Er, Andreas Glarner, habe sich selber zu dieser Sendung eingeladen, das habe vor ihm noch kein Politiker gemacht, sagte Schawinski gleich zu Beginn des Talks, und wollte damit belegen, dass der SVP-Asylverantwortliche kein Mittel scheut, um in die Öffentlichkeit zu gelangen.
Zu Giacobbo/Müller habe er sich schliesslich auch schon selber eingeladen. «Ich bin doch ein nützlicher Idiot für Sie, oder?», fragte Schawinski.
Das müsse er schon selber wissen, meinte Glarner daraufhin und verteidigte sich: «Ich suche die Medien nicht, glauben Sie mir!»
Für Schawinski wenig glaubwürdig: «Sie hoffen, dass ich Sie jetzt möglich hart attackiere, was bei ihren Sympathisanten dann wieder für Zustimmung sorgt.» Das sei doch die «Glarner-Methode».
Die Provokation stehe bei Glarner im Vordergrund, Fakten und Wahrheit seien sekundär, so der Vorwurf Schawinskis an die Adresse seines Gastes. Glarner bestritt diesen Vorwurf zunächst vehement, wurde dann aber in der ersten Hälfte der Sendung gleich drei Mal überführt.
In einem Interview auf watson habe Glarner letztes Jahr gesagt, «Mein Gott, ist doch nicht so schlimm, dass das eine Falschinformation war», eröffnete Schawinski seine Beweisführung. Glarner behauptete damals fälschlicherweise, dass Rentner in Chiasso aus einem Haus ausziehen müssen, um Asylbewerbern Platz zu machen.
Erneut versuchte sich Glarner gestern von diesem Vorwurf zu distanzieren, in dem er darauf verwies, dass er sich auf Informationen der Vize-Stadtpräsidentin verlassen habe. Als Schawinski dann entgegnete, dass er doch mindestens hinterher hätte sagen können, dass es eine Falschinformation gewesen sei, musste sich Glarner ein erstes Mal geschlagen geben.
Für so ein linkes Newsportal wie watson, das ihn die ganze Zeit angreife, habe man halt nicht episch Zeit, so Glarner. Irgendwann sage man da doch einfach: «Jetzt isch doch Gopferdeckel gnueg, es isch ja nur e Falschinformation, woni ufgsässe bi.»*
Als Nächstes führte Schawinski einen Ausschnitt aus einem kürzlich ausgestrahlten SRF-Dok vor. Zu sehen: Andreas Glarner, der behauptet, dass Muslime fünf bis sieben Kinder pro Familie auf die Welt bringen würden. Eine genaue Studie, welche diese Zahlen belegt, konnte er nicht nennen.
Aber es seien lediglich 2,1 Kinder, die eine muslimische Familie durchschnittlich auf die Welt bringe, warf Schawinski («ich habe recherchiert») gestern Andreas Glarner vor. Der SVP-Mann wehrte sich in dem er sagte, die fünf bis sieben Geburten würden sich auf die «Banlieues» in Frankreich beziehen, wo sich die Muslime «zusammenrotten» würden.
Diese Zahlen hätten sich erhärtet, behauptete Glarner zwar, eine Studie konnte er aber immer noch nicht nennen. Die Informationen würden von «seinen Leuten» stammen.
Für Schawinski ein klarer Fall: «Ihre Aussage ist ganz einfach falsch!» Während das SRF die Zahlen von einem renommierten Institut bezöge, würde er Zahlen von «seinen Fachleuten» nennen.
Daraufhin meinte Glarner nur noch schmunzelnd: «Who cares?»
Auch nach der Abstimmungsniederlage um die erleichterte Einbürgerung schmiss Glarner etwas gar wild mit Zahlen um sich. Einen Tag nach dem Urnengang versuchte er die Bedeutung der SVP-Pleite zu schmälern, in dem er sagte, dass alleine schon die 400'000 kürzlich Eingebürgerten gegen den Willen seiner Partei gestimmt hätten.
Einen Tag nach den Abstimmungen könne man doch noch gar keine Analyse gemacht haben, meinte nun Schawinski, und überhaupt sei der «Tages-Anzeiger» da zu einem etwas anderen Resultat gekommen.
Das beeindruckte Glarner wenig. Der «Tages-Anzeiger» sei sowieso wenig vertrauenswürdig. Und Claude Longchamp auch.
Weil er offenbar auf Granit stiess, legte Schawinski nochmals einen nach und gab Glarner zu bedenken, dass er mit seiner Burka-Kampagne nicht einmal seine eigenen Leute, die SVP-Basis, erreicht habe.
«Dieser Blödsinn», schimpfte Glarner und fragte Schawinski, wie er auf das komme. «Faktentreue, Herr Schawinski, Faktentreue!» Worauf der SRF-Moderator dann wieder die «Tages-Anzeiger»-Studie nennen konnte und auch noch Claude Longchamp ins Spiel brachte.
Ein stichhaltiges Gegenargument konnte Glarner nicht liefern, aber es sei trotzdem «än Seich», was da der «Tages-Anzeiger» und Claude Longchamp herausgefunden hätten.
Nach dem Schawinski bereits in der ersten Hälfte der Sendung drei Mal aufzeigen konnte, dass es Andreas Glarner mit der Wahrheit und den Fakten alles andere als genau nimmt, wusste sich der SVP-Mann nicht mehr anders zu wehren, als zum unfairen Gegenschlag auszuholen.
Schawinski kritisierte Glarner dafür, dass er mit seinen Methoden (recyceltes Burka-Plakat) einfach nicht mehr durchkomme und keine Mehrheiten mehr finde. «Sie sind irgendwie stehen geblieben», warf Schawinski seinem Studiogast vor. Da entgegnete Glarner vom Thema ablenkend: «Wie Sie mit den Einschaltquoten!»
Schawinski reagierte zunächst etwas verblüfft, fing sich dann aber schnell und konstatierte lächelnd: «Das ist jetzt eben Glarner. Typisch. Provozierend.»
* In einer früheren Version dieses Artikels, wurde der letzte Teil des Glarner-Zitats – «woni ufgsässe bi» – nicht wiedergegeben. Wir bedauern die Ungenauigkeit