Er kennt alles. Das orange-gelbe Blümchen? Der Gold-Pippau. Der zweite Gipfel von links neben dem breiten Rücken am Horizont? Das Spitzhore. Der Stein da? Cordieritgneis mit ziemlich viel Biotit. Das Gezwitscher im Baum? Der Zilpzalp. Eine Alp? Er kennt die Sage dazu. Ein Bergsee? Er weiss die Entstehungsgeschichte.
Er braucht auch keine Wegweiser. Und wenn, dann nur um zu sagen: Die Zeitangabe stimmt nicht. Wir sind 15 Minuten schneller dort. Meist ist er beeindruckend. Manchmal nervt er.
Sozusagen die kleine Schwester des Allwissenden. Allerdings weiss sie nichts selbst, kennt aber für alles die passende App.
Selbst das Matterhorn entdeckt sie erst dank Peakfinder und das Edelweiss nur, weil sie mit seiner Blümchen-App die Blüten fotografierte. Auch dass wir in den Alpen durch die Alpenfaltung eigentlich auf afrikanischem Boden wandern, erfährt sie dank ihrem Smartphone. Sie beeindruckt nie, nervt dafür meist.
Sein Ziel ist nicht der Weg, nicht der Bergsee, nicht der Grat oder das Panorama und schon gar nicht ein Gipfel. Alles, was er will, ist ein kühles Bier in einer Beiz.
Meist nimmt er dafür, wo immer möglich, die Bahn, spaziert dann kurz und setzt sich zur Belohnung ins Restaurant. Aber nachher allen erzählen, dass er wieder wandern war.
Pause? Haha, das kann ich dann am Abend machen, sagt sich die Raserin und wandert rennt los. Eigentlich sind Wanderwege für sie ein Fitnesscenter. Erholung sucht sie an anderen Orten. Gerne ist sie mit Trinkschlauch unterwegs und das Sandwich verdrückt sie am liebsten im Marschschritt.
Die ganz ausgeprägte Form der Raserin ist die Trailrunnerin. Die würde nie im Leben Wanderschuhe anziehen, weil damit kann man ja nicht rennen.
Eine richtige Wanderung beginnt für ihn früh am Morgen. Dann schlüpft er in seine Jeans und sein kariertes Hemd, nimmt den alten Militärrucksack aus dem Keller, packt die Wanderkarte ein und wandert los. In die Beiz würde er nie gehen, schliesslich hat er sein Brot dabei, das er mit dem Sackmesser in Scheiben schneidet und mit dem er den Landjäger portioniert.
Unterwegs ärgert er sich über den Massenandrang und erzählt, wie er früher immer alleine in den Bergen unterwegs war, also das Wandern praktisch erfand.
Ihre Ausrüstung ist top. Die neusten Fasern am Körper, das beste Leder am Schuh, der leichteste, aber gleichzeitig resistenteste Rucksack im Universum. Dazu natürlich eine Pulsuhr, die auch noch den Kalorienverbrauch für alle Mitwanderer misst. Die Mütze kühlt gleichzeitig den Nacken, das leichte Jäckchen kühlt im Sommer und wärmt im Spätherbst. Die Wanderstöcke messen die Steigung bei jedem Schritt, eigentlich ein Wunder, dass sie selbst noch laufen muss.
Bei seinem Anblick wird klar: Der wandert jetzt gleich zwei Wochen durch unentdeckte Wildnis, schläft irgendwo im Zelt und niemand weiss, ob er jemals zurück kehrt. Ausgerüstet wäre er mit Kleidern für alle Wetterlagen, Essen für eine Kompanie und einer Sanitätsbox mit der er auch einfache Operationen durchführen könnte. Sein Rucksack wiegt entsprechend schwer.
Sein Rucksack ist dann aber so schwer, dass ihm auch der stündige Seniorenrundweg alles abverlangt.
Wanderschuhe? Ich ziehe Sneakers an. Rucksack? Ein Täschli mit einem 5dl-Getränk reicht. Essen? Gibt ja sicher irgendwo eine Beiz unterwegs. Jacke, weil ich bei doch kühlen Temperaturen auf 2500 Meter hinauf wandere? Ach was. Blasenpflaster? Hat sicher jemand anderes dabei. Fernglas? Leihe ich dann aus, wenn jemand die Steinböcke sieht.
