Die Hennen kommen kaum nach mit Eierlegen. Eier sind in der Schweiz derzeit so gefragt wie schon lange nicht mehr – nicht nur um Ostern. 198 Stück wurden in der Schweiz im vergangenen Jahr im Schnitt pro Person gegessen – sei es gekocht, als Spiegelei oder in verarbeiteter Form. Das sind neun Eier mehr als im Vorjahr. Ein bemerkenswerter Anstieg, findet Daniel Würgler, Präsident der Eierproduzenten-Vereinigung Gallosuisse.
«Momentan können wir nicht genug liefern», sagt er. Von einem Engpass, von dem die Detailhändler gesprochen haben, will er aber nichts wissen. Lediglich die Auswahl in den Läden sei eingeschränkt, manchmal müsse man beispielsweise auf ein Import-Ei statt auf ein heimisches zurückgreifen, beschwichtigt er. «Man muss nehmen, was es gerade gibt – oder bis zum nächsten Tag warten.»
In den USA herrscht derweil wegen eines Vogelgrippe-Ausbruchs eine regelrechte Eierkrise, die Rede ist von einer «Eggflation». Wegen der Vogelgrippe sind die Preise explodiert, teilweise ist der Kauf in Supermärkten rationiert. Auch die Schweizer Produzenten seien angefragt worden, ob sie mit Exporten aushelfen könnten, sagt Würgler. Doch das kommt für die Schweizer Branche angesichts der angespannten Lage im eigenen Land nicht infrage.
Wählerisch kann man auch nicht mehr sein, was die Eierfarbe betrifft. Eine Folge der Abkehr vom Kükentöten ist: Es gibt in der Schweiz keine weissen Bio-Eier mehr. Schon jetzt sind sie rar, kommendes Jahr dürften sie gar nicht mehr erhältlich sein, sagt David Herrmann, Sprecher des Verbands Bio Suisse.
Denn damit nicht nur die Hennen zum Eierlegen, sondern auch deren Brüder für die Fleischproduktion genutzt werden können, setzt man im Biobereich neu auf Rassen, bei denen die Männchen mehr Fleisch ansetzen. Und diese Rassen legen durchweg braune Eier.
Die steigende Nachfrage nach Eiern hat unter anderem mit den steigenden Krankenkassenprämien, höheren Miet- und Benzinkosten zu tun. «Je höher die Kaufkraft, desto weniger Eier werden gegessen», sagt Würgler. Denn wer es sich leisten kann, isst oft eher mehr Fleisch und weniger Eier. Nun zeige sich die gegenteilige Entwicklung.
Ein weiterer Grund dürfte der Trend proteinreicher Ernährung sein. Das Image des Eis sei – nachdem es einst als Cholesterinbombe verpönt war – wieder besser geworden und könne nun gar als Superfood punkten, stellt Würgler fest.
Vor der Coronakrise ist der Eierkonsum um ein bis drei Eier pro Jahr und Person gestiegen. Die Pandemie brachte den Markt durcheinander: Die Menschen hatten Zeit zum Kochen und Backen und verbrauchten plötzlich viel mehr Eier. Danach brach der Konsum wieder ein.
Das Problem sei, dass die Produzenten nicht auf kurzfristige Entwicklungen reagieren können, sagt Würgler. Denn man kann zwar mehr Legehennen aufziehen, doch bis sie Eier geben, dauert's einige Monate – und man läuft Gefahr, dass die Nachfrage bis dahin schon wieder gesunken ist.
Die Branche blickt Ostern deshalb mit gemischten Gefühlen entgegen. «Für uns wäre hilfreich, wenn die Leute die Eier mehr übers Jahr verteilt essen würden», sagt Würgler. Und an Ostern statt des Hühnereis mal ein Schoggiei essen.