200 statt 335 Franken für die SRG – eine Frage entzweit die FDP
Der Unternehmer hat sich profiliert mit seinem Einsatz für das Vertragspaket mit der EU. Nun ist FDP-Nationalrat Simon Michel auf der Website der 200-Franken-Initiative als «Unterstützer» aufgeführt, mit Bild.
Das überrascht in Bundesbern viele. Michel wird nicht zum liberal-konservativen Flügel der FDP gezählt. Michel ist Solothurner – in diesem Kanton ist der Freisinn traditionellerweise auf einem moderaten Kurs. Und jetzt ist Nationalrat Michel dafür, dass der SRG die Mittel halbiert werden?
Er will nicht sagen, warum das so ist. Simon Michel lehnt es ab, zum Thema Stellung zu nehmen. Schon als die grosse Kammer im vergangenen Juni über die Halbierungsinitiative befand, war der FDP-Politiker im Lager der Befürworter. Das zeigt die Abstimmungsstatistik. Die Medien gingen damals aber nicht darauf ein.
Klares Ja der St.Galler FDP zur Halbierungsinitiative
Michels Positionsbezug ist keine gute Nachricht für die SRG. Eine erste Umfrage zeigte, dass ein eher knappes Resultat möglich ist in der Volksabstimmung am kommenden 8. März. Die Empfehlung der FDP spielt eine Rolle.
Die freisinnigen Parteidelegierten werden sich spät festlegen, an der Versammlung vom 31. Januar 2026 – fünf Wochen vor der Abstimmung. In den Kantonen sind die Ergebnisse bisher gemischt.
Die St. Galler FDP empfiehlt klar ein Ja zur 200-Franken-Initiative, mit 50 gegen 28 Stimmen. Die Kantonalzürcher FDP ist relativ knapp für die Ablehnung: 62 gegen 55. Die Aargauer Freisinnigen sprechen sich mit 30 gegen 13 Stimmen hingegen deutlich gegen die Vorlage aus.
Beeinflusst wurde das Resultat von Ständerat Thierry Burkart. Er wies an der Versammlung der kantonalen FDP darauf hin, dass die SRG unter Generaldirektorin Susanne Wille endlich einen Sparkurs eingeschlagen habe. Ausserdem sei Wille Aargauerin – sie ist in Villmergen aufgewachsen. Das leuchtete den Delegierten ein.
Dass die Freisinnigen die SRG bei weitem nicht mehr so klar unterstützen wie SP, Grüne und Mitte-Partei, zeigte schon die Abstimmung im Nationalrat. Neben Simon Michel votierten 9 Freisinnige für die Halbierungsinitiative und 15 dagegen. Das entspricht einem Stimmenverhältnis von 60 gegen 40. Die No-Billag-Vorlage im Jahr 2018 hatten die FDP-Delegierten mit 71 Prozent Neinstimmen zur Ablehnung empfohlen.
Die Jungfreisinnigen unterstützten die SVP von Anfang an, als die Volkspartei ein neues SRG-kritisches Volksbegehren startete. FDP-Nationalrat Marcel Dobler ist Mitglied des Abstimmungskomitees. Er sagt, dass die SRG-Gebühren zu hoch, unfair und eine «steuerliche Dreifachbelastung» seien: Private Haushalte zahlten die Medienabgabe ebenso wie Unternehmen und die grösseren Pensionskassen. Das sei ein Konstruktionsfehler.
Auch FDP-Nationalrat Peter Schilliger spricht von einem «Fehler im System.» Er ist im Ja-Komitee und meint, es sei bedauerlich, dass das Parlament einen Gegenvorschlag abgelehnt habe. Der Plan, zwar alle Unternehmen von der Abgabe zu befreien – wie es die Volksinitiative verlangt -, aber die Haushaltsabgabe nicht auf 200 Franken zu senken, scheiterte.
Der Gewerbeverband hat sich aus dem gleichen Grund für die Initiative ausgesprochen. Der Verband hält den Plan von Medienminister Albert Rösti, 80 Prozent der Schweizer Unternehmen von der Abgabe zu entbinden, für ungenügend.
Versammlungsort kann Abstimmungsempfehlung beeinflussen
FDP-Ständerat Josef Dittli hält wenig von diesen Argumenten. «Ein Ja zur Halbierungsinitiative würde nicht nur der SRG grossen Schaden zufügen, sondern auch der Sprachenvielfalt in der Schweiz, den vier Kulturen und der Information in den wenig besiedelten Regionen.» Als vormaliger Urner Regierungsrat habe er mitverfolgt, wie die Journalisten der SRG seriös über die Arbeit von Regierung und Parlament des kleinen Kantons berichtet hätten.
Freisinnige Politiker, die wie Dittli die Halbierungsinitiative ablehnen, verweisen darauf, dass die Delegiertenversammlung Ende Januar in Genf stattfindet. Es werde mit einer hohen Beiteilung der Romands gerechnet. Die Westschweizer seien gegenüber der SRG weniger kritisch eingestellt als die Deutschschweizer.
Unter den Unterstützern der 200-Franken-Initiative ist auf der Website des Komitees allerdings auch FDP-Nationalrätin Jacqueline de Quattro zu finden. Sie gehörte während zwölf Jahren der Waadtländer Regierung an. Es ist ein Warnsignal für die SRG. (aargauerzeitung.ch)