Eigentlich wollte er gar nicht wandern. Aber alle seine Freunde waren begeistert und irgendwann wurde ihm klar: Er muss da halt auch mit.
Sein Sprachrepertoire beschränkt sich auf: «Simmer bald da-ah?», «Mini Füess tüend weh», «Ich ha kei Luscht meh», «Dä Bergsee hät uf Föteli au besser usgseh» oder «Nöd mal ä richtigs Schnitzel händs i därä Berghütte». Immerhin ist er dann die glücklichste Person, wenn der Wandertag zu Ende geht.
Sie kennt hier jeden Stein. War schon 100 Mal auf dem Berg und kennt jeden Älpler unterwegs persönlich. Leider wirkt sie jeweils grantig und kantig, wenn du mit ihr kurz plaudern willst oder – noch schlimmer – nach dem Weg fragst.
Sie gibt dir dann immer so bisschen das Gefühl: Du gehörst hier nicht hin, geh zurück ins Flachland. Dabei wäre es eigentlich sehr spannend zu hören, was sie über die Gegend zu erzählen weiss.
Er sah auf Instagram das Bild vom Obersee, auf TikTok das Video vom Oeschinensee und auf Facebook den Aescher. Und schon ist klar: Da muss er auch hin. Nicht wegen der Wanderung oder der Aussicht. Wegen des Fotos. Dieses soll dann aus einem wirklich noch nie gesehen Winkel geschossen werden und mit einer total neuen Pose garniert sein, damit es so viele Likes wie möglich bringt.
Ach ja, wie der See und der Berg dann schon wieder hiess, vergisst er kurz nach dem Post. Weil den Ort verraten, wo man das einzigartige Bild schoss – eine Todsünde (auch wenn schon alle wissen, wo er war).
Sie wandert schon lange, weiss, wie man den Rucksack intelligent packt und hat noch den einen oder anderen Trick auf Lager.
Die lange Anfahrt im Zug geniesst sie in bequemen, leichten Schuhen. Die Wanderschuhe zieht sie nur für die Wanderung an, das macht sich auch auf dem Rückweg bezahlt. Ausfahrbare Wanderstöcke hat sie natürlich dabei.
Das Getränk füllt sie nicht unten beim Start der Wanderung, sondern irgendwo unterwegs am Bach oder Brunnen. Ihre Hosenbeine kann sie dank dem Reisverschluss problemlos abnehmen. Und ganz wichtig: Sie hat immer einen Knirps dabei. Nichts ist bei (plötzlichem) Regen sinnvoller.
Er ist neu beim Wandern und kennt die ungeschriebenen Gesetze nicht. Zu seiner – und aller – Unterhaltung lässt er über Böxli seinen Sound laufen, den Abfall lässt er liegen – wird ja schliesslich in Zürich am See auch von irgendjemandem weggeräumt. Die Viehzäune lässt er offen, grüssen tut er eh nicht. In der SAC-Hütte meint er abends lange Lärm machen zu müssen, am Morgen ärgert er sich über die Frühaufsteher und beschwert sich über die Schnarchenden. Obwohl doch jeder weiss: SAC-Hütte ohne Ohrenstöpsel kann schwierig werden.
Wo es hingeht, ist eigentlich egal. Ob es auf den Gipfel reicht? Völlig wurst. Hauptsache, die Geniesserin ist in der Natur unterwegs, findet ein lauschiges Plätzchen, geniesst die Ruhe und Schönheit der Gegend und kehrt abends erholt zurück nach Hause.
Eigentlich hätte es eine schöne Wanderung zu viert werden sollen. Endlich mal wieder Zeit, um miteinander zu plaudern. Aber leider ist einer superschnell, jemand sehr langsam, eine fotografiert alle Blümchen unterwegs und der letzte nimmt immer gerne die kleinen Abkürzungen. So wandert am Ende eigentlich jeder für sich selbst. Aber immerhin war man zusammen da.
Schon x mal gesehen: Das Paar, welches konstant in einem Abstand von ca. 50m läuft... Da ist es nicht mal so, dass einer schneller wäre als der andere, nein.
Kann man aber gut vermeiden, in dem man nicht die Hotspots ansteuert, sondern irgendeinen Hügel, See oder Pfad, den man auf bekannten Webseiten nicht findet.