«Der mutmassliche Dealer, ein 22-jähriger Albaner, wurde festgenommen und auf eine Polizeiwache gebracht», schrieb die Stadtpolizei Zürich am 31. Oktober 2017. Eine Dernière. Seither haben Nationalitäten keinen Platz mehr in den Mitteilungen der Behörde. Eine Anweisung von oben – vom Zürcher Sicherheitsvorsteher Richhard Wolff.
Das passt nicht allen – vor allem nicht der SVP. Die Partei hat am Mittwoch eine Initiative eingereicht, die das Ganze rückgängig machen will. Das Wichtigste, was du darüber wissen musst, in sieben Punkten:
Das Auslassen der Nationalität in den Polizeimeldungen hat ein Ziel: Es sollen nicht weiter Vorurteile gegen gewisse Nationalitäten geschürt werden. «Sie werden pauschal an den Pranger gestellt. Das nützt niemandem», begründet Richard Wolff in einem Interview mit dem Tages-Anzeiger den Entscheid.
Dieser wurde ausgelöst durch ein Postulat der Zürcher Gemeinderäte Min Li Marti (SP) und Samuel Dubno (GLP) im Jahr 2015. Die Frage der Herkunftsnennung von Straftätern sei für den Erkenntnisgewinn genauso nutzlos wie die Religionszugehörigkeit, die sexuelle Orientierung oder die politische Präferenz eines Täters oder einer Täterin, so die Begründung.
Ausser bei Fahndungsaufrufen darf die Stadtpolizei Zürich seit dem 7. November in ihren Mitteilungen keine Nationalitäten mehr nennen.
Wenn aber Journalisten bei der Medienstelle anrufen und konkret nach der Staatsangehörigkeit fragen, erhalten sie noch heute die gewünschte Information.
Das Telefon des Mediendienstes der Zürcher Stadtpolizei klingelt viel häufiger. Grund: Journalisten, die sich nach der Nationalität von mutmasslichen Straftätern, Opfern oder Unfallteilnehmern erkundigen.
«Die zahlreichen Anfragen führen für uns tatsächlich zu einem Mehraufwand, da teilweise Nachrecherchen notwendig werden», sagt Michael Walker, Sprecher der Stadtpolizei, auf Anfrage von watson. Er fährt fort: «Nach dem Versand von Medienmitteilungen müssen wir nun Statistiken zu den Nationalitäten führen, um entsprechende Anfragen unmittelbar, aber auch im Nachhinein beantworten zu können.»
Derzeit ist die Stadtpolizei Zürich die einzige Schweizer Behörde, die in Polizeimitteilungen die Nationalität von Täter oder Opfer konsequent nicht nennt.
Doch linke Kreise versuchen diese Praxis auch an anderen Orten durchzusetzen. Im Kanton Basel-Stadt fordert etwa BastA!-Grossrat Oliver Bolliger, dass die Regelung übernommen wird und hat dem Regierungsrat eine schriftliche Anfrage gestellt.
Die Herkunft des Täters liefere keine Erklärung für das begangene Verbrechen, schreibt darin Bolliger, «und ist daher für den Erkenntnisgewinn bedeutungslos so wie auch die Religionszugehörigkeit, die sexuelle Orientierung oder die politische Präferenz». Der Basler Regierungsrat hat die Anfrage noch nicht beantwortet.
Ein Kritikpunkt der SVP ist der Mehraufwand der Polizei, der sich bislang tatsächlich bestätigt hat (siehe Punkt 3).
Die Partei befürchet aber vor allem, dass die Kriminalität der Ausländer damit unter den Tisch gewischt werden könnte. «Während die Mehrheit des Schweizer Volkes kriminelle Ausländer ausschaffen will, versucht die Stadt Zürich nun, der Ausländerkriminalität mit Faktenvertuschung Herr zu werden», schreibt das Initiativ-Komitee in einer Medienmitteilung.
Die SVP sei nicht bereit die Zensurpolitik zu dulden, ist auf der Website des Komitees weiter zu lesen. «Für die Bekanntgabe der Nationalität besteht ein klares öffentliches Interesse, da die Bevölkerung ein Recht hat, umfassend und transparent über die öffentliche Sicherheit informiert zu sein.»
Sieben Wochen vor Ablauf der Sammelfrist reichte die Zürcher SVP am Mittwoch die Nationalitäten-Initiative ein. Bei einer Annahme dieser kantonalen Vorlage müsste die Stadtpolizei in den Medienmitteilungen wieder die Nationalitäten nennen. Denn im Polizeigesetz würde festgehalten, dass bei Informationen gegenüber der Öffentlichkeit bei Tätern, Tatverdächtigen und Opfern Alter, Geschlecht und alle Nationalitäten bekannt gegeben werden müssen.
Zusätzlich fordert die Vorlage, dass die Behörde auf Anfrage auch ein Migrationshintergrund bekannt geben muss. Darunter versteht das Initiativkomitee all jene Personen, die nicht schon mit der Geburt die Schweizer Staatsbürgerschaft erhalten haben, wie Mauro Tuena (SVP) gegenüber watson präzisiert. Wie viele Jahre die Einbürgerung zurückliege, spiele dabei keine Rolle.