Geschlagene 42 Stunden dauerte es, bis nach einem positiven Coronatest dem Sohn der Aargauer Lehrerin Monika Stiller ein Covidcode zugestellt wurde. Ihr von watson aufgegriffenes «Live-Protokoll» hat für Aufsehen gesorgt. «Liebe Kantone, so läuft euch die Zeit davon. Die schnellste Technologie nützt nichts, wenn das Zuvor und das Danach dermassen langsam ist», schrieb etwa Epidemiologe Marcel Salathé.
Zwei Tage Wartezeit auf den Covidcode: Der Vorgang ist kein Einzelfall. Aufgrund des Artikels hat sich der Zürcher Thomas M.* bei watson gemeldet. Seine Schilderungen bestätigen die zähflüssigen Vorgänge bei den kantonalen Gesundheitsbehörden, die für das Ausstellen verantwortlich sind.
Thomas befindet sich derzeit zuhause in Isolation, er ist an Covid-19 erkrankt, bestätigt durch einen Test am Montag. Doch zwei Tage später wartete der 30-jährige Mann immer noch auf den Covidcode, den er verwenden wollte, um andere SwissCovid-Nutzer per App anonym zu warnen.
«Trotz zweifachem Nachfragen beim kantonsärztlichen Dienst, wurde mir bis zum jetzigen Zeitpunkt noch kein Code für die Tracing-App zugeschickt», wunderte sich Thomas.
Er sei SwissCovid-Nutzer der ersten Stunde, habe sie umgehend heruntergeladen, nachdem sie Ende Juni verfügbar war. Doch nun frage er sich schon, was das bringen solle, wenn man im Ernstfall gar niemanden warnen könne. «Zuerst heisst es, man solle die App unbedingt herunterladen, aber dann kann man nicht mehr tun, als zu warten.»
Dabei zählt genau in dieser Situation jede Stunde. Je früher die Menschen gewarnt werden, die mit Thomas in engerem Kontakt standen, desto grösser die Wahrscheinlichkeit, dass sich unbemerkte Ansteckungen nicht weiter ausbreiten.
Thomas liess sich am Montagmorgen in einem kleineren Spital in seinem Wohnkanton Zürich testen. Wenige Stunden danach hatte er bereits Gewissheit: Am Telefon eröffnete ihm eine Mitarbeiterin des Spitals, dass ein positives Testresultat vorliege. Noch am gleichen Nachmittag, weitere zwei bis drei Stunden später, wurde Thomas vom kantonsärztlichen Dienst angerufen. So konnte er einer Mitarbeiterin des Contact-Tracing-Teams mögliche Kontakte angeben.
Abgesehen vom Ausstellen des Covidcodes habe das Contact Tracing aus seiner Sicht gut geklappt. Schon zwei Stunden nachdem er eine Liste mit möglichen Kontakten (und deren Handynummern) abgegeben hatte, seien die Leute kontaktiert und befragt worden. Dies hätten Rückmeldungen aus seinem Umfeld gezeigt.
Als er dann auch am Folgetag, dem Dienstag, noch immer keinen Covidcode erhalten hatte, fragte er per E-Mail beim kantonsärztlichen Dienst nach. Im Antwortmail hiess es, dass tatsächlich noch kein Code für ihn erstellt worden sei «und dass dieser jetzt bestellt wird». Was lief da schief?
Er wisse nicht, was das Standardprozedere beim kantonsärztlichen Dienst sei, wenn ein positiver Test vorliege, sagt Thomas. Ein drittes Mal wolle er nicht nachfragen.
Kein Covidcode. Dafür traf am Dienstag auf seinem Handy eine SMS ein, das ihn vor einer möglichen Ansteckung warnte.
Die allgemein formulierte Mitteilung bezog sich vermutlich auf die Zürcher Bar, in der sich Thomas am vergangenen Freitag, dem 21. August, abends als Gast aufgehalten hatte. «Ich war in einer Bar an der Langstrasse», erzählt er. «Und dort musste man sich mit den Kontaktdaten registrieren.»
Demnach klappte die Alarmierung gemäss dem Gastro-Schutzkonzept. Nur auf den Covidcode wartet Thomas immer noch. Sein Krankheitsverlauf ist mild, er hat seit ein paar Tagen typische Corona-Symptome wie Fieber und Husten.
Update: Am Mittwochabend, um 18.30 Uhr, dann endlich die positive Nachricht: «Ich habe den Code nun erhalten», schreibt Thomas der watson-Redaktion.
Warum dauert es auch im Kanton Zürich zwei Tage bis zum Versenden des Covidcodes? Wie und durch wen werden die Covidcodes generiert und ausgegeben?
Auf Anfrage von watson hiess es am Mittwoch seitens der Zürcher Gesundheitsdirektion, man nehme zu anonymen Aussagen keine Stellung. «Wie das technisch abläuft, müssen Sie das BAG als Betreiberin der App befragen», sagte Mediensprecher Marcel Odermatt. Dies obschon die Kantone offiziell für die Ausstellung der Codes zuständig sind.
Beim BAG heisst es, der Austausch zwischen den kantonalen Behörden finde laufend statt. «Wir sind immer offen für Rückmeldungen. Der Prozess ist grundsätzlich bei den Kantonen angesiedelt, was selbstverständlich nicht ausschliesst, dass wir gemeinsam nach möglichen Lösungen suchen», erklärt BAG-Sprecher Marco Stücheli.
Man befinde sich in Kontakt mit dem Verein Kantonsärzte Schweiz VKS. «Wir bieten dabei auch unsere Unterstützung an, wenn es zu Verzögerungen bei der Zustellung der Covidcodes kommt», so Stücheli. Beispielsweise erneute Schulungen der Mitarbeiter der kantonsärztlichen Dienste zur Generierung der Covidcodes oder die Einarbeitung neuer Mitarbeitenden auf das System zur Generierung von Covidcodes.
Ist es also normal, dass es über 40 oder gar 48 Stunden bis zum Versand des App-Codes durch die zuständigen Kantone dauert? Wie lange dauert es im Durchschnitt? Man führe diesbezüglich keine Statistik. «Es besteht keine zeitliche Zielvorgabe an die Kantone», sagte Bücheli weiter.
* Name geändert
Es könnte doch so einfach sein. Ich erhalte ein pos. Testresultat und beantrage direkt in der App den Code. Die App generiert einen Zugangscode, den ich dem Contact Tracer mitteile. Über diesen schaltet er oder der entsprechend berechtigte, Kt. Mitabeiter den beantragten, eigentlichen Code direkt frei. Der ganze Informationsweg zurück zu mir ist unnötige Arbeit und Zeitverlust.