie wohl nur um 35 Prozent ansteckender ist.
Die B.1.1.7-Mutante verbreitet sich in der Schweiz in bemerkenswertem Tempo. Am Montag meldete das BAG insgesamt 2411 Fälle mit mutierten Coronaviren. (1021 Fälle konnten B.1.1.7 zugeordnet werden, 52 Fälle dem B.1.351-Mutanten und 1338 keinem der beiden Fälle.)
Man merke den Effekt am Anfang kaum, aber man müsse das ansteckendere Virus jetzt unbedingt bremsen, sonst bringe es die Impfstrategie in Gefahr, mahnte Alain Berset.
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«Kinder sind nicht Treiber der Pandemie», wiederholten die Vertreter des BAG vor der Presse lange fast mantraartig. Doch seit dem Auftauchen des B.1.1.7-Mutanten steht dieses Credo auf dem Prüfstand. Zwar zeigen Kinder nur selten starke Symptome bei einer Corona-Infektion. Dennoch sind sie in der Lage, weitere Personen anzustecken, was vor allem Familienmitglieder und Lehrpersonen betrifft.
Während das öffentliche Leben in der Schweiz weitgehend heruntergefahren wurde und sich nur noch maximal fünf Personen treffen dürfen, kommt es in den Schulen nach wie vor zu grösseren Zusammenkünften. Die Konsequenz ist: Immer mehr Schulen sind Ursprung eines Corona-Hotspots. Dies zeigte zuletzt der B.1.1.7-Ausbruch in Arosa, der vor allem Personen des schulischen Umfelds betraf.
Fundierte Aussagen zur schweizweiten Situation sind schwierig zu machen: Die Datenlage ist lückenhaft, weshalb nun Privatpersonen versuchen, ein nationales Register zu erstellen. Fest steht: Das Thema Schulschliessungen ist nicht vom Tisch.
Seit einigen Wochen wird in allen Kantonen der Schweiz geimpft. Dabei geht es unterschiedlich schnell voran. Während in Nidwalden bereits 7,5 Prozent der Bevölkerung geimpft sind, sind es in Bern 1,9 Prozent. Schweizweit haben gemäss BAG drei Prozent der Bevölkerung eine Impfdosis erhalten.
Für den Februar sah das BAG ursprünglich 1,3 Millionen weitere Impfungen vor. Wegen Lieferengpässen stehen jedoch nur 650'000 Impfdosen der Unternehmen Pfizer/Biontech und Moderna zur Verfügung. Diese Verzögerung habe jedoch keine bedeutende Konsequenzen, teilte das BAG gestern der Nachrichtenagentur Keystone-SDA mit. Die im Februar nicht gelieferten Impfdosen dürften im März kompensiert werden. Dennoch sind in für die kommenden Wochen bereits zahlreiche Impftermine abgesagt worden.
Langfristig sei das Ziel, dass bis Juni alle geimpft werden können, die wollen, aber nicht in Gefahr, teilte Gesundheitsminister Alain Berset der NZZ am Sonntag mit. Der Bundesrat verwies dabei auf die mögliche baldige Zulassung des Impfstoffs von AstraZeneca.
Eine ausreichende Herdenimmunität ist dann erreicht, wenn die Reproduktionszahl R ohne Schutzmassnahmen unter 1 liegt und dort bleibt. Dann ist das Coronavirus besiegt.
Im Frühling ging man noch davon aus, dass sich rund 60 bis 70 Prozent mit dem Virus infizieren oder sich impfen müssen, um das Coronavirus zu besiegen. Diese Schwelle hängt jedoch direkt mit dem R-Wert zusammen. Und dieser ist etwa bei der B.1.1.7-Mutante höher. Deshalb rechnet Taskforce-Epidemiologin Nicola Low damit, dass sich «70 bis 80» Prozent impfen oder infizieren lassen müssen.
Da sich das Virus voraussichtlich nie ganz ausrotten lassen wird, werden wir die Schwelle von 70 bis 80 Prozent irgendwann erreichen. Die Frage ist, wie viel Prozent davon durch eine Impfung passieren wird. Die Impfbereitschaft ist in der Schweiz zwar gestiegen, beträgt aber nach wie vor nur 55 Prozent. Wie gross der Anteil an bereits infizierten Personen ist, lässt sich aufgrund der hohen Dunkelziffer nur schwer sagen.
Bislang war in der Schweiz vor allem von der B.1.1.7-Mutante und der B.1.351-Mutante die Rede. Sie tauchten zunächst in Grossbritannien beziehungsweise Südafrika auf und verbreiteten sich von dort über den Globus. Nun sorgt jedoch eine weitere Mutante für Schlagzeilen: P.1.
Die Mutante P.1 wurde am 12. Januar in der brasilianischen Stadt Manaus entdeckt. Vieles ist noch unbekannt über die neue Mutante. Dennoch sorgt sie für Aufsehen. Denn die Millionenmetropole Manaus im Amazonasbecken wurde von der ersten Corona-Welle äusserst hart getroffen. Eine Studie mit Blutspenderinnen und Blutspendern zeigte, dass sich bis Oktober 2020 rund 76 Prozent der Bevölkerung von Manaus mit dem Virus infiziert hatten. Damit wäre die Schwelle für eine Herdenimmunität mit dem ursprünglichen Virus-Strang eigentlich gegeben gewesen.
Dennoch stiegen die Corona-Infektionen in Manaus im Januar dieses Jahres wieder rasant an. Berichte von überfüllten Spitälern machten die Runde. Wie konnte das passieren?
Die medizinische Fachzeitschrift The Lancet führt dafür mögliche Erklärungen auf. Es könne mit der Stichprobe, nachlassender Immunität oder einer deutlich höheren Ansteckbarkeit zu tun haben. Wobei die ersten zwei Begründungen eher unwahrscheinlich sind.
Aufhorchen lässt auch eine vierte mögliche Begründung. Demnach ziehen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Möglichkeit in Betracht, dass die Immunität nach der ersten Infektion nicht ausreicht, um sich gegen die P.1-Mutante zu schützen. Dies stellt auch in Frage, ob die bislang bekannten Impfungen gegen die P.1-Mutante wirksam wären. Aber wie gesagt: Es besteht noch Forschungsbedarf.
Restaurants, Fitnesscenter, Läden: Alles ist seit mehreren Wochen zu. Und bis mindestens Ende Februar wird dies auch noch bleiben. Solange gelten die vom Bundesrat beschlossenen Massnahmen.
Daniel Koch, der ehemalige Seuchenbeauftragte des Bundes, machte unlängst Hoffnung. Er gehe davon aus, dass die Restaurants und Läden spätestens im Frühsommer wieder offen sind, «wenn nicht schon früher». Dem widerspricht etwa die deutsche Corona-Koryphäe Christian Drosten, welcher nicht davon ausgeht, dass die Fallzahlen im Frühling sinken werden.
Letzten Endes entscheiden jedoch nicht die Wissenschaftler über eine Öffnung, sondern die Politik. Für die Vertreter der grössten Schweizer Partei kann es nicht schnell genug gehen. Die SVP forderte am Freitag vergangener Woche: «Der Lockdown ist sofort aufzuheben!» Die Partei wird den Druck auf den Bundesrat in den kommenden Wochen hoch halten. Ob sich die Landesregierung dem beugen wird, ist unklar.
Eine Prognose zu machen, wann die Läden, Restaurants und Fitnesscenter wieder aufgehen, ist derzeit nicht möglich. Gerade das Aufkommen der Corona-Mutanten hat gezeigt: Die Lage kann sich innert Wochen entscheidend verändern.
Wir wäre denn eine Prognose, welche der geschlossenen Betriebe in März, April, Mai...oder wann auch immer geöffnet werden darf.. noch da sind, um überhaupt wieder zu öffnen?