Bei diesem Koch gib es rohes Hirschherz zur Vorspeise
Ich war gewarnt. Max Stiegl ist kein normaler Mensch, schon gar kein normaler Koch. Er ist eine Marke, die immer wieder für Aufsehen sorgt. Letztes Jahr bereitete er zu Hause im Burgenland aus einem Biber unter anderem Biberhirn-Omeletten zu.
Dieser Kochlöffel-Tausendsassa stand letzte Woche auf Einladung von «Austria Tourism» in der Küche der sowieso schon tollen «Taverne Johann» in Basel. «Zu Tisch mit Österreich» hiess die Reihe – und im speziellen Fall «Zu Tisch mit dem Burgenland».
Kaum angekommen und das Glas Brut Rosé von Alois Kracher in der Hand, stand der Zampano auch schon da und schob mir, ehe ich noch fragen konnte, was es sei, mit einem Zahnstocher ein Stück dunkelrotes, sehr glattes Fleisch in den Mund. Es war schlicht so gut, dass ich gleich noch ein zweites und drittes Stück ass. Stiegl verschwand derweil, kam zurück und stellte eine Art Vase auf den Tisch: «Das ist es: Hirschherz». Und mein zögerliches «r…o…h…?» wurde mit einem «ja freilich!» kommentiert. Das Herz hat er dünn angeschnitten und mit etwas Sojasosse, Kirschessig, Knoblauch und Chili abgeschmeckt.
Das zweite Aperohäppchen war im Schmalz gebratene Hirschleber. Hirschleber hatte ich ein einziges Mal in meinem Leben gegessen und es nie vergessen. Jene von Stiegl war ein Traum. Später dann im Menü «Der Hirsch & sein Futter» kamen Hirncrumble und Zungensalat hinzu.
«Nose to tail» – von der Nase zum Schwanz – wird von Stiegl konsequent gepflegt. Bisweilen aber findet man solche verbannten Speisen auch in ganz normalen Restaurants, dazu muss keiner nach China fahren.
In Florenz schwimmt in den dampfenden Kesseln des Trippaio, des Kuttelhändlers, nicht nur saftiger Lampredotto (Kuhmagen), sondern bisweilen auch die Matrice (die Vagina der Kuh). In Mailand sollten Sie diese Wochen unbedingt Lokale besuchen, die Cassoeula zubereiten – etwa die «L’osteria del treno»: Cassoeula ist ein geisterwärmender Eintopf mit Schweinerippen, -schwarte, -ohren, -schnauze, -füsse, -schwanz und Würsten. Zugegeben: der Geschmack ist gewöhnungsbedürftig, ja, ich hatte sogar mal einen Kellner, der mir davon abriet. Aber 1000 Mal lieber etwas Spannendes, als todlangweiliges Hühnerfleisch aus China oder geschmacklose Crevetten aus Indonesien.
Jetzt im Winter lädt Stiegl zum «Sautanz» ins Burgenland. Mir läuft das Wasser im Mund zusammen, wenn ich mir vorstelle, was da alles auf den Tisch kommt. Die österreichische Tourismusorganisation plant ab September 2026 «Feel Austria Days», wo Kultur- und Kulinarik im Mittelpunkt stehen. Vielleicht auch wieder ein rohes Hirschherz? Ich würde dafür die Ferien opfern.
