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Atommüll-Endlager in Stadel: Die wichtigsten Fragen und Antworten

Die wichtigsten Fragen und Antworten zum geplanten Atommüll-Endlager

Seit September 2022 ist bekannt, dass die Nagra das Schweizer Atommüll-Tiefenlager im Zürcher Unterland bauen will. Die wichtigsten Fragen und Antworten zum umstrittenen Vorhaben.
19.11.2024, 10:2719.11.2024, 13:33
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Stadel ZH: Erst ab 2029 entscheiden Bundesrat und Parlament über den Standort.Bild: keystone

Wie weit ist die Planung?

Heute Dienstag reicht die Nagra beim Bundesamt für Energie das Gesuch für den Bau des Endlagers in Stadel ZH und die Brennelement-Verpackungsanlage in Würenlingen AG ein. Die Gesuche umfassen rund 30'000 Seiten. Bis im Frühling 2025 prüfen die Behörden, ob alle nötigen Unterlagen eingereicht wurden. Dann werden die Gesuche veröffentlicht.

Gibt es Widerstand?

Ja. Ein Komitee fordert, dass die Vorlage zwingend vors Volk kommt. Ein Parlamentsbeschluss reiche für einen Entscheid von einer Million Jahren Tragweite nicht aus. Bis es eine Abstimmung gibt, dürfte es aber noch Jahre dauern. Erst ab 2029 entscheiden Bundesrat und Parlament über den Standort.

Unabhängige Experten kritisieren das aus ihrer Sicht veraltete Entsorgungskonzept. Der hochradioaktive Abfall, der ohne weitere Behandlung noch Hunderttausende Jahre gefährlich bleibt, solle wegen der Umweltrisiken nicht tief im Boden vergraben werden.

Erhalten die Gemeinden Geld?

Ja, die betroffenen Gemeinden in den Kantonen Zürich, Aargau, Schaffhausen sowie Deutschland sollen entschädigt werden. Aktuell laufen die Verhandlungsgespräche an, bei denen geklärt werden soll, wer wie viele Millionen Franken erhält.

Um wie viel Geld es geht, ist offen. Am Verhandlungstisch sitzen die Gemeinden, der Bund, die Kantone und auch die Kernkraftwerkbetreiber, die den grössten Teil der Abgeltungen zahlen müssen.

Tatsächlich haben die Standortgemeinden – neben Stadel ist auch Glattfelden direkt betroffen – und die ganze Region ein immenses Risiko zu tragen.

Was kostet das?

Die Gesamtkosten der Schweizer Atomkraftwerke, inklusive der sicheren Entsorgung des gefährlichsten Atommülls aus den Reaktoren, sind offen.

Die eigentlichen Kosten der heute betriebenen Schweizer AKW – die Kosten der Nachbetriebsphase, der Stilllegung und der Abfallentsorgung – sind jedoch noch weitgehend unbekannt. Bislang werden sie alle fünf Jahre neu geschätzt und zwar von Swissnuclear, dem Dachverband der Schweizer AKW-Betreiber. Dass dieser ein Interesse daran hat, die Kosten nicht allzu hoch einzuschätzen, liegt in der Natur der Sache.

Zwar tätigen die AKW-Betreiber Rückstellungen in Milliardenhöhe. Ob dieses Geld reicht, ist fraglich. Sonst werden die Steuerzahler zur Kasse gebeten.

Sind in der Region Stadel die Immobilienpreise eingebrochen?

Nach dem Standortentscheid war in Stadel kurzzeitig ein kleiner Immobilien-Knick zu beobachten. Vor allem Einfamilienhäuser kamen vermehrt auf dem Markt. Die Situation stabilisierte sich rasch. Immobilienexperten rechneten nach dem Standortentscheid jedoch mit einer längerfristigen Wertminderung von bis zu zehn Prozent.

Hat das Endlager auch positive Effekte?

Das geplante Endlager könnte in der Region angeblich auch zu einer positiven Entwicklung führen. Dies nicht nur wegen der Abgeltungen in Millionenhöhe. Für mehrere Jahre dürfte das Endlager auch die grösste Baustelle des Landes werden, mit entsprechend vielen Arbeitsplätzen.

Wie lange dauerte die Suche nach einem Standort?

Fast 50 Jahre suchte die Nagra erfolgos nach einem geeigneten Standort für die langfristige Entsorgung radioaktiver Abfälle. Dabei gab es zuletzt drei potenzielle Standorte: Nördlich Lägern, die Region Zürcher Weinland und die Region Jura Ost im Aargau (Bözberg). Nördlich Lägern war vorübergehend aus dem Rennen gefallen, wurde dann aber wieder als möglicher Standort ins Auge gefasst und schliesslich ausgewählt.

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quelle: shutterstock
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Wo lagert der Schweizer Atommüll heute?

Der bisher angefallene Atommüll liegt derzeit noch in speziell gesicherten Behältnissen in Hallen an der Erdoberfläche – bei den Kernkraftwerken selbst und in zwei Zwischenlagern im Kanton Aargau.

Weshalb braucht es ein Tiefenlager?

Weil es derzeit keine technische Lösung gibt, um den gefährlichsten Atommüll zu entschärfen.

Atommüll entsteht bei der Stromproduktion in Atomkraftwerken, aber auch in Medizin, Forschung und Industrie. An der Erdoberfläche sollten hochradioaktive Abfälle nicht gelagert werden, weil niemand weiss, wie sich Gesellschaft und Erdoberfläche in den kommenden Jahrtausenden verändern werden, etwa was Kriege oder die Klimaerwärmung betrifft. Als sicherste Lösung gilt das Einlagern in mehreren hundert Metern Tiefe. In der Schweiz eignen sich dafür Gesteinsschichten aus Opalinuston, einem grauschwarzen Schieferton.

Was genau soll im Boden gelagert werden?

Eingelagert werden sollen vor allem hochradioaktive Brennelemente aus AKWs. Dazu kommen schwach- und mittelradioaktive Abfälle wie kontaminierte Schutzkleidung, Rohre und Isolationsmaterial der AKW, sowie Abfälle aus Forschung, Medizin und Industrie. Der Bund rechnet damit, dass bis 2075 ein Volumen von rund 90'000 Kubikmetern anfällt.

Wie lange soll dieses Lager in Betrieb sein?

Ein Tiefenlager muss die Abfälle für Zehntausende bis Hunderttausende von Jahren einschliessen, bis sie zur Unschädlichkeit zerfallen. Plutonium-239 beispielsweise, das auch für den Bau von Atomwaffen genutzt wird, braucht mehr als 24'000 Jahre, bis die Hälfte der Atomkerne zerfallen ist (Halbwertszeit).

Eine schnellere Lösung strebt das Schweizer Unternehmen Transmutex an. Durch Transmutation sollen die hoch radioaktiven, langlebigen Substanzen zu Substanzen geringerer Radioaktivität und kürzerer Lebensdauer (Halbwertszeit) umgewandelt werden. Gemäss den Verantwortlichen könnte in weniger als 20 Jahren die entsprechende Technologie verfügbar sein. Eine Pilotanlage ist im Atomstrom-Land Frankreich geplant.

Stadel will Bevölkerung miteinbeziehen

Di Gemeinde selbst hat nüchtern und gefasst reagiert. Man wolle die Interessen der Gemeinde im demokratischen Prozess wahren und die Bevölkerung aktiv und kontinuierlich miteinbeziehen.

Gerade für Stadel als Standortgemeinde werde dieser Entscheidfindungsprozess sehr anspruchsvoll, teilte die Gemeinde am Dienstag mit. Mit der Einreichung des Rahmenbewilligungsgesuchs zur Errichtung eines geologischen Tiefenlagers für radioaktive Abfälle erlebe die Schweiz eine Premiere.

Dieter Schaltegger, Gemeindepräsident von Stadel, sagte dazu: «Stadel ist eine sehr kleine, ländliche Gemeinde. Wir sind es, die das Tiefenlager zu dulden haben.» Zum Glück habe man aber früh erkannt, dass ein solches Vorhaben grundsätzlich eine Überforderung darstelle für ein so kleines Dorf und einen Gemeinderat ohne zusätzliche Mittel.

Der Gemeinderat von Stadel habe sich deshalb vorbereitet und stelle seit Anfang 2024 sicher, dass die Bevölkerung zeitgerecht und transparent informiert werde, sei es über Veranstaltungen oder die zur Verfügung stehenden Kommunikationskanäle. So könnten die Einwohnerinnen und Einwohner besser nachvollziehen, warum ihre Wohngemeinde in den nächsten Jahren im nationalen Fokus stehen werde.

(sda)

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30 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Overton Window
19.11.2024 10:35registriert August 2022
"die Kernkraftwerkbetreiber, die den grössten Teil der Abgeltungen zahlen müssen."

WIE bitte, nur "den grössten Teil"?

Ich bin sprachlos.
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Voraus denken!
19.11.2024 10:57registriert März 2022
Und die ewiggestrigen Putainversteher wollen neue AKW bauen. Soviel Blödsinn kommt auch nur aus der Ecke der Rechtspopulisten.

Die Milliarden für den Bau, Unterhalt und Entsorgung sollten in die nachhaltige Förderung von regenerativen Energien investiert werden.

Wir könnten damit die Energieherstellung als auch die Speicherung ujd Verteilung zum Ausgleich der witterungsbedingten Schwankungen bis in 10 Jahren optimiert haben.

Aber das würde ua bedeuten, die Lobbyisten gingen leer aus.
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