Immer mehr Frauen lassen sich die inneren Schamlippen operativ verkleinern. Die Labioplastik boomt und ist laut der internationalen Gesellschaft für ästhetische und plastische Chirurgie (ISAPS) der am schnellsten wachsende OP-Trend weltweit.
Diese rasante Entwicklung schockiert SP-Nationalrat Cédric Wermuth. Mitte Juni reichte er einen Vorstoss im Parlament ein. Wermuth verlangt nicht nur mehr Transparenz bei Schönheits-Ops, sondern will auch, dass der Bundesrat eine zwingende psychosexuelle Beratung durch eine unabhängige Fachperson vor jeder Operation und ein Verbot von Schönheits-OPs für unter 18-Jährige prüft.
Julia* liess sich vor einiger Zeit die inneren Schamlippen verkleinern. Auch sie kann Wermuths Vorstoss nicht nachvollziehen. «Hat er überhaupt eine Ahnung, wie sich das anfühlt?», erzürnt sie sich. «Bei mir war die Schönheit zweitrangig. Es war vor allem extrem unangenehm beim Velofahren oder mit engen Hosen.» Sie habe jahrelang Slip-Einlagen als Polster getragen, um ihre Schamlippen vor Schürfungen zu bewahren, sagt Julia. «Eine Operation ist eine sehr persönliche Angelegenheit. Da hat niemand anderes mitzureden, weder Freunde noch der Partner – und zuallerletzt die Politik.»
Wermuths Forderungen wurden sogar ausserhalb der Landesgrenzen diskutiert. So meldete sich ein plastischer Chirurg aus München per Mail bei watson: «Wenn man sich Wermuths Argumente ansieht, wird schnell klar, dass er nicht wirklich versteht, worum es geht», schreibt Stefan Gress. Auf Anfrage führt der plastische Chirurg seine Aussage aus: «Die Frauen, die zu uns kommen, haben oft grosse physische oder psychische Probleme. Ich kann Herrn Wermuth gerne einmal einladen und mit meinen Patientinnen konfrontieren. Viele junge Frauen sind wegen ihrer Schamlippen extrem gehemmt oder gehandicapt.»
Auch viele watson-User kritisierten Wermuths Vorstoss.
Auf Anfrage antwortet der SP-Nationalrat: «Die nervöse Reaktion des plastischen Chirurgen zeigt, dass die Branche Angst davor hat, wenn jemand bei ihrer millionenschweren Geldmacherei einmal genauer hinschaut». Er habe mit seiner Interpellation lediglich ein paar Fragen gestellt, auf dessen Antwort er nun warte. Mehr gäbe es dazu nicht zu sagen, so Wermuth.
*Name der Redaktion bekannt