Von Johanna Spyri bis Martin Eric Ain – 200 Jahre Zürich in 10 Biografien
Eine Stadt ist grösser als die Menschen, die in ihr leben und wirken. Sie überdauert Generationen, die kommen und gehen, die die Stadt prägen und von ihr geprägt werden. Wie war Zürich, als die Schriftstellerin Johanna Spyri 1852 hierherzog – und wie war es 2022, als Mariella Mehr starb, ebenfalls Schriftstellerin? Dieselbe Stadt, und doch komplett anders.
Ohne Menschen ist eine Stadt nur ein totes Gerüst. Lebendig wird sie nur durch die Menschen, die in ihr leben, lieben – und sterben. Wie diese zehn Menschen, die neben mehr als 10'000 anderen auf der grössten Begräbnisstätte Zürichs, dem Friedhof Sihlfeld, bestattet sind: «Heidi»-Autorin Johanna Spyri, Stadtingenieur Arnold Bürkli, Kronenhalle-Wirtin Hulda Zumsteg, Dadaist Walter Mehring, Filmproduzent Lazar Wechsler, Schriftstellerin Mariella Mehr, Stadträtin Emilie Lieberherr, Arbeitsmigrant Mario Brusadin, die heroinabhängige Brigitte B. und Musiker Martin Stricker, auch bekannt als Martin Eric Ain.
Neue Audio-Installation verwebt 10 Leben zu einer Stadtgeschichte
Ihre Biografien werden nun in der Audio-Installation «Zehn Leben – Die Geschichte einer Stadt» zum Ausgangspunkt für einen Streifzug durch die letzten rund 200 Jahre Zürcher Stadtgeschichte. Die von der Literaturwissenschaftlerin Michèle Wannaz voller Empathie geschilderten und geschickt mit der Geschichte Zürichs verwobenen Lebensgeschichten kann man sich vor Ort in einem stimmungsvollen Setting anhören: Steinförmige Kissen auf einem Teppich, der Elemente von Erde, Blumen, Himmel sowie Insekten enthält, symbolisieren den «common ground» dieser Menschen – den Friedhof, auf dem sie liegen, und die Stadt, in der sie lebten.
Der Besuch lohnt sich – und zwar nicht nur für jene, die sich für eine oder mehrere dieser zehn Menschen interessieren, sondern auch für all jene, die mehr über die Stadt erfahren möchten, deren Betriebsamkeit den Friedhof umgibt.
Di – Do & So: 13.30 – 17.30 Uhr
Friedhof Forum – Museum über Leben und Tod
Aemtlerstrasse 149, 8003 Zürich
Der Text der Hör-Installation wurde von Michèle Wannaz geschrieben und von Schauspieler Thomas Sarbacher eingelesen. Die Installation ist das Ergebnis einer Kooperation zwischen dem Friedhof Forum und dem Verein Einfach Zürich, der die Geschichte von Stadt und Kanton vermittelt – mit Veranstaltungen und einer permanenten Ausstellung im Landesmuseum.
Im Rahmenprogramm enthalten sind unter anderem ein Abend zum Gedenken an die Platzspitzopfer (12.11.2025) oder ein Podium in Kooperation mit der Paulus Akademie, bei dem einzelne der erwähnten Persönlichkeiten näher betrachtet werden (01.11.2025).
Diesen Rückblick auf die Zürcher Geschichte erzählen wir hier – leicht verändert und stark gerafft – in einer Bildstrecke nach. Sie folgt den Biografien dieser zehn Personen, die einen Zeitraum von rund 200 Jahren abdecken: von 1827, als Johanna Spyri geboren wurde, bis 2025, als Mario Brusadin, ein aus Italien stammender Arbeitsmigrant, in Zürich starb.
Konstante Veränderung
In diesen 200 Jahren wuchs die Stadt Zürich, die zu Beginn nur den heutigen Kreis 1 umfasste, dank zwei Eingemeindungsrunden zur mit Abstand grössten Schweizer Stadt heran. Und veränderte sich so tiefgreifend, dass kaum ein Stein auf dem anderen blieb. Selbst ein Quartier wie das Niederdorf, das heute wie konserviertes Mittelalter wirkt, sah beispielsweise noch in den 1940er-Jahren ganz anders aus: Es war dichter bebaut, viele Strassendurchbrüche fehlten noch – und das Quartier galt als Armenviertel.
Sicher findet in diesem Streifzug längst nicht alles Platz, was erwähnenswert wäre. Dennoch gibt er einen Eindruck davon, wie sich das Leben in der Stadt und die Stadt selbst verändert haben.
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