Schweiz
Gesellschaft & Politik

Die SVP-Fraktion ist uneins über den AHV-Steuerdeal.

Die SVP Nationalraete Thomas Aeschi und Magdalena Martullo, von links, fordern im Namen der SVP einen sofortigen Stopp des uebermaessigen Staatsausgabenwachstums am Dienstag, 1. November 2016 in Bern. ...
Einst geteilter Meinung, jetzt vereint gegen den AHV-Steuer-Kompromiss des Ständerats: Die SVP-Nationalräte Thomas Aeschi und Magdalena Martullo-Blocher.Bild: KEYSTONE

SVP-Fraktion lehnt «Kuhhandel» deutlich ab – es wird eng für den AHV-Steuer-Deal

Steht der «Kuhhandel» vor dem Aus? Ab morgen berät der Nationalrat die umstrittene Verknüpfung von Steuerreform und AHV-Finanzierung. Die gespaltene SVP hat sich am Dienstag an einer Fraktionssitzung einstimmig für eine Überarbeitung ausgesprochen. Gemäss Ständerat Hannes Germann dürfte Magdalena Martullo-Blocher eine wichtige Rolle gespielt haben.
11.09.2018, 15:0818.02.2019, 11:17
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Es ist das wichtigste politische Geschäft des Jahres: Ab morgen beugt sich der Nationalrat über die Steuervorlage 17. Er muss sich entscheiden, ob er sich dem von einflussreichen Ständeräten aus dem linken und dem bürgerlichen Lager geschmiedeten Kompromiss anschliessen will.

Der Plan der Ständeräte: Als Ausgleich für die Abschaffung von international nicht mehr akzeptierten Steuerprivilegien für Unternehmen kommt man den Firmen bei den Steuern anderweitig entgegen Das führt bei Bund, Kantonen und Gemeinde zu Einnahmeausfällen von rund zwei Milliarden Franken. Um die Vorlage im Volk mehrheitsfähig zu machen, erhält gleichzeitig die AHV eine Finanzspritze, ebenfalls in der Höhe von zwei Milliarden.

Doch die wahlweise als «genialer Kompromiss» gelobte oder als «Kuhhandel» kritisierte Vorlage hat zahlreiche Gegner. Von den Bundesratsparteien stehen SP, CVP und FDP mehrheitlich hinter dem Geschäft. Zusammen bringen es die drei Parteien auf 106 von 200 Stimmen im Nationalrat. Doch in ihren Reihen gibt es einzelne Abweichler. Die Fraktionen von Grünen, GLP und BDP hingegen weisen die Vorlage zurück. Gut möglich also, dass das Stimmverhalten der SVP-Fraktion darüber entscheidet, ob die Vorlage eine Mehrheit findet.

Dort hat sie immer weniger Freunde. Die SVP-Fraktion hat sich am Dienstagnachmittag zur Fraktionssitzung getroffen, um ihre Position abzusprechen. Einigkeit hat es dabei keine gegeben. Die 68-köpfige Nationalratsdelegation der SVP hat sich mit 44 zu 0 Stimmen bei 4 Enthaltungen dafür ausgesprochen, den Vorschlag zur Überarbeitung an die Kommission zurückzuschicken, wie es ein Antrag von SVP-Nationalrat Thomas Matter verlangt. Sollte dieser scheitern, wollen 33 Nationalräte das Geschäft in der Schlussabstimmung ablehnen, 13 sprachen sich gegen einen solchen Schritt aus, wie die Partei nach Sitzungsende in einer Mitteilung schrieb.

Martullo-Blochers Kehrtwende

Wie genau sich die Meinungsbildung in der SVP entwickeln würde, war von aussen nicht immer einfach zu beurteilen. Während Fraktionschef Thomas Aeschi den Deal schon früh als «chancenlos» kritisierte, erklärte Unternehmerin und Nationalrätin Magdalena Martullo-Blocher im Juni gegenüber dem SonntagsBlick ihre Unterstützung: «Die Steuerreform ist wichtig. Die Schweiz muss steuerlich attraktiv bleiben.» Deshalb könnte sie mit einem solchen Paket leben.

Vergangene Woche folgte dann die Kehrtwende: Martullo-Blocher unterstützte plötzlich eine Rückweisung an den Bundesrat. Für den Rückzug der Unterstützung erhielt Martullo-Blocher Kritik von allen Seiten: Von den bürgerlichen Partnern CVP und FDP, vom Wirtschaftsverband Economiesuisse – aber auch aus den eigenen Reihen.

Zürcher SVP-Finanzdirektor bleibt ungehört

SVP-Nationalrat Jean-François Rime, Präsident des Gewerbeverbands hielt am vergangenen Wochenende gemäss «SonntagsZeitung» an der ständerätlichen Vorlage fest, «weil mir bis jetzt niemand eine bessere Lösung vorgestellt hat». Und der Zürcher SVP-Finanzdirektor Ernst Stocker forderte die Zürcher Nationalräte letzte Woche in einem Brief auf, der Steuervorlage zuzustimmen: «Nur die Vorlage gemäss Beschluss des Ständerats hat eine reale Chance, im Parlament und in einer allfälligen Referendumsabstimmung innert nützlicher Frist angenommen zu werden», heisst es in dem Schreiben, das watson vorliegt.

Der Zuercher SVP - Regierungsrat Ernst Stocker an einer Medienkonferenz in Zuerich am Mittwoch, 11. Juli 2018. Regierungsrat Markus Kaegi verzichtet im naechsten Fruehling auf eine erneute Kandidatur, ...
Verlangt von seinen SVP-Parteikollegen im Nationalrat ein Ja: Zürichs Finanzdirektor Ernst Stocker.Bild: KEYSTONE

Doch Stockers Wunsch stiess heute bei einer Mehrheit der SVP-Fraktion auf taube Ohren. Ständerat Hannes Germann rechnete gegenüber watson vor der Fraktionssitzung damit, dass die Mehrheit der SVP-Fraktion sich bei der Steuervorlage 17 für eine Rückweisung der Vorlage entscheiden wird. Falls der Nationalrat am Mittwoch auf das Geschäft eintrete, wird «eine Mehrheit meiner Parteikollegen in der grossen Kammer die Vorlage in der Schlussabstimmung mit grosser Wahrscheinlichkeit ablehnen». Seine Prognose bewahrheitete sich, wie die Medienitteilung nach Sitzungsende zeigt.

«Martullo-Blocher gibt den Ausschlag»

Einzelne SVP-Nationalräte dürften ihr zwar zustimmen, doch eine Mehrheit werde wohl Nein sagen, befürchtete Germann am Dienstagmittag. Die ablehnende Haltung von Nationalrätin Magdalena Martullo-Blocher, dürfte den Ausschlag für die klare Entscheidung geben: «Ihr Wort hat grosses Gewicht, schliesslich steht sie als international tätige Unternehmerin mitten im Wirtschaftsleben», so der Schaffhauser.

Germann erwartete am Dienstagvormittag eine intensive Diskussion an der SVP-Fraktionssitzung. Er werde sich zwar für eine konstruktive und vor dem Volk mehrheitsfähige Lösung einsetzen: «Letztlich müssen sich aber die Parteikollegen aus dem Nationalrat entscheiden, wie sie sich morgen verhalten.»

Hannes Germann, SVP-SH, spricht waehrend der Debatte um den Service-Public-Bericht, waehrend der Herbstsession der Eidgenoessischen Raete, am Montag, 26. September 2016, in Bern. (KEYSTONE/Peter Klaun ...
Wäre «enttäuscht» von einem Scheitern: SVP-Ständerat Hannes Germann.Bild: KEYSTONE

«Scheitert die Vorlage, wäre ich enttäuscht», so Germann. Die Schweiz stehe bei den Steuerregimes unter Zeitdruck: «Wir brauchen eine Lösung». Mit der Vorlage des Ständerats mit der Verknüpfung von Steuerreform und AHV ist der Schaffhauser zwar auch nicht glücklich, er stimmte ihr am Ende jedoch zu.

«Ich denke, die SVP-Vertreter im Nationalrat sollten von einer Rückweisung absehen», so Germann am Dienstagmittag. Dann könne man nach Mehrheiten suchen, um die Vorlage wieder mehr in Richtung des ursprünglichen Vorschlags des Bundesrates umzugestalten. Oder die beiden Beschlüsse zur AHV und zur Steuervorlage 17 aufzuteilen, um die Bedenken wegen der Einheit der Materie zu beseitigen. Genau das will die SVP-Fraktion mit der einstimmigen Unterstützung für den Rückweisungsantrag an die Kommission von Nationalrat Thomas Matter erreichen.

Lässt sich mit Kiffen die AHV finanzieren?

Video: srf
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55 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Alter-Sack
11.09.2018 15:33registriert August 2018
Mich wundert, dass noch keine Beschwerde eingereicht wurde bezüglich dieser Abstimmung. Zwei so verschiedene Themen in einer Abstimmung zu vereinen ist nach meiner Auffassung nicht gesetzeskonform. Wenn dieses so durch kommt, werden zukünftig immer über eine saure Gurke mit einem Zückerli zusammen abgestimmt. Für mich ist dieses Parlament eine Schande!
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piedone lo sbirro
11.09.2018 15:41registriert November 2016
martullo, aeschi und matter ist der zustand der AHV so ziemlich egal.

sie interessieren steuererleichterungen für banken, firmen und reiche – alles würdige vertreter fürs volk der millionäre und milliardäre.

nur der handlanger und der EL-beziehende rentner die sie wählen bleiben auf der strecke.
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N. Y. P. D.
11.09.2018 15:25registriert Oktober 2015
Frage :

Falls dieser Kuhhandel morgen im Parlament durchkommt : Könnte das Volk zum Beispiel nur das Referendum gegen die Finanzordnung 17 ergreifen und die 2 Milliarden - Spritze für die AHV stehen lassen ?

Nicht um den Bürgerlichen auf den Sack zu gehen, sondern weil bei der Finanzordnung nachgebessert werden muss.
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