120 Fahrerinnen nehmen am vorletzten Donnerstag, 26. September, um 10.00 Uhr das WM-Rennen der Juniorinnen in Uster in Angriff. Nach einer Runde um den Greifensee führt die Strecke in die Ortschaft Binz auf der Ostseite des Pfannenstiels. Es ist die erste Steigung, mit 137 Höhenmetern auf 1,5 Kilometern. Und sie führt zu einer ersten Selektion, die das Rennen unübersichtlich macht. Kurze Zeit später stürzt Muriel Furrer in einem Waldstück in einer Abfahrt beim Weiler Schmalzgrueb in einer Linkskurve.
Obwohl die junge Zürcherin wohl nicht alleine unterwegs war, deutet alles darauf hin, dass ihr Sturz im Regen auf der schmalen und nassen Strasse von niemandem beobachtet wurde. Nicht von Zuschauern, nicht von einem Streckenposten und nur im Augenwinkel von einer Konkurrentin. Es dauerte zweieinhalb Stunden, bis der Helikopter der Rettungsflugwacht sie ins Universitätsspital Zürich überführen konnte, wo Furrer tags darauf an den Folgen des Schädel-Hirn-Traumas verstarb, das sie erlitten hatte.
Ungeachtet der Umstände verlaufen Rennen der Juniorinnen oft chaotisch. Weil die Leistungsunterschiede gross sind, zerfällt das Feld schnell in kleinere Gruppen, und es ist auch nicht ungewöhnlich, dass Fahrerinnen, gerade nach einer Steigung, alleine unterwegs sind. Das macht ein Rennen unübersichtlich – für die Rennleitung, aber auch für die sportlichen Leiter.
Wie in solchen Rennen üblich fuhren ein Trainer und ein Mechaniker des Schweizer Teams hinter dem Peloton, um den Fahrerinnen Regenjacken, Bidons oder Verpflegung zu reichen und um bei Defekten reagieren zu können. Über die Rennsituation ins Bild gesetzt wurden sie nur durch Radio Tour, den Funk der Rennleitung. Direkter Kontakt mit einer Fahrerin war nur möglich, wenn sich diese zurückfallen liess. Funk ist untersagt.
Als Muriel Furrer wohl etwa um 10.45 Uhr die Steigung nach Binz in Angriff nahm, zerfiel das Feld. Die Strassen sind in diesem Abschnitt schmal und im flacheren Teil nach Zumikon zudem kurvig. Deshalb fuhren Fahrzeuge, darunter die Rennleitung, aus Sicherheitsgründen hinter dem Feld. Und nicht wie üblich hinter der Spitzengruppe und vor den Verfolgerinnen.
Erst auf der flachen und breiten Seestrasse Richtung Sechseläutenplatz wurden Fahrzeuge nach vorne gelassen. Heisst: Als der Konvoi die Kurve passierte, in der Muriel Furrer um zirka 11.00 Uhr mutmasslich gestürzt war, lag diese schwer verletzt und vor allem unbemerkt im Unterholz.
Obwohl es ohne Funk bei garstigen Bedingungen und einem chaotischen Rennverlauf sehr anspruchsvoll ist, die Übersicht über das Geschehen zu gewinnen, hat Swiss Cycling dem Vernehmen nach zeitnah bemerkt, dass Muriel Furrer nicht mehr im Rennen ist. Das bestätigen zwei voneinander unabhängige Quellen gegenüber CH Media. Überprüfen lassen sich diese Angaben nicht. Swiss Cycling äussert sich mit Verweis auf die laufenden Ermittlungen der Staatsanwaltschaft und zum Schutz der Beteiligten nicht.
Damit bleibt ungeklärt, wann und durch wen die Suche ausgelöst wurde. Sicher ist: Weil niemand den Sturz beobachtet hatte, war nicht bekannt, wo sich Furrer befinden könnte. Erschwerend kam hinzu, dass die Stelle dicht bewaldet und schlecht einsehbar ist. Es scheint vorstellbar, dass Blätter und Baumstämme die Sicht auf die gestürzte Fahrerin erschwerten.
Furrer lag wohl rund eine Stunde unbemerkt und schwer verletzt im Wald, bevor sie von einem Angehörigen der Streckensicherheit entdeckt wurde, wie die Kantonspolizei Zürich am Montag mitteilte. Dank Zeugenaussagen ist bekannt, wann Furrer die Abfahrt ungefähr in Angriff genommen haben muss. Mittels Flugdaten lässt sich zudem ermitteln, wann der Helikopter der Rettungsfluchwacht vom Universitätsspital Zürich aus gestartet ist.
Zwar gehörte Swiss Cycling dem Trägerverein der Weltmeisterschaften an, war aber nur Teilnehmer, nicht deren Veranstalter und operativ nicht in die Organisation involviert. Deshalb trat der Schweizer Verband bisher in der Öffentlichkeit sehr zurückhaltend in Erscheinung und konzentrierte sich vornehmlich auf die Vermittlung zwischen Muriel Furrers Familie, dem Lokalen Organisationskomitee und dem Radweltverband UCI.
Wie aber organisierte sich die Delegation von Swiss Cycling im Rennen? Im Einsatz standen neben dem Rennleiter und einem Mechaniker, die sich mit einem Auto im Konvoi bewegten, wohl rund zehn Personen. Darunter medizinisches Personal, wohl im Zielbereich auf dem Sechseläutenplatz, und Helfende in den Verpflegungszonen am Ortsausgang von Witikon und auf der Bellerivestrasse direkt nach dem Bahnhof Tiefenbrunnen.
Einige Teams hatten Helfende an neuralgischen Punkten am Strassenrand positioniert, zum Beispiel am Ende der 18 Prozent steilen Rampe zwischen Zumikon und Küsnacht, bei der Muriel Furrer kurz vor ihrem fatalen Sturz noch mit der Österreicherin Ramona Griesser unterwegs gewesen war.
Dazu, wie viele Personen genau und an welchen Stellen Swiss Cycling Helfende einsetzte, äussert sich der Verband zum Schutz der Beteiligten nicht. Kenner bestätigen gegenüber CH Media, dass die Betreuung und die getroffenen Massnahmen den üblichen Standards entsprechen.
Nach aktuellem Wissensstand ist es eine Verkettung tragischer Zufälle, die dazu führten, dass Muriel Furrer erst unbeobachtet stürzte, danach lange nicht gefunden werden konnte und 24 Stunden später an den Folgen des schweren Schädel-Hirn-Traumas, das sie erlitten hatte, 18-jährig verstarb.
Die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich hat Furrers Rennrad nach der Bergung zur technischen Überprüfung sichergestellt. Sie ermittelt derzeit wegen eines sogenannt «aussergewöhnlichen Todesfalls», wie das bei nicht natürlichen Todesfällen wie Unfällen üblich ist.
Denkbar ist, dass die Staatsanwaltschaft danach – wie im Fall Gino Mäder – eine Untersuchung einleitet, um festzustellen, ob einer Drittperson ein strafrechtlich relevantes Verhalten angelastet werden kann. (aargauerzeitung.ch)
Warum setzt man nicht GPS Tracker ein, bezahlt durch den jeweiligen Verband, ist nicht so teuer.
RIF MF