Wo Frauen am gefährlichsten leben – und wie viele Täter Ausländer sind
1. Behauptung: Die Zahl der Femizide steigt.
In den vergangenen fünfzehn Jahren ist die Zahl der Fälle nicht angestiegen. Zwischen 2009 und 2024 wurden pro Jahr 14 bis 24 Frauen von ihren (Ex-)Partnern oder anderen Familienangehörigen umgebracht, wie die Kriminalstatistik zur häuslichen Gewalt zeigt. Sie weist die wichtigsten Tötungsdelikte aus, die man heute als Femizide bezeichnet. Die Zahl der Fälle schwankt jährlich, langfristig gibt es allerdings weder eine Zu- noch eine Abnahme.
Dieses Jahr wurden bisher allerdings bereits mehr Femizide gemeldet als im gesamten vergangenen Jahr. Darauf bezog sich zum Beispiel SP-Bundesrat Beat Jans in einem Interview mit dieser Zeitung: «Wenn ich sehe, wie stark die Zahlen bei uns ansteigen, müssen wir jetzt unbedingt vorwärtsmachen.»
Derzeit ist jedoch offen, ob der diesjährige Anstieg eine Schwankung im bisherigen Rahmen darstellt oder den Beginn eines neuen Trends markiert. Da die Fallzahlen klein sind, lässt sich eine Entwicklung erst nach mehreren Jahren abschätzen. Klar ist: Jeder Fall ist einer zu viel. Eine Zunahme ist keine Voraussetzung, um einen Handlungsbedarf zu begründen.
2. Behauptung: Medien sollten immer «Femizid» schreiben.
Der feministische Begriff bedeutet, dass Frauen umgebracht werden, weil sie Frauen sind. Feministinnen engagieren sich dafür, dass Medien jede Polizeimeldung über eine Frau, die von einem Mann getötet wurde, als Femizid thematisieren.
Kriminologisch ist diese Herangehensweise umstritten, weil kurz nach einem Tötungsdelikt das Motiv in der Regel nicht bekannt ist. Oft lässt sich dann nur feststellen, dass ein Mann eine Frau mutmasslich umgebracht hat, weil sie in einer Beziehung zu ihm stand. Fragwürdig ist zudem die Fokussierung auf weibliche Opfer, wenn es zum Beispiel um Babys geht. Bringt ein Mann seine Frau und ihr weibliches Baby um, zählt der Fall als doppelter Femizid. Hat das Baby aber einen Penis, gilt der Fall nur als einfacher Femizid.
Der offizielle statistische Begriff der «häuslichen Gewalt» ist allerdings ebenfalls umstritten, weil er suggeriert, es handle sich um private Angelegenheiten. Deshalb setzt sich der Femizid-Begriff trotzdem durch.
3. Behauptung: Häusliche Gewalt ist ein reines Männerproblem.
Es ist tatsächlich ein Männerproblem, aber nicht nur. 82 Prozent der Beschuldigten bei Tötungen im Bereich der häuslichen Gewalt sind Männer. 18 Prozent sind Frauen. Täterinnen bringen häufig ihre Kinder um. Jedes Jahr stirbt im Schnitt aber auch ein Mann wegen einer Tötung in einer (Ex-)Partnerschaft. Jährlich gibt es im langjährigen Durchschnitt 19 weibliche und 6 männliche Todesopfer wegen Gewalt in der Familie.
4. Behauptung: Die Herkunft der Täter ist irrelevant.
Um aussagekräftige Werte zu erhalten, muss man den Durchschnitt über eine längere Zeit berechnen. Eine Auswertung von CH Media der vergangenen 15 Jahre zeigt: 61 Prozent der Täter sind Schweizer, 39 Prozent sind Ausländer. Diese sind somit deutlich überrepräsentiert. Ihr Bevölkerungsanteil lag in dieser Zeitspanne bei 25 Prozent.
Warum das von Bedeutung ist: Die kulturellen Prägungen unterscheiden sich je nach Herkunft. Toxische Männlichkeitsbilder sind in einigen Weltregionen verbreiteter als in anderen. In einer Debatte über Massnahmen sollten alle Faktoren berücksichtigt werden.
5. Behauptung: Die Schweiz ist besonders rückständig.
Ein internationaler Vergleich ist schwierig, weil sich die Zählweise von Land zu Land unterscheidet. Eine Annäherung ist aber möglich, weil viele Polizeistatistiken Tötungen von Frauen durch (Ex-)Partner oder andere Familienangehörige separat ausweisen.
Eine Zusammenstellung von CH Media zeigt: Die Schweiz schneidet mässig ab. Hier starben im vergangenen Jahr 4 Frauen pro 1 Million Einwohnerinnen – der Wert entspricht auch dem langjährigen Durchschnitt. In Deutschland ist die Zahl doppelt so hoch. In Spanien und England hingegen ist der Anteil der Opfer fast halb so gross wie in der Schweiz.
Wo Femizide am häufigsten sind:
Südliche Länder wie Spanien und Italien haben sich in den vergangenen Jahren verändert. Es ist eine Gegenbewegung zur Machokultur entstanden, die Femizide anprangert und Massnahmen fordert. Die spanische Regierung investierte deshalb viel Geld in Schutzprogramme. Danach sanken die Opferzahlen. (aargauerzeitung.ch)
