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Westschweizer Satiriker: 26 Minutes kommt ins SRF

Giacobbo/Müller sind Geschichte. Dafür tragen Vincent Kucholl und Vincent Veillon ihren Humor am Donnerstag wieder einmal in die Deutschschweiz.
Giacobbo/Müller sind Geschichte. Dafür tragen Vincent Kucholl und Vincent Veillon ihren Humor am Donnerstag wieder einmal in die Deutschschweiz.bild: SRF/Keystone

Vincent & Vincent: Werden zwei Welsche Giacobbo/Müller beerben?

Die beliebte Westschweizer Comedysendung «26 Minutes» wagt den Sprung über den Röstigraben. Können Vincent Kucholl und Vincent Veillon Giacobbo/Müller vergessen machen?
30.03.2017, 08:0230.03.2017, 08:45
Antonio Fumagalli / Nordwestschweiz
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«Habt ihr gut geschlafen, liebe Soldaten? Ich habe einen Vorschlag: Wir laden jetzt dieses Material in einen Anhänger und machen dann eine schöne Pause. Was meint ihr? Ihr seid nicht einverstanden? Kein Problem, dann machen wir etwas anderes. Wie wäre es mit einem Videospiel?»

Oberstleutnant Karl-Heinz Inäbnit spricht mit so sanfter Stimme, dass seine Armeeuniform geradezu grotesk wirkt. Seine Zuhörer sind allerdings nicht verweichlichte Militärangehörige, sondern die TV-Zuschauer im Westschweizer RTS – und natürlich gibt es auch Inäbnit in Tat und Wahrheit nicht. Der angeblich stellvertretende Kommandant des Waffenplatzes Bure ist «nur» die prägnanteste Kunstfigur des Lausanner Komikers Vincent Kucholl.

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In der Romandie ist der gelernte Schauspieler ein Star und die Satiresendung «26 Minutes», die er zusammen mit seinem kongenialen Namensvetter Vincent Veillon einmal wöchentlich moderiert, ein Strassenfeger. Bis zu 40 Prozent Marktanteil erreicht die Show jeweils am Samstagabend – eine Traumquote.

Namen aus «NZZ» kopiert

In der Deutschschweiz hingegen sind die beiden Vincents dem breiten Publikum bis anhin wenig bekannt. Obwohl sie 2013 mit einem Bühnenprogramm mehrmals ennet des Röstigrabens aufgetreten sind. Und obwohl Kucholls Figuren immer dann die grössten Lacher produzieren, wenn sie Deutschschweizer imitieren, die mehr schlecht als recht französisch sprechen.

Etwa, wenn sich ein arroganter Zürcher Medienmanager über die Liebe der Romands zu ihren Regionalzeitungen lustig macht und ihnen im Handumdrehen Stellen streicht. Wenn ein radebrechender Krankenkassenvertreter die stetigen Prämienerhöhungen schönredet. Oder eben, wenn Karl-Heinz Inäbnit die Führung der Schweizer Armee veräppelt, die ihre Rekruten neuerdings weniger Drill aussetzen will.

Zu Gast bei «26 Minutes»: Karl-Heinz Inäbnit

Die Namen der parodierten Deutschschweizer haben die beiden Vincents ursprünglich dem Impressum der «NZZ» entwendet. Sie suchten nach lustigen Vor- und Nachnamen und setzten sie in neuer Reihenfolge wieder zusammen. «Leider bemerkte ich zu spät, dass Zenhäusern ein typischer Oberwalliser Namen ist», sagt Kucholl. Und so ist Reto Zenhäusern halt ein Milchindustrieller aus dem Flachland.

Lehrer erkennen ihre Kollegen wieder

Der Dreh der fiktiven Interviews bei «26 Minutes» ist immer der gleiche: Vincent Veillon mimt den seriösen Fragesteller und liefert dem anderen Vincent, der in der Regel verkleidet ist, thematische Steilvorlagen. Die von ihm dargestellte Figur nimmt gängige Klischees auf, überzeichnet diese aber derart, dass man ihr sogar dann nicht böse sein kann, wenn man selbst der Berufsgruppe oder der kulturellen Minderheit angehört. «Wir kriegen immer wieder Reaktionen von Lehrern, die unsere pedantische Lehrerfigur lieben. Nicht, weil sie sich selbst erkennen, sondern weil sie finden, sie passe genau zu ihren Kollegen», sagt Kucholl.

Hier ein Best-of der ersten Staffel «26 Minutes»:

«26 Minutes» versteht sich durchaus als politische Satiresendung, was die regelmässigen Studiogäste aus Parlament und Regierung unterstreichen. Die Themen werden auf ungezwungene, sprachlich manchmal grenzwertige Weise behandelt – und immer mit Seitenhieb auf festgefahrene Rollenbilder. Das Spiel mit den Klischees sei «eine Möglichkeit, diese eben gerade zu bekämpfen», sagt Kucholl. Einen pädagogischen Anspruch hätten sie aber nicht. «Unser Ziel ist, dass die Zuschauer lachen.»

Mehr als 26 Minuten

In der Romandie tun sie das zu Hunderttausenden. Die Deutschschweizer können heute Abend nachziehen. SRF strahlt eine Spezialsendung von «26 Minutes» aus – auf Deutsch und mit Volksmusikerin Melanie Oesch als Stargast. Das Problem: Um die Deutschkenntnisse der Moderatoren steht es nicht zum Besten, Schweizerdeutsch sprechen sie gar nicht. Also haben sie sich – zulasten der ihnen sonst eigenen Spontaneität – mit Telepromptern ausgeholfen.

Die Lücke in politischer TV-Satire, die in der deutschen Schweiz seit dem Ende von «Giacobbo/Müller» entstanden ist, vermögen die beiden Vincents mit der einmaligen Sendung nicht auszufüllen. Das Deutschschweizer Publikum dürfte dem Charme der Romands dennoch verfallen. Es hat dazu auch aussergewöhnlich lange Zeit – heute Abend dauert «26 minutes» fast eine Dreiviertelstunde.

«26 Minutes» Heute auf SRF 1, 22.25 Uhr.

Doris Leuthard in der letzten Sendung «Giacobbo/Müller» – die besten Momente.

Video: © SRF

Das letzte Mal Giacobbo Müller

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Das letzte Mal Giacobbo Müller
Das war es also: Gestern Abend lief auf SRF1 zum letzten Mal die Nachrichtensatire Giacobbo/Müller.
quelle: srf/mirco rederlechner / mirco rederlechner
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