Am Mittwoch meldete das Bundesamt für Gesundheit (BAG) 17'634 neue Ansteckungen mit dem Coronavirus. Die neue Virusvariante Omikron ist unterdessen dominant. Die Corona-Taskforce des Bundes rechnet damit, dass die Fallzahlen auch in den kommenden Tagen sehr rasch steigen werden.
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Die hohen Fallzahlen bringen viel Verunsicherung und Forderungen nach weitergehenden Massnahmen mit sich. Folgend ein aktueller Überblick:
Während des Point de Presse am vergangenen Dienstag hielt sich Tanja Stadler, die Vorsitzende der Covid-Taskforce, mit Massnahmen-Empfehlungen zurück. Doch im Nachgang der Pressekonferenz machte die Taskforce publik, dass sie dem Bundesrat bereits am 11. Dezember riet, alle Lokalitäten zu schliessen, bei denen keine Masken getragen werden kann.
Heisst konkret: Restaurants hätten nur noch im Aussenbereich servieren dürfen und Hallenbäder wären geschlossen worden. Die Taskforce wollte ebenfalls die privaten Kontakte an Weihnachten auf zwei Haushalte begrenzen und die Schülerinnen und Schüler zweimal pro Woche auf eine Covid-Infektion testen lassen.
Der Bundesrat entschied dann bekanntlich anders.
Obwohl die täglich gemeldeten Fallzahlen bald die 20'000-Marke knacken, meldete sich Gesundheitsminister Alain Berset am Mittwoch nur über Twitter zur aktuellen Lage.
Es komme zurzeit zu keinen weiteren Schliessungen trotz der zahlreichen Omikron-Ansteckungen. Ein weiteres Paket an Massnahmen «auch mit Schliessungen» liege aber bereit, schreibt Berset in einer Reihe von Tweets. «Der Bundesrat kann rasch entscheiden, wenn genauere Daten zur Gefährlichkeit von Omikron vorliegen», schreibt er abschliessend. Damit könnten die Schliessungen von Restaurants, Bars, Hallenbäder oder Fitnesszentren gemeint sein.
Zurzeit keine weitergehenden #COVID19-Massnahmen des Bundes. Das nächste Paket mit Massnahmen – auch mit Schliessungen – ist bereit. Der Bundesrat kann rasch entscheiden, wenn genauere Daten zur Gefährlichkeit von Omikron vorliegen.
— Alain Berset (@alain_berset) December 29, 2021
Die nächste offizielle Bundesratssitzung ist für den 12. Januar geplant.
Kritischer klingt es aus den Kantonen. «Den Kantonen weitere Corona-Massnahmen zu überlassen, sei eine gewisse Heuchelei», sagte der Genfer Gesundheitsdirektor Mauro Poggia gegenüber RTS. Poggia fordert vom Bund die ausserordentliche Lage auszurufen.
Auch in Luzern fordert man den Bund dazu auf, schärfere Massnahmen zu ergreifen. «Ich gehe davon aus, dass zusätzliche Massnahmen beschlossen werden müssen. Der Bundesrat ist sich seiner Verantwortung sicher bewusst», so der Luzerner Regierungsrat Guido Graf gegenüber der «NZZ». Von einem kantonalen Massnahmen-Flickenteppich, wie dies vergangenen Jahres der Fall war, hält Graf wenig.
Ebenfalls deutlich wurde Lukas Engelberger, Präsident der Konferenz der Gesundheitsdirektorinnen und Gesundheitsdirektoren. Es sei klar, dass sich aufgrund der rekordhohen Fallzahlen die Frage nach weiteren Massnahmen stelle, so Engelberger gegenüber Radio SRF. «Bund und Kantone sind aufgerufen zu prüfen, ob der aktuelle Massnahmenmix noch stimmt», sagt Engelberger weiter.
Von den Parlamentarierinnen und Parlamentarier ist derzeit wenig zu lesen. Viele scheinen sich in die Weihnachtsferien verabschiedet zu haben.
Gar nicht zufrieden mit der Zurückhaltung der Landesregierung ist die Tochterpartei der SP. Juso-Präsidentin Ronja Jansen schlägt auf Twitter Alarm und fordert einen sofortigen Lockdown.
Heute 17000 neue Fälle. Mit Verdoppelung alle 4 Tage sind wir in 2 Wochen bei 200 000 Neuinfektionen. Wir fahren mit Vollgas auf die Omikron-Wand zu und der Bundesrat weigert sich den Fuss vom Gaspedal zu nehmen.
— Ronja Jansen (@RonjaJansen) December 29, 2021
Wie kann man sich der Realität so hart verweigern?
LOCKDOWN JETZT!
Milder äussert sich Dagmar Rösler, Präsidentin des Dachverbands der Lehrerinnen und Lehrer. Rösler fordert eine nationale Corona-Testpflicht und einheitliche Regeln für das Maskentragen. Schulschliessungen sollen aber nur im «allerletzten Fall» angeordnet werden, weil sich gezeigt habe, dass viele Kinder zu Hause nicht genügend Unterstützung erhalten.
Vor erneuten Schliessungen fürchtet man sich in der Gastroszene. «Damit würde man eine ganze Branche kaputtmachen, es wäre ein Horrorszenario», sagte Urs Pfäffli, Präsident von Gastro Zürich am Donnerstag gegenüber dem «Blick». Pfäffli ärgert sich darüber, dass die Restaurants immer die Zielscheibe sind. Er plädiert dafür, dass im Januar, wenn überhaupt, alles runtergefahren wird und nicht nur Restaurants und Bars geschlossen werden.
Auch bei der Zürcher Bar & Club Kommission zeigt man sich frustriert. «Bei uns ergreift man immer als erstes Massnahmen und verschärft sie», zitiert der «Blick» Alexander Bücheli. Er findet die aktuellen Massnahmen sinnvoll. Es sei besser, wenn sich junge Menschen im kontrollierten Rahmen zu Silvester treffen würden, wo eine Zertifikats- und Testpflicht gilt, anstatt privat unkontrolliert zu feiern.
Vor Jahresende ist kaum mit weiteren Verschärfungen zu rechnen, obwohl diese von verschiedenen Stimmen gefordert werden. Der Bundesrat wartet ab, wie sich die Omikron-Variante auf den Krankheitsverlauf auswirkt.
Im neuen Jahr könnte es allerdings zu weiteren Schliessungen kommen. Überall dort, wo keine Maske getragen und Abstände nicht eingehalten werden, könnte es kritisch werden. Restaurants, Bars, Clubs, Fitnesscenter und Hallenbäder könnten unter anderem davon betroffen sein.
Die Kantone, die immer souverän sein wollen, sollen Massnahmen einführen die sie für sich entscheiden können.
Aber es ist bequemer alles auf den Bund zu schieben. Verantwortung ist dann doch mühsam