Der Zahlenstreit rund um die Abstimmung über das neue Energiegesetz ist zwei Wochen vor dem Urnengang um ein Kapitel reicher. Gemäss einer am Sonntag veröffentlichten Studie zahlt sich die Energiewende in der Schweiz längerfristig auch finanziell aus.
Demnach liegen die Kosten bis zum Jahr 2033 zwar etwas höher als im Szenario «Status quo». Danach führen die für Energieeffizienz und in erneuerbare Energien getätigten Investitionen aber zu steigenden Kostenvorteilen, wie die neue econcept-Studie im Auftrag der Schweizerischen Energie-Stiftung (SES) zeigt. Ihr Fazit: «Die Energiewende ist eine Investition in die Zukunft.»
Die SES hat sich bereits mehrmals zur Energiestrategie 2050 bekannt. Diese sei ein erster Schritt in die neue Energiezukunft und schaffe neue Wertschöpfung in der Schweiz, argumentiert die Stiftung. Die neue Studie stützt diese Argumentation weitgehend.
Gemäss der Untersuchung würde die Schweiz bei der Energiebereitstellung und Energieeffizienz zwischen 2020 und 2050 durchschnittlich 800 Millionen Franken im Jahr einsparen. Dies entspreche 2 Prozent der Gesamtkosten.
In den ersten Jahren verursache die Energiewende auch Mehrkosten. Diese überstiegen in der Phase bis ins Jahr 2034 die Kosten für eine Weiterführung des Status quo aber nie um mehr als 5 Prozent. Ab 2034 bis ins Jahr 2050 koste das Szenario «Weiter wie bisher» dagegen rund 11 Prozent mehr als die neue Energiestrategie.
Die econcept-Studie führt auch Gründe für die Annahmen aus. Beispielsweise gingen die Kosten für Energieträger und den Energiebedarf bei einer Energiewende «massiv zurück». Starken Preisanstiegen bei den importierten, fossilen Energieträgern könne so ausgewichen werden. Zudem führe die Energiewende, wie sie dem Bundesrat und dem Parlament vorschwebt, zu massiven Reduktionen beim Energieverbrauch und bei den Treibhausgasemissionen.
Nicht ausschlaggebend für oder gegen eine Energiewende sei das Argument der Arbeitsplätze, schreibt econcept. Die Beschäftigungswirkung sei bei einer Energiewende wahrscheinlich eher positiv, aber nicht auf signifikantem Level.
Wie vor vielen Abstimmungen widersprechen sich Befürworter und Gegner der Vorlage bei den Kosten. Laut dem Bund führen die Gesetzesänderungen, über die am 21. Mai abgestimmt wird, in den nächsten fünf Jahren zu zusätzlichen Kosten von rund 40 Franken im Jahr für einen Haushalt mit vier Personen.
Diese Kosten entstehen durch die stärkere Förderung der erneuerbaren Energien: Bei einem Ja wird der Netzzuschlag von 1.5 auf 2.3 Rappen pro Kilowattstunde erhöht, damit für die Energie aus Wasser, Sonne, Wind, Geothermie und Biomasse mehr Geld zur Verfügung steht. Das sind die einzigen direkten Kosten, die den Konsumenten durch das neue Gesetz entstehen.
Aus Sicht der Gegner ist diese Darstellung zwar nicht falsch, aber nur die halbe Wahrheit. Langfristig beliefen sich die Kosten für einen Vier-Personen-Haushalt auf jährlich 3200 Franken, behaupten sie. Der Betrag bezieht sich auf die Kosten möglicher künftiger Massnahmen. Solche werde es brauchen, damit die im Gesetz verankerten Ziele erreicht werden könnten, argumentiert das Nein-Komitee.
Welche weiteren Massnahmen mit Kostenfolgen nötig sein werden, hängt nicht zuletzt von der technologischen Entwicklung ab, die über dreissig Jahre schwer abzuschätzen ist. Die Kosten sind aber auch deshalb kaum zu beziffern, weil unklar ist, was die Alternative wäre. Mehrkosten gegenüber dem Status quo auszuweisen ist nicht sinnvoll, da die heutigen AKW das Ende ihrer Lebensdauer erreichen werden.
Ein Teil der Gegner möchte die wegfallenden AKW mit Gaskombikraftwerken ersetzen. Auch das würde aber die Allgemeinheit etwas kosten, zumal sich wegen der niedrigen Strompreise derzeit keine Investoren finden. Gaskombikraftwerke stehen zudem im Konflikt mit den Klimazielen. Die Befürworter halten es daher für sinnvoller, in erneuerbare Energien zu investieren. (sda)