Mitte September wurden rund 80 ausländische Influencer nach Saas-Fee eingeladen. Auf den Sozialen Medien wie Instagram, TikTok und YouTube vereinen diese über 100 Millionen Follower. Durch das Unwetter wurde das Camp kurzfristig nach Leukerbad verlegt.
Die mehrheitlich aus Nordamerika stammenden Content Creators entdeckten von hier aus erst das Wallis, dann die Schweiz. Das offizielle Camp im Wallis dauerte drei Tage, danach verteilten sich die Influencer für weitere vier Tage in der Schweiz (organisiert von Schweiz Tourismus), bevor einige teilweise noch freie Tage anhängten und insgesamt rund zehn Tage im Land blieben.
Die Influencerinnen und Influencer wurden vom Creator Camp in Zusammenarbeit mit Schweiz Tourismus ausgewählt. Entscheidend war – neben der Bekanntheit – die Qualität ihrer Arbeit in den verschiedenen Bereichen Video, Musik und Visual Art (digitale Effekte).
Die Eingeladenen haben normalerweise mehrere Hunderttausend Follower auf (mindestens) einem der Social-Media-Kanäle wie Instagram, TikTok oder YouTube. So bereisten beispielsweise der YouTube-Comedian Steezy Kane (3,76 Millionen Abonnenten), Visual-Art-Expertin Rabbertanimations (1,6 Millionen Follower auf Instagram) oder Hunter Prosper (6,5 Millionen Follower auf TikTok) die Schweiz. Prosper stellt zufällig Leuten auf der Strasse die grossen Fragen des Lebens und lässt sie im Video antworten oder liest die Aussagen danach anonym vor.
Creator Camp ist ein in den USA basiertes Unternehmen, das gemäss eigener Aussage die «nächste Generation von digitalen Storytellern» dabei unterstützen will, ihre Arbeit über Social Media hinaus entwickeln zu können. Ihre Kunst soll kommende Generationen inspirieren.
In den letzten beiden Jahren führte Creator Camp vor allem kreative Retreats durch. Als nächster Schritt soll ein eigenes Filmfestival entstehen und Creators sollen bei eigenen Filmprojekten unterstützt werden.
Die Creators wurden in 20 Teams (meist vier Personen) eingeteilt und an verschiedene Orte im Wallis geschickt. Sie hatten acht Stunden Zeit für ein maximal 90-sekündiges Video. Dieses wurde danach allen Gruppen gezeigt und auf den Kanälen von Creator Camp publiziert. Hier das Siegervideo:
Dazu waren die Creators frei, eigenen Content zu publizieren. Viele machten dies in Form von Insta-Storys. Einige Beiträge können auch im Verlaufe der nächsten Wochen noch publiziert werden.
So einen Anlass in der Schweiz gab es zuvor noch nie. 2020 und 2022 führte Schweiz Tourismus allerdings ähnliche Events durch. Meist seien die Creators aber einzeln oder in kleineren Gruppen unterwegs.
Schweiz Tourismus bemühte sich darum, dass das Creator Camp hierzulande stattfindet. Markus Tschannen, Mediensprecher von Schweiz Tourismus, schreibt auf Anfrage: «Als Gastgeberin eines solchen Anlasses erhält die Schweiz die Chance und die Aufmerksamkeit, die Schönheit und Vielfalt als Reisedestination zu zeigen.»
Ob und wie viel Geld floss, will die Tourismusorganisation nicht sagen: «Generell bestehen die Leistungen von Schweiz Tourismus und ihren Partnern nicht aus Geldzahlungen, sondern aus touristischen Leistungen wie Anreise, Unterkunft, Transfers, etc.»
Man habe hier auch absichtlich nicht nur «reine» Outdoor- oder Reise-Creators eingeladen. «Viele der 80 Creators sind im kreativen Umfeld aktiv, zum Beispiel als Musikerinnen, Filmemacher oder Autorinnen.»
Dieses Camp sei eine einmalige Gelegenheit gewesen, die Partnerregionen der Matterhorn Region (aktuell acht Destinationen, nicht aber Zermatt) im nordamerikanischen Markt zu positionieren. Mario Braide, der Nordamerika-Verantwortliche der Matterhorn Region sagt dazu gegenüber watson: «Der bisherige Fokus der Reisenden in die Schweiz liegt bei den bekannten Hotspots, den Schweizer Städten und Zermatt. Diesen Umstand wollen wir ändern, damit Gäste aus Nordamerika auch Saas-Fee, Leukerbad oder die Région Dents du Midi entdecken.»
Zudem erreiche man mit den eher jungen Influencerinnen und Influencern die Generation Z. «Sie steht für nachhaltigen Tourismus, Erlebnisorientierung, Digitalität, Flexibilität und hat den starken Wunsch nach authentischen kulturellen Erfahrungen. Das können wir speziell mit den gezeigten ‹Hidden Gems› bieten, die nicht täglich von Tausenden Gästen überschwemmt werden», so Braide.
Kurzfristig wurde der Event nach Leukerbad verlegt. Der dortige Tourismus-CEO Urs Zurbriggen sieht die Vorteile: «Die 80 Content Creators haben zusammen über 100 Millionen Follower. Aus eigener Kraft hätten wir niemals eine derartige Menge an Influencern nach Leukerbad holen können.»
Auch bei der Aletsch Arena betont man, dass so eine Aktion alleine nicht machbar gewesen wäre. Und was bringt es? «Dies ist eine Massnahme der gesamten Nordamerika-Strategie. Es ist immer so: Der Gesamtmix über Jahre bringt das Resultat, kaum eine einzelne Massnahme», antwortet David Kestens, Leiter Marktmanagement und Verkauf der Aletsch Arena.
Vor einigen Wochen gab es Berichte, dass Influencer-Werbung eigentlich gar nichts nützt. Von grossem Hype mit kleinem Nutzen war die Rede. Auch bei watson erklärte HSG-Professor Pietro Beritelli, dass Influencer-Werbung überbewertet sei. Er glaubt allgemein, dass Image-Werbung nur funktioniere, wenn sie mit einem Rabattangebot gekoppelt wird.
Mario Braide sieht dies anders: «Bei der jüngeren Generation sind Influencer Teil des täglichen Lebens. Was in der Generation X Reisedokumentation im TV und in Reisemagazinen waren und sind, sind die Posts von Influencern die Empfehlungen für die künftigen Gäste des Wallis.»
David Kestens sieht Influencerinnen und Influcencer als immer wichtiger werdender Teil für die Verbreitung von schönen Bildern aus der Region: «Wenn das gleiche oder ähnlich schöne Bild immer wieder gezeigt wird, hat man eine Chance, dass die Leute sich daran erinnern und irgendwann kommen. Ein einzelnes Bild schafft dies sehr selten.»
Schweiz Tourismus sagt, dass die Masse im Influencer-Marketing seit Beginn nie im Fokus stand, sondern die Qualität. Man wähle die Influencerinnen und Influencer bewusst aus. So könne man auch steuern: «Content Creators besuchen die Schweiz so oder so. Indem wir sie gezielt einladen und mit ihnen zusammenarbeiten, können wir die Aufmerksamkeit für die Schweiz besser lenken. So präsentieren wir ihnen zum Beispiel auch weniger bekannte Orte und die Schönheit der Nebensaison, um die touristische Infrastruktur gleichmässiger auszulasten.»
Mario Braide sieht da ebenfalls wenig Probleme: «Ich denke, dass insbesondere die Generation X Influencer skeptisch betrachtet.» Bei den Jüngeren sei diese Hemmschwelle viel kleiner, weil sie – wie oben erwähnt – eh schon Teil des Lebens sind.
Auch die Destinationen betonen, dass Influencer-Aktivitäten mittlerweile ein Teil der Gesamtkommunikation sind, welche sehr effektiv eingesetzt werden können. In der Aletsch Arena sieht man dies beispielsweise pragmatisch: «Grundsätzlich ist jeder Gast bei uns ein Influencer: Er oder sie macht schöne Bilder und streut sie über die digitalen Medien. Klar ist hier die Reichweite grösser.» Werden Influencer direkt von der Destination eingeladen, werden diese entsprechend der Zielgruppe geprüft und ausgewählt.
Ich fühle mich benachteiligt ://