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Die Flüchtlings-«Arena» kommt schon in den ersten fünf Minuten in Fahrt. In den Eröffnungsstatements lobt FDP-Nationalrätin Doris Fiala das Asyl-Notfallkonzept von Bund, Kantonen und Gemeinden als weitsichtig und proaktiv: «Die KKJPD (Konferenz der Kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren Anm. d. Red.) hat bewiesen, dass sie das Thema ernst nimmt», sagt sie. Der als Experte anwesende Präsident der KKJPD, Hansjürg Käser, nimmt's zufrieden zu Kenntnis.
Dafür bringt sich SVP-Flüchtlingsschreck und Nationalrat Andreas Glarner sofort in Stellung. Sein Flüchtlingskonzept: «Kanalisieren und abschrecken!». Ein Steilpass für die junge SP-Nationalrätin Mattea Meyer, die sich beeilt, zu erklären: «Wir reden hier von Flüchtlingen und nicht von irgendeiner Bedrohung!»
Dafür erntet sie einen ersten Applaus. Und damit haben sich die ersten zwei Streithähne gefunden. Das Votum des reformierten Pfarrers Andreas Nufer, der mit Flüchtlingen arbeitet und an der Grenze erstmal «Grüezi» sagen möchte, geht dabei fast unter. Wollen Sie die Flüchtlinge zurück in den Krieg schicken?», fragt Meyer. «Helfen wir halt vor Ort!», sagt Glarner. «Mit dem Geld, das die SVP ständig kürzt?», sagt Meyer. Schlichten tut Doris Fiala: «Weder Angstmacherei noch Sozialromantik bringen uns in der heutigen Situation weiter.» Die FDPlerin entwickelt sich während der Sendung zur heimlichen Favoritin, währenddem Meyers Prägnanz mehr und mehr abnimmt.
Glarner übt sich dann in der ersten halben Stunde im Unterbrechen der anderen, um langsam seine Invasionsfantasien aufzubauen:
Einschreiten tut erstmal ein besonnener Polizeidirektorenpräsident Käser: «Gouverner, c'est prévoir», zitiert er den französischen Journalisten und Verleger Émile de Girardin, «Regieren heisst vorausschauen». Käsers Key-Message: «Wir haben es im Griff». Gemeinde, Kantone und Bund stehen hinter dem neuen Notfallkonzept mit verschiedenen Flüchtlingsszenarien. Dazu gehören grenzsanitäre Kontrollen, Sicherheitsüberprüfung an der Grenze und die Unterbringung der Flüchtlinge.
Zeit für Glarner, sich das erste Mal mit dem Polizeidirektor anzulegen. «Wie wollen sie die grenzsanitäre Kontrolle machen, wenn Sie ja dagegen sind, dass die Armee die Grenze bewacht?», fragt Glarner. «Waren Sie schon mal an der Grenze, Herr Glarner? Die Flüchtlinge kommen nicht auf allen Vieren über die grüne Grenze!», erwidert Käser und entscheidet das Duell für sich.
Eine Weile geht Glarner dann wieder dazu über, die anderen zu unterbrechen. «Was ihr einfach nicht seh ...» versucht er anzusetzen, «Ja und was man vergisst ...», probiert er es wieder, während Fiala betont, dass Angstmacherei unzulässig ist und dass Risikomanagement und die Fähigkeit der Schweiz, Flüchtlingen Schutz zu bieten, intakt sind. «Die Gemeinden in Zürich arbeiten mit, Herr Glarner, die wehren sich nicht, wie die bei Ihnen im Aargau», sagt Fiala.
Für einen Lacher für zwischendurch sorgt Moderator Jonas Projer, der den irritierenden Fakt aufnimmt, dass Glarner den Herrn Nufer konsequent mit «Herr Pfarrer» anspricht: «Jetzt müssen Sie ihn dann Herr Nationalrat nennen», sagt er zu Nufer.
Dieser setzt prompt zu seinem besten Moment an, indem er vorrechnet, dass die Asylkosten auf die Schweizer Bevölkerung runtergerechnet gerade mal 90 Rappen pro Person und Tag ausmachen. Sonst gerät der allzu liebenswürdige Herr Pfarrer im Kreuzfeuer der Politiker leider etwas ins Abseits.
Mit Nufers Statement scheint aber Glarner endgültig alarmiert und er hebt an zu seinem ersten gut sitzenden Statement des Abends:
Der Glanz des guten Statements verblasst mit dem nächsten Zuschauer-Votum. Glarner unterbricht einen freiwilligen Flüchtlingshelfer, der in Griechenland und Ungarn war. Während dieser von der «humanitären Vollkatastrophe» in Idomeni spricht, die er dort gesehen hat, pöbelt Glarner lieber gegen die Eritreer. Sollte er mal dahin helfen gehen, solle er lieber keine mitbringen, sagt er zum Publikumssprecher.
Dann kommt die Runde auf das Schengen-Dublin-Abkommen zu sprechen. Und Glarner, der das Abkommen natürlich am liebsten sofort kündigen möchte, ficht seinen ersten richtigen Streit mit Fiala aus. Diese wird gegen Ende richtig laut. Seinen Kündigungsvorschlag quittiert sie mit: «Diese Aussage finde ich, entschuldigen Sie, absolut inkompetent. Das Chaos, das wir hätten, wenn wir austreten würden, möchten Sie sich nicht vorstellen!» Die Schweiz habe geordnete Verhältnisse, «machen Sie sich nicht lächerlich». Fialas Argumentation überzeugt.
Um bei seiner Methode zu bleiben, knöpft sich Glarner dann zum Schluss nochmals den Polizeidirektor vor: Er habe den Grenzpolizisten Maulkörbe angelegt, um die Probleme an den Grenzen zu vertuschen, wirft er Käser vor. Dies bringt nun sogar den besonnen Käser aus der Fassung: «Solche Schlämperlig lasse ich mir von Ihnen nicht anhängen!», sagt er. «Ich habe nie jemandem einen Maulkorb verpasst!»
Nach all dem Streiten wird die Runde gegen Schluss fast schon versöhnlich. Auch wenn die eingeblendeten Bilder von watson aus der Asylunterkunft Holderbank etwas anderes zeigen, habe die Schweiz eine «unglaubliche Integrationsleistung» hingelegt, sagt Fiala. Darin sind sich die Gäste einigermassen einig.
Glarner muss sich am Ende geschlagen geben. Seine Invasionsrhetorik vermag trotz all des Streitens nicht richtig zu greifen. Viel mehr bleibt der Eindruck, dass die aktuellen Flüchtlingszahlen verkraftbar sind und die Schweiz mit ihrem Notfallkonzept auf höhere vorbereitet ist.