Mit ihren 24 Jahren kann Samira Marti bereits auf eine steile Polit-Karriere zurückblicken. Mit 19 war sie Co-Präsidentin der Juso Baselland, mit 20 nahm sie Einsitz in den Geschäftsleitungen der SP und der Juso Schweiz. Seit letztem Jahr leitet sie als Vizepräsidentin die Geschicke der SP Baselland. Eine Nationalrats-Kandidatur blieb 2015 zunächst erfolglos – nun rückt Marti auf Ende Jahr für die abtretende Susanne Leutenegger-Oberholzer ins Parlament nach.
Als die Juso vor knapp zwei Jahren eine neue Präsidentin suchte, kämpften zwei Frauen um den Posten: Tamara Funiciello und Samira Marti. Medial waren die Rollen schnell verteilt: Funiciello, die Provokateurin – Marti, die Analytische. Während erstere mit knalligen Forderungen aufwartete («25-Stunden-Woche für alle!»), legte letztere ihre Ansichten in einem umfangreichen Positionspapier dar («Breitere Partizipationsmöglichkeiten!»).
Beobachter waren sich einig: Eine Wahl Martis wäre ein Bruch mit dem klassischen Juso-Stil. Die Delegierten wollten es nicht darauf ankommen lassen: Sie gaben Funiciello mit 176 zu 79 Stimmen den Vorzug. «Tamara Funiciello und ich stehen uns nahe und arbeiten gut zusammen», betont Marti heute.
An einer SP-Delegiertenversammlung Ende 2016 wäre Marti beinahe ein Coup gelungen: Zusammen mit ihren Mitstreitern reichte sie einen Antrag ein, der im Wesentlichen darauf abzielte, Privateigentum abzuschaffen. Erst nach einer Intervention von Parteipräsident Levrat lehnten die Delegierten den Antrag ab.
Hinter dem Antrag von damals steht Marti noch heute – wobei sie selber nicht von einer Abschaffung des Privateigentums sprechen will. Stattdessen sagt sie: «Wir müssen Eigentum demokratischer organisieren.» Die Schwächen des heutigen Systems träten immer deutlicher zutage, sowohl in volkswirtschaftlicher als auch in sozialer Hinsicht. Wenn die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer würden, laufe etwas falsch, so die angehende Ökonomin, die derzeit im Master an der Universität Zürich studiert.
«Ziefen ist ein ziemlich linkes Dorf, eine Insel in einer konservativen Region», beschrieb Marti ihre Oberbaselbieter Heimatgemeinde einst in der WOZ. Sie selber sei in einem politisch linken Haushalt aufgewachsen: «Mein Vater wurde über die Auseinandersetzung um die Abschaffung der Armee, meine Mutter über das geplante AKW Kaiseraugst politisiert.»
Martis eigener politischer Erweckungsmoment kam, als die Baselbieter Regierung 2010 Abbaumassnahmen im Bildungsbereich plante. Zusammen mit anderen Schülern demonstrierte die Gymnasiastin vor dem Regierungsgebäude – mit Erfolg. Das Sparpaket wurde versenkt. «Es hat mich beeindruckt, was alles möglich wird, wenn Menschen gemeinsam für ihre Überzeugungen eintreten», so Marti.
Taktisches Geschick bewies Marti im Abstimmungskampf zur Unternehmenssteuerreform III. Während andere den grossen Auftritt vor der Kamera hatten, zog sie als SP-Kampagnenmitarbeiterin im Hintergrund die Fäden. Im regionalen Abstimmungskampf habe sie «zu den einflussreichsten Figuren» gehört, schrieb die «Schweiz am Sonntag».
Dass sie sich auch vor der Kamera durchzusetzen weiss, bewies Marti in der «Arena» zur AHV-plus-Initiative. Bei ihrem ersten Auftritt in der SRF-Sendung riss die Nachwuchspolitikerin die Diskussion zwischenzeitlich komplett an sich. Die Versuche von Moderator Mario Grossniklaus, ihren Monolog abzuklemmen, scheiterten grandios. «Wir sind hier nicht in einer linken Kuschelveranstaltung», beschied ihm Marti. «Es gibt volkswirtschaftliche Argumente für die Stärkung der AHV».
Nach ihrem «Arena»-Auftritt habe sie zahlreiche Rückmeldungen erhalten, positive wie auch negative, sagt Marti. «Nur bezogen sich leider die meisten davon nicht auf meine politische Message, sondern auf mein Aussehen oder meine Rolle als Frau.» Auch in den letzten Tagen habe sie viele Nachrichten mit sexistischem Inhalt erhalten. «Ich habe mich nicht auf einer Datingplattform angemeldet, sondern werde Nationalrätin!», stellt sie klar.
Den Ausgleich zum Wirtschaftsstudium und dem Politik-Alltag findet Marti in der Musik. Die 24-Jährige singt, spielt Klavier und Gitarre. In der Vergangenheit war sie auch in verschiedenen Bands aktiv. «Dafür reicht die Zeit nicht mehr. Nun sitze ich abends oft mit den Kopfhörern am E-Piano.» Einmal im Monat trifft sie sich zudem mit einer Frauen-Gruppe zum Jassen.