Weil er sich an neun bewaffneten Raubüberfällen auf Juweliergeschäfte beteiligt hat, muss ein 37-jähriger Mann für 14 Jahre ins Gefängnis. Das Bezirksgericht Zürich hat ihn am Mittwoch im Sinne der Anklage schuldig gesprochen. Das Urteil ist aber noch nicht rechtskräftig.
Mit seinem Urteil folgte das Bezirksgericht weit gehend den Anträgen des Staatsanwaltschaft II, die spezialisiert ist auf Betäubungsmitteldelikte und organisierte Kriminalität. Der Staatsanwalt hatte eine Freiheitsstrafe von 16 Jahren gefordert.
Dem Beschuldigten wird die Beteiligung an fünf Raubüberfällen auf Juweliergeschäfte in der Schweiz vorgeworfen. Dazu kommen je zwei in Deutschland und Österreich, welche die Verfahren an die Schweiz abgetreten haben. Insgesamt erbeuteten die jeweiligen Täter Luxusuhren und Schmuck im Wert von gut zwei Millionen Euro und gegen 18 Millionen Schweizer Franken.
Die Pink Panthers sind eine weitverzweigte, international tätige Bande. Sie soll Verbindungen zu Polizei und Politik haben. In immer wieder anderer Zusammensetzung überfallen die Bandenmitglieder aus den Balkanländern seit vielen Jahren Juweliergeschäfte.
340 Einbrüche in 35 Ländern und 400 Millionen Franken Diebesgut: Das ist die vorläufige Bilanz. Damit sind die Pink Panther die erfolgreichsten Juwelendiebe der Welt. Sie sind um die Jahrtausendwende erstmals richtig wahrgenommen worden. Für die einen sind sie moderne Terroristen, andere vergleichen sie mit Robin Hood.
Die Pink Panther sind eine Frucht des Balkankriegs. Während der Zeit des Handelsembargos (1991 bis 1996) blühte in Ex-Jugoslawien der Schwarzmarkt und der Schmuggel: Jeans, Drogen, Waffen, Gemälde, alles hätten sie geschmuggelt, sagte ein Mitglied der Panthers im Dokfilm: Meisterdiebe im Diamantenfieber.
Aus den Schmugglern und anderen Kriminellen aus Serbien und Montenegro entwickelte sich ein Netzwerk, dass zunächst europaweit und später auch weltweit agierte und sich auf den Raub von Juwelen und Schmuck spezialisierte. Über die Zahl ihrer Mitglieder wird spekuliert. Interpol rechnet mit Hunderten von Mitgliedern.
Die Raubzüge werden sorgfältig geplant und erinnern an den Film, dem die Pink Panther ihren Namen verdanken. So strichen sie auch schon mal vor einem Überfall auf einen Juwelier in Biarritz eine Parkbank und schrieben auf ein Schild «Vorsicht, frisch gestrichen!», um zu verhindern, dass sich dort mögliche Zeugen hinsetzten. Oder als sie in Saint-Tropez zur Tat schritten, hatten sie sich Hawaiihemden und Shorts angezogen und flüchteten zu Fuss in den Yachthafen, wo ein Schnellboot auf sie wartete.
Selbst aus dem streng bewachten Dubai gelang ihnen die Flucht, weil sie den Flugplan bei den Vorbereitungen miteinbezogen hatten. «Sie begehen eine Tat und verlassen dann blitzschnell nicht nur die Stadt, sondern auch das Land», sagt ein deutscher Fahnder dem Magazin GQ.
Nach ihren Raubzügen flüchten die Pink Panthers oft in ihre Heimat Serbien oder Montenegro. Dort verfügen sie über zahlreiche Beziehungen, die sie vor einer Verhaftung schützen - und fast ebenso wichtig - die mithelfen, die gestohlenen Schmuckstücke zu Geld zu machen. Dabei werden die Juwelen meist umgeschliffen, so dass sie nicht mehr erkennbar sind.
In ihrer Heimat geniessen die Pink Panther die Sympathie der Bevölkerung. Sie gelten als Männer, die kaum Gewalt anwenden, nur die Reichen bestehlen und ihre fette Beute Zuhause investieren oder ausgeben. Diesem Bild widerspricht der deutsche Fahnder: «Es handelt sich um kalt berechnende Berufskriminelle, und dass noch niemand ermordet oder schwer verletzt wurde, ist ein glücklicher Zufall. Diese Männer werden nicht zögern, zu töten, wenn während eines Überfalls etwas schiefgeht.»
Auch der Nimbus, dass es fast nie zu Festnahmen von Mitgliedern der Pink Panther kommt, bröckelt. Unterdessen haben sich nämlich ihre Jäger ebenfalls vernetzt. Interpol hat das «Project Pink Panthers» gestartet. Seither ist es immer wieder zu Verhaftungen gekommen, wie etwa auch im Fall des mutmasslichen Basler Haupttäters D.V.
Es ist eine erfolgreiche Strategie der Bande, als Kundschafter sehr attraktive, teuer gekleidete Frauen einzusetzen. «Die Frauen bei den Pink Panthern müssen wirklich aussergewöhnlich sein», sagt ein Bandenmitglied mit dem Tarnnamen Mike im erwähnten Dokufilm. Sie müssten auftreten wie Madonna.
So eine Frau war Leila, die sich, ohne es zu wissen, in Deutschland in einen Pink Panther verliebt hatte. Als er ihr das gestand, war sie nicht etwa schockiert, im Gegenteil, sie wollte auch mitmachen. Die Voraussetzungen dazu hatte sie: «Ich sah extrem gut aus», sagte Leila in die Kamera.
Die Gelegenheit ergab sich in Barcelona, beim «grössten Ding», das Mike je gedreht haben soll. Es sei ein wunderbarer Schmuckladen voll von Diamanten gewesen. Die Planungsphase dauerte vier Monate. Die Bande beschloss, über den neben dem Schmuckladen gelegenen Souvenirshop an die Diamanten zu kommen. Zu diesem Zweck machte sich die schöne Leila an den Souvenirhändler heran.
Das gelang ihr. Der Mann konnte ihrer Attraktivität nicht widerstehen und stellte sie sogar in seinem Souvenirshop an. Sie verbrachte viel Zeit mit ihm, musste aber nicht mit ihm ins Bett, ihr blosser Anblick habe ihn glücklich gemacht, sagt Leila im Film. Während dieser Zeit kundschaftete sie den Shop aus, merkte sich die Gewohnheiten ihres Bewunderers, entschied welche Wand zum Schmuckladen am besten zu durchbrechen war und studierte Fluchtwege.
Vier Monate später war es soweit. In Barcelona wurde ein Feiertag begangen. Die Stadt war eine lärmige Festhütte mit Musik, Tanz und Feuerwerk auf den Strassen. Vier vermummte Männer drangen in den Souvenirshop ein und schlugen mit Pickel ein Loch in die Wand zum Schmuckladen.
Die alarmgesicherten Vitrinen beachteten sie nicht, sie wussten, dass darin nur Imitate waren. Für die Panthers war klar, der Schmuck ist immer im Safe. Diesen lösten sie mit einem Wagenheber aus seiner Verankerung und schafften ihn in einen Transporter, wo ein weiterer Komplize wartete.
Dann fuhren sie aus der Stadt in einen Wald, wo sie den Safe knackten. Der war randvoll: Drei Taschen voll Edelsteine, zwei Taschen mit Armbändern und eine Tasche mit Uhren. In den Zeitungen sei der Wert der Beute auf drei Millionen Franken geschätzt worden, sagt Mike im Dokufilm.
Ob sich dieser Coup in Barcelona wirklich so abgespielt hatte, bleibt unklar. Eine Recherche im Internet hat keine entsprechenden Hinweise auf einen solchen Schmuckraub ergeben. Wir bleiben auf die Aussagen von Mike und Leila angewiesen. Möglich, dass die beiden die Geschichte etwas abgeändert haben. Nicht gesichert ist auch, dass sich im Safe noch ein weiteres Schmuckstück befunden haben soll, das weder in einem Polizeibericht noch in der Presse erwähnt wurde: Ein Dildo.
58 Sekunden dauerte die Aktion vom 15. April 2007 in Dubai. Mit zwei Audi A8 rammen die Pink Panther die Glasfront eines Shopping-Centers und bremsen vor einem Juweliergeschäft. Die vermummten Räuber steigen aus und stürmen in den Laden. Die Mitarbeiter des Geschäfts bringen sich im hinteren Teil des Ladens in Sicherheit. Im Innern schlagen die Diebe mit Hämmern die Glasscheiben zu den Schaufenstern ein und greifen nach den Schmuckstücken.
Dann hupt es zweimal, das Signal, dass die Zeit abgelaufen ist. Die Männer stürmen aus dem Juweliergeschäft zu den Autos und rasen davon. Die Kunden im Shoppingcenter schauen fassungslos zu. Die Täter können ins Ausland flüchten. Wert der Beute: Drei Millionen Franken.
Die Polizei findet später die ausgebrannten Audis. Die Täter wollten so ihre Spuren beseitigen. Doch für einmal waren sie nicht gründlich genug. Es konnten DNA-Spuren gesichert werden, die ans Hauptquartier von Interpol in Lyon geschickt wurden. Die Proben waren mit der DNA von zwei Männern identisch, die wegen Raubs in Liechtenstein gesucht wurden, eine dritte Probe passte zu einem Raub in einem Schweizer Schmuckgeschäft.
Weil die beiden Audis gemietet waren, stiess die Polizei über eine Telefonnummer im Vertrag auf die 25-jährige Blondine Bojana Mitic aus der serbischen Stadt Nis. Dank der Überwachung von Mitics Telefon gelang es, acht Panther zu identifizieren – sechs stammten aus Serbien, einer aus Montenegro und einer aus Bosnien.