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Tod von Marvin in Lausanne: So berichten Medien über die Ausschreitungen

Des containers en feu photographies au milieu de l'avenue de Morges (quartier de prelaz) lors de la deuxieme nuit d'emeutes suite a l'accident mortel survenu a un jeune homme mineur en  ...
Brennende Container in Lausanne nach dem Tod des 17-jährigen Marvin.Bild: keystone

«Hexenkessel aus Hass» – europäische Medien über die Ausschreitungen in Lausanne

01.09.2025, 15:4901.09.2025, 16:38
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Die Unruhen nach dem Tod des 17-jährigen Marvin in Lausanne beschäftigen auch die internationale Presse. Der junge Mann verstarb am vorletzten Sonntag, als er auf einem Roller vor der Polizei flüchtete und dabei tödlich verunglückte.

Die grosse britische Boulevardzeitung Daily Mail berichtet in einer ausführlichen Reportage über Marvins Tod und über die Zustände, die aktuell in der Schweiz herrschen sollen.

Des personnes prennent part a une marche blanche en hommage a Marvin, decede dimanche dernier alors qu'il fuyait la police en scooter, ce samedi 30 aout 2025 a Lausanne. (KEYSTONE/Salvatore Di No ...
Am vergangenen Wochenende fand in Lausanne ein Trauermarsch zum Gedenken an Marvin statt.Bild: keystone

So habe die Schweiz während Jahrzehnten als das stabilste Land Europas gegolten, mit «malerischen Alpenlandschaften, privaten Banktresoren und ihrer Neutralität».

Sie sei immun gewesen gegen die sozialen und politischen Spannungen, mit denen die Nachbarländer Deutschland, Frankreich, Italien und zunehmend auch Grossbritannien zu kämpfen haben.

Dazu stolz auf ihre «Distanz zum kolonialen Erbe» und überzeugt von der eigenen Sozialpolitik.

Diese Wahrnehmung sei nun jedoch erschüttert worden. Die gewalttätigen Unruhen in Lausanne würden die herrschenden sozialen Spaltungen offenbaren. Marvins Tod habe eine friedliche Stadt in einen «Hexenkessel aus Hass, Krawallen und politischen Unruhen» verwandelt.

Die «Daily Mail» nennt Marvins Nachnamen, publiziert zahlreiche bislang ungesehene Bilder des Teenagers, zitiert sogar aus seiner Geburtsurkunde. Die Autorin des Artikels sprach in Lausanne mit mehr als einem halben Dutzend Personen, darunter Marvins Mutter.

Diese betont, dass ihr Sohn den Roller nicht gestohlen habe – so der Vorwurf der Polizei – und ein anständiger Junge sei. Sie seien eine stabile Familie, praktizierende Christen und gut in der Schweiz integriert. Die Eltern stammen aus dem Kongo, sind jedoch Schweizer Staatsbürger. Marvin wurde in der Schweiz geboren.

Chat-Gruppen mit rassistischen und homophoben Inhalten

Die Wut auf die Polizei, speziell unter Migranten, ist integraler Bestandteil des Artikels der «Daily Mail». Sie sei deshalb so gross, weil Marvin innerhalb von nur drei Monaten die dritte Person mit Migrationshintergrund sei, die in Lausanne bei einem Polizeieinsatz ums Leben gekommen ist.

Die Lausanner Polizei müsse sich mit zahlreichen Vorwürfen auseinandersetzen. Tatsächlich zeigen unter anderem zwei Whatsapp-Gruppen mit rund 50 Mitgliedern, wie zahlreiche rassistische, antisemitische, sexistische, homophobe und behindertenfeindliche Nachrichten und Bilder ausgetauscht wurden.

Die Zeitung zitiert einen Mann albanischer Herkunft, der aussagt, dass es bei der Lausanner Polizei ein «ernsthaftes Problem mit Rassismus» gebe. Darüber sprechen würde jedoch niemand:

«Die Leute wollen die Polizei schützen, und die Polizei will nur Kontrolle.»

Überrascht zeigt sich das britische Boulevardmedium über die Art und Weise, wie sich die gewalttätigen Unruhen entfaltet haben. So hätten sich die Proteste ausschliesslich gegen die Behörden gerichtet, lokale Geschäfte seien, anders als man es bei zivilen Unruhen erwarten würde, von Sachbeschädigungen und Plünderungen verschont geblieben.

«Schlachtfeld» und «Kriegsgebiet»

Nebst der «Daily Mail» haben auch zahlreiche andere Medien über die Geschehnisse in Lausanne berichtet. Die deutsche «Bild» schrieb:

«Sobald die Sonne untergeht, verwandelt sich die malerische Stadt am Genfer See in ein Schlachtfeld.»

Die britische Zeitung «Sun» bezeichnet die Strassen Lausannes gar als «Kriegsgebiet». Auch Medien aus Indien und Hongkong haben die Unruhen im Hauptort der Waadt thematisiert. (rst)

Verwüstung nach Ausschreitungen in Lausanne

Video: watson/Emanuella Kälin
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Ausschreitungen in Lausanne
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Ausschreitungen in Lausanne

Die Polizei hat bei erneuten Ausschreitungen in Lausanne am Montagabend sieben Personen festgenommen.

quelle: keystone / cyril zingaro
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Harry Zimm
01.09.2025 16:12registriert Juli 2016
Hier fängt es ja schon an - wenn sogar seine Mutter nicht zugeben kann, dass er ein Kleinkrimineller war. Das Motorrad wurde jemandem nachweislich gestohlen. Er war damit mit massiv überhöhter Geschwindigkeit unterwegs und gefährdete damit ebenso andere Unschuldige. Er widersetzte sich der Polizeikontrolle und fahren konnte er offenbar auch nicht gut. Das sind die Fakten. Schade um sein verpfuschtes Leben, aber er war kein Heiliger und sollte auch nicht zu einem hochstilisiert werden.
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Hosesack
01.09.2025 16:29registriert August 2018
"Es ist guter Junge" alles andere würde mich von der Mutter enttäuschen.
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Der_Alte
01.09.2025 16:42registriert November 2024
Der Vorgang geschah um ca. 4 Uhr Nachts, der Rollerfahrer trug einen Helm, gemäss übereinstimmenden Zeugenaussagen. Diese Zeugen waren VOR der Polizei am Unfallort, also keine direkte Einwirkung der Polizei. Er fuhr in einer 30er Zone mit massiv überhöhter Geschwindigkeit und dies mit einem Roller, welcher bereits einen Tag zuvor als gestohlen gemeldet wurde.

Was soll der Schei** mit Rassismus, in diesem Fall hier? Wie sollten die Polizisten die Hautfarbe erkannt haben?

Aber es funktioniert, Vorurteile sitzen, Rassismus schreien und der eigentliche Fall wird völlig verdreht.
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