«Stop SwissCovid!»: Die Botschaft des Referendumskomitees ist klar. Sie will der Schweizer Corona-App, kurz SwissCovid, den Stecker ziehen. Morgen tritt das Komitee an einer Medienkonferenz in Bern auf; seine wichtigsten Köpfe stammen aus der Westschweiz. Prominentestes Mitglied ist Jean-Luc Addor, ein SVP-Nationalrat aus dem Kanton Wallis.
Ansonsten ist das Komitee bunt zusammengewürfelt. An der Pressekonferenz tritt etwa auch ein ehemaliger grüner Kantonsrat auf. Koordiniert wird das Komitee von François de Siebenthal. Der Waadtländer nahm letztes Jahr an Gelbwesten-Protesten auf dem Berner Bundesplatz teil und machte sich 2018 für die Vollgeld-Initiative stark. Damals geriet er in die Schlagzeilen, weil er bei einer rechtsextremen Gruppierung für ein Ja zur Initiative warb.
Die Argumente der App-Gegner kann man schon heute auf ihrer Website nachlesen. Sie warnen etwa vor einer Gesellschaft, die auf digitaler Überwachung und sozialer Kontrolle basiere - nach «dem traurigen Beispiel Chinas». Daneben befürchtet sie den Abfluss von Daten und die Zweckentfremdung der App.
Allerdings: die gesetzlichen Grundlagen, welche das Parlament im Juni verabschiedet hat und gegen welche das Westschweizer Komitee das Referendum ergreifen will, haben gerade in diesen Punkten Klarheit geschaffen. So steht im Gesetz, dass die Installation der App freiwillig ist. Die Daten müssen dezentral gespeichert werden, und eine Ortung von Personen ist nicht erlaubt. Zudem soll der Bundesrat die App wieder einstellen, sobald sie zur Bekämpfung der Corona-Epidemie nicht mehr benötigt wird. Spätestens per 30. Juni 2022, so steht es im Gesetz, wird es hinfällig.
Das alles beruhigt das Referendumskomitee indes nicht. Es will bis 8. Oktober 2020 die benötigten 50'000 Unterschriften sammeln und damit eine Abstimmung erzwingen. Für die SwissCovid-App ist das ein Rückschlag, und er passt zu einer Entwicklung, die sich schon seit längerem abzeichnet: die anfängliche Euphorie um die App ist verflogen.
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Das lässt sich auch an den Nutzerzahlen ablesen. Die Zahl der aktiven Apps hat zuletzt abgenommen, am Sonntag betrug sie knapp 940'000, fast 80'000 weniger als vor zwei Wochen. Heruntergeladen wurde die App gegen zwei Millionen Mal, ein eigentlich guter Wert, auch im internationalen Vergleich. Doch was bringt das, wenn die App in mehr als der Hälfte der Fälle nicht aktiviert ist?
Von den Download-Zahlen, die noch im April möglich schienen, ist die Schweiz ohnehin weit entfernt. Damals gaben gegenüber der Forschungsstelle Sotomo 65 Prozent der Befragten an, die App installieren zu wollen. Ende Juni ermittelte Comparis noch einen Wert von 44 Prozent.
Ein Grund dafür dürften technische Hürden sein. So funktioniert die App auf älteren Iphones nicht, was der Schweizerische Seniorenrat Ende Juni in einer Medienmitteilung kritisierte. Nutzer von Android-Smartphones sind verunsichert, weil sie bei der Installation der App ihren Standort freigeben müssen. Und wer ein Huawei-Handy besitzt, das vom US-Bann betroffen ist (aktuell nur das Mate 30, Mate Xs und die P40-Serie), kann die App nicht verwenden, weil das Tracing aufgrund der fehlenden Google Mobile Services nicht möglich ist.